zu behandeln, aufgeben, denn damit ließe sich gar Nichts mehr ausrichten. Nach der Natur sollte ich fleißig vor der Hand mit einem weichen Blei zeichnen und für das Haus anfangen, seine Weise einzuüben, wobei er mir gerne behülflich sein wolle. Auch suchte er mir aus seinen Mappen einige einfache Studien in Bleistift so wie in Farben, welche ich zur Probe copiren sollte und als ich hierauf mich empfehlen wollte, sagte er: "O! bleiben Sie noch ein Stündchen hier, Sie werden den Vormittag doch nichts mehr machen können: sehen Sie mir ein wenig zu und plaudern wir ein Bischen!" Mit Vergnügen that ich dies, hörte auf seine Bemerkungen, die er über sein Verfahren machte, und sah zum ersten Mal die einfache freie und sichere Art, mit der ein Künstler arbeitet. Es ging mir ein neues Licht auf und es dünkte mich, wenn ich mich selbst auf meine bisherige Art arbeitend vorstellte, als ob ich bis heute nur Strümpfe gestrickt oder etwas Aehnliches gethan hätte.
Rasch copirte ich die Blätter, die Römer mir mitgab, mit aller Lust und allem Gelingen,
zu behandeln, aufgeben, denn damit ließe ſich gar Nichts mehr ausrichten. Nach der Natur ſollte ich fleißig vor der Hand mit einem weichen Blei zeichnen und fuͤr das Haus anfangen, ſeine Weiſe einzuuͤben, wobei er mir gerne behuͤlflich ſein wolle. Auch ſuchte er mir aus ſeinen Mappen einige einfache Studien in Bleiſtift ſo wie in Farben, welche ich zur Probe copiren ſollte und als ich hierauf mich empfehlen wollte, ſagte er: »O! bleiben Sie noch ein Stuͤndchen hier, Sie werden den Vormittag doch nichts mehr machen koͤnnen: ſehen Sie mir ein wenig zu und plaudern wir ein Bischen!« Mit Vergnuͤgen that ich dies, hoͤrte auf ſeine Bemerkungen, die er uͤber ſein Verfahren machte, und ſah zum erſten Mal die einfache freie und ſichere Art, mit der ein Kuͤnſtler arbeitet. Es ging mir ein neues Licht auf und es duͤnkte mich, wenn ich mich ſelbſt auf meine bisherige Art arbeitend vorſtellte, als ob ich bis heute nur Struͤmpfe geſtrickt oder etwas Aehnliches gethan haͤtte.
Raſch copirte ich die Blaͤtter, die Roͤmer mir mitgab, mit aller Luſt und allem Gelingen,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0034"n="24"/>
zu behandeln, aufgeben, denn damit ließe ſich gar<lb/>
Nichts mehr ausrichten. Nach der Natur ſollte<lb/>
ich fleißig vor der Hand mit einem weichen Blei<lb/>
zeichnen und fuͤr das Haus anfangen, ſeine Weiſe<lb/>
einzuuͤben, wobei er mir gerne behuͤlflich ſein<lb/>
wolle. Auch ſuchte er mir aus ſeinen Mappen<lb/>
einige einfache Studien in Bleiſtift ſo wie in<lb/>
Farben, welche ich zur Probe copiren ſollte und<lb/>
als ich hierauf mich empfehlen wollte, ſagte er:<lb/>
»O! bleiben Sie noch ein Stuͤndchen hier, Sie<lb/>
werden den Vormittag doch nichts mehr machen<lb/>
koͤnnen: ſehen Sie mir ein wenig zu und plaudern<lb/>
wir ein Bischen!« Mit Vergnuͤgen that ich dies,<lb/>
hoͤrte auf ſeine Bemerkungen, die er uͤber ſein<lb/>
Verfahren machte, und ſah zum erſten Mal<lb/>
die einfache freie und ſichere Art, mit der ein<lb/>
Kuͤnſtler arbeitet. Es ging mir ein neues Licht<lb/>
auf und es duͤnkte mich, wenn ich mich ſelbſt<lb/>
auf meine bisherige Art arbeitend vorſtellte, als<lb/>
ob ich bis heute nur Struͤmpfe geſtrickt oder<lb/>
etwas Aehnliches gethan haͤtte.</p><lb/><p>Raſch copirte ich die Blaͤtter, die Roͤmer mir<lb/>
mitgab, mit aller Luſt und allem Gelingen,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[24/0034]
zu behandeln, aufgeben, denn damit ließe ſich gar
Nichts mehr ausrichten. Nach der Natur ſollte
ich fleißig vor der Hand mit einem weichen Blei
zeichnen und fuͤr das Haus anfangen, ſeine Weiſe
einzuuͤben, wobei er mir gerne behuͤlflich ſein
wolle. Auch ſuchte er mir aus ſeinen Mappen
einige einfache Studien in Bleiſtift ſo wie in
Farben, welche ich zur Probe copiren ſollte und
als ich hierauf mich empfehlen wollte, ſagte er:
»O! bleiben Sie noch ein Stuͤndchen hier, Sie
werden den Vormittag doch nichts mehr machen
koͤnnen: ſehen Sie mir ein wenig zu und plaudern
wir ein Bischen!« Mit Vergnuͤgen that ich dies,
hoͤrte auf ſeine Bemerkungen, die er uͤber ſein
Verfahren machte, und ſah zum erſten Mal
die einfache freie und ſichere Art, mit der ein
Kuͤnſtler arbeitet. Es ging mir ein neues Licht
auf und es duͤnkte mich, wenn ich mich ſelbſt
auf meine bisherige Art arbeitend vorſtellte, als
ob ich bis heute nur Struͤmpfe geſtrickt oder
etwas Aehnliches gethan haͤtte.
Raſch copirte ich die Blaͤtter, die Roͤmer mir
mitgab, mit aller Luſt und allem Gelingen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/34>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.