nand bitten, daß er nur ein Mal mit ihr tanze, lief er gehorsam, ja eifrig hin, zog seinen Freund zur Seite und beschwor ihn mit zärtlichen Wor¬ ten, es zu thun. Lys bat ihn angelegentlich, statt seiner mit Agnes zu tanzen, und entzog sich ihm rasch.
Die beiden jungen Leute drehten sich nun wieder heftig und lustig herum. Das Mädchen athmete so hoch, daß die schmale Spanne ihrer Silberbrust wogte und funkelte, wie die glän¬ zenden Wellen im Mondschein, und alle Glöckchen an Heinrich's Kleid und Kappe zitterten und klangen.
Abermals sandte sie ihn zu Ferdinand mit dem nämlichen Auftrag, und da Heinrich diesen mit eindringlichen und tadelnden Worten, sehr aufgeregt, ausrichtete, fuhr ihn jener an und sagte: Was ist denn das für eine Sitte von einem jungen Mädchen? Tanzt mit einander und laßt mich zufrieden!"
Heinrich fühlte sich halb erzürnt und halb erfreut über diese Antwort, und die dämonische Lust, eine schlimme Sachlage zu benutzen, stieg
nand bitten, daß er nur ein Mal mit ihr tanze, lief er gehorſam, ja eifrig hin, zog ſeinen Freund zur Seite und beſchwor ihn mit zaͤrtlichen Wor¬ ten, es zu thun. Lys bat ihn angelegentlich, ſtatt ſeiner mit Agnes zu tanzen, und entzog ſich ihm raſch.
Die beiden jungen Leute drehten ſich nun wieder heftig und luſtig herum. Das Maͤdchen athmete ſo hoch, daß die ſchmale Spanne ihrer Silberbruſt wogte und funkelte, wie die glaͤn¬ zenden Wellen im Mondſchein, und alle Gloͤckchen an Heinrich's Kleid und Kappe zitterten und klangen.
Abermals ſandte ſie ihn zu Ferdinand mit dem naͤmlichen Auftrag, und da Heinrich dieſen mit eindringlichen und tadelnden Worten, ſehr aufgeregt, ausrichtete, fuhr ihn jener an und ſagte: Was iſt denn das fuͤr eine Sitte von einem jungen Maͤdchen? Tanzt mit einander und laßt mich zufrieden!«
Heinrich fuͤhlte ſich halb erzuͤrnt und halb erfreut uͤber dieſe Antwort, und die daͤmoniſche Luſt, eine ſchlimme Sachlage zu benutzen, ſtieg
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nand bitten, daß er nur ein Mal mit ihr tanze,
lief er gehorſam, ja eifrig hin, zog ſeinen Freund
zur Seite und beſchwor ihn mit zaͤrtlichen Wor¬
ten, es zu thun. Lys bat ihn angelegentlich,
ſtatt ſeiner mit Agnes zu tanzen, und entzog ſich
ihm raſch.
Die beiden jungen Leute drehten ſich nun
wieder heftig und luſtig herum. Das Maͤdchen
athmete ſo hoch, daß die ſchmale Spanne ihrer
Silberbruſt wogte und funkelte, wie die glaͤn¬
zenden Wellen im Mondſchein, und alle Gloͤckchen
an Heinrich's Kleid und Kappe zitterten und
klangen.
Abermals ſandte ſie ihn zu Ferdinand mit
dem naͤmlichen Auftrag, und da Heinrich dieſen
mit eindringlichen und tadelnden Worten, ſehr
aufgeregt, ausrichtete, fuhr ihn jener an und
ſagte: Was iſt denn das fuͤr eine Sitte von
einem jungen Maͤdchen? Tanzt mit einander und
laßt mich zufrieden!«
Heinrich fuͤhlte ſich halb erzuͤrnt und halb
erfreut uͤber dieſe Antwort, und die daͤmoniſche
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/307>, abgerufen am 22.11.2024.
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