Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872.saß er in seinem weltlichen Staat neben dem anmuth¬ Nun trugen auf ihren Wink ihre Leute Trink¬ ſaß er in ſeinem weltlichen Staat neben dem anmuth¬ Nun trugen auf ihren Wink ihre Leute Trink¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0130" n="116"/> ſaß er in ſeinem weltlichen Staat neben dem anmuth¬<lb/> vollen Weibe, ſo war die nächſte Vergangenheit wie<lb/> weggeblaſen aus ſeinem Gehirn und er vergaß gänz¬<lb/> lich ſeines Vorſatzes. Anſtatt ein einziges Wort her¬<lb/> vorzubringen, lauſchte er begierig auf Joles Worte,<lb/> welche ſeine Hand ergriffen hatte und ihm nun ihre<lb/> wahre Geſchichte erzählte, nämlich wer ſie ſei, wo<lb/> ſie wohne und wie es ihr ſehnlichſter Wunſch wäre,<lb/> daß er ſeine eigenthümliche Lebensweiſe verlaſſen und<lb/> bei ihrem Vater ſich um ihre Hand bewerben möchte,<lb/> auf daß er ein guter und Gott gefälliger Ehemann<lb/> würde. Sie ſagte noch viele wunderſame Dinge in<lb/> den zierlichſten Worten, über eine glückliche und<lb/> tugendreiche Liebesgeſchichte, ſchloß aber mit dem Seuf¬<lb/> zer, daß ſie wohl einſehe, wie vergeblich ihre Sehn¬<lb/> ſucht ſei, und daß er nun ſich bemühen möge, ihr<lb/> alle dieſe Dinge auszureden, aber nicht, bevor er ſich<lb/> durch Speiſe und Trank gehörig dazu geſtärkt habe.</p><lb/> <p>Nun trugen auf ihren Wink ihre Leute Trink¬<lb/> gefäße auf den Tiſch nebſt einem Körbchen mit Back¬<lb/> werk und Früchten. Jole miſchte dem ſtillen Vitalis<lb/> eine Schale Wein und reichte ihm liebevoll etwas zu<lb/> eſſen, ſo daß er ſich wie zu Hauſe fühlte und ihm<lb/> faſt ſeine Kinderjahre in den Sinn kamen, wo er als<lb/> Knäbchen zärtlich von ſeiner Mutter geſpeiſ't worden.<lb/> Er aß und trank, und als dies geſchehen, da war<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [116/0130]
ſaß er in ſeinem weltlichen Staat neben dem anmuth¬
vollen Weibe, ſo war die nächſte Vergangenheit wie
weggeblaſen aus ſeinem Gehirn und er vergaß gänz¬
lich ſeines Vorſatzes. Anſtatt ein einziges Wort her¬
vorzubringen, lauſchte er begierig auf Joles Worte,
welche ſeine Hand ergriffen hatte und ihm nun ihre
wahre Geſchichte erzählte, nämlich wer ſie ſei, wo
ſie wohne und wie es ihr ſehnlichſter Wunſch wäre,
daß er ſeine eigenthümliche Lebensweiſe verlaſſen und
bei ihrem Vater ſich um ihre Hand bewerben möchte,
auf daß er ein guter und Gott gefälliger Ehemann
würde. Sie ſagte noch viele wunderſame Dinge in
den zierlichſten Worten, über eine glückliche und
tugendreiche Liebesgeſchichte, ſchloß aber mit dem Seuf¬
zer, daß ſie wohl einſehe, wie vergeblich ihre Sehn¬
ſucht ſei, und daß er nun ſich bemühen möge, ihr
alle dieſe Dinge auszureden, aber nicht, bevor er ſich
durch Speiſe und Trank gehörig dazu geſtärkt habe.
Nun trugen auf ihren Wink ihre Leute Trink¬
gefäße auf den Tiſch nebſt einem Körbchen mit Back¬
werk und Früchten. Jole miſchte dem ſtillen Vitalis
eine Schale Wein und reichte ihm liebevoll etwas zu
eſſen, ſo daß er ſich wie zu Hauſe fühlte und ihm
faſt ſeine Kinderjahre in den Sinn kamen, wo er als
Knäbchen zärtlich von ſeiner Mutter geſpeiſ't worden.
Er aß und trank, und als dies geſchehen, da war
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