Bald stand er auf dem Vorsaale des statt¬ lichen Wittwensitzes, dessen Pracht das Gerücht von dem unmäßigen hinterlassenen Vermögen des verstorbenen Bierbrauers zu bestätigen schien. Eine alte Aufwärterin, welcher er sein Anliegen mittheilen mußte, brachte ihm indessen gleich den Bericht, daß die Herrin das Bild mit Vergnügen wieder abtrete, daß er aber ein ander Mal vor¬ sprechen möge. Weit entfernt, über diese Will¬ fährigkeit und Geringschätzung empfindlich zu sein, ging Erikson ein zweites und drittes Mal hin, und erst das dritte Mal wurde er etwas betroffen und erbost, als dieselbe Aufwärterin endlich kund that, daß die bequeme Dame das Bild um ein Viertel des angegebenen Werthes wieder verkaufe und die Summe für die Armen bestimme, daß der Herr Maler, um ihm nicht fernere Mühe zu machen, es am anderen Tage bestimmt abholen und das Geld mitbringen möchte. Er tröstete sich indessen mit der Aussicht, nunmehr sicher ein Vierteljahr nicht malen zu müssen, und das Wet¬ ter betrachtend, ob es gute Jagdtage verspräche, machte er sich zum vierten Male auf den Weg.
Bald ſtand er auf dem Vorſaale des ſtatt¬ lichen Wittwenſitzes, deſſen Pracht das Geruͤcht von dem unmaͤßigen hinterlaſſenen Vermoͤgen des verſtorbenen Bierbrauers zu beſtaͤtigen ſchien. Eine alte Aufwaͤrterin, welcher er ſein Anliegen mittheilen mußte, brachte ihm indeſſen gleich den Bericht, daß die Herrin das Bild mit Vergnuͤgen wieder abtrete, daß er aber ein ander Mal vor¬ ſprechen moͤge. Weit entfernt, uͤber dieſe Will¬ faͤhrigkeit und Geringſchaͤtzung empfindlich zu ſein, ging Erikſon ein zweites und drittes Mal hin, und erſt das dritte Mal wurde er etwas betroffen und erboſt, als dieſelbe Aufwaͤrterin endlich kund that, daß die bequeme Dame das Bild um ein Viertel des angegebenen Werthes wieder verkaufe und die Summe fuͤr die Armen beſtimme, daß der Herr Maler, um ihm nicht fernere Muͤhe zu machen, es am anderen Tage beſtimmt abholen und das Geld mitbringen moͤchte. Er troͤſtete ſich indeſſen mit der Ausſicht, nunmehr ſicher ein Vierteljahr nicht malen zu muͤſſen, und das Wet¬ ter betrachtend, ob es gute Jagdtage verſpraͤche, machte er ſich zum vierten Male auf den Weg.
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Bald ſtand er auf dem Vorſaale des ſtatt¬
lichen Wittwenſitzes, deſſen Pracht das Geruͤcht
von dem unmaͤßigen hinterlaſſenen Vermoͤgen des
verſtorbenen Bierbrauers zu beſtaͤtigen ſchien.
Eine alte Aufwaͤrterin, welcher er ſein Anliegen
mittheilen mußte, brachte ihm indeſſen gleich den
Bericht, daß die Herrin das Bild mit Vergnuͤgen
wieder abtrete, daß er aber ein ander Mal vor¬
ſprechen moͤge. Weit entfernt, uͤber dieſe Will¬
faͤhrigkeit und Geringſchaͤtzung empfindlich zu ſein,
ging Erikſon ein zweites und drittes Mal hin,
und erſt das dritte Mal wurde er etwas betroffen
und erboſt, als dieſelbe Aufwaͤrterin endlich kund
that, daß die bequeme Dame das Bild um ein
Viertel des angegebenen Werthes wieder verkaufe
und die Summe fuͤr die Armen beſtimme, daß
der Herr Maler, um ihm nicht fernere Muͤhe zu
machen, es am anderen Tage beſtimmt abholen
und das Geld mitbringen moͤchte. Er troͤſtete
ſich indeſſen mit der Ausſicht, nunmehr ſicher ein
Vierteljahr nicht malen zu muͤſſen, und das Wet¬
ter betrachtend, ob es gute Jagdtage verſpraͤche,
machte er ſich zum vierten Male auf den Weg.
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/238>, abgerufen am 26.11.2024.
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