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Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872.

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Zeit, bis der Tanz beendigt war, der ziemlich lang
dauerte; denn der lustige Herr schien sich dabei so
wohl zu gefallen, als die Jungfrau, welche im Him¬
mel herumzuspringen meinte. Allein als die Musik
aufhörte und Musa hochaufathmend dastand, fing sie
erst an, sich ordentlich zu fürchten und sah erstaunt
auf den Alten, der weder keuchte noch warm hatte
und nun zu reden begann. Er gab sich als David,
den königlichen Ahnherrn der Jungfrau Maria zu er¬
kennen und als deren Abgesandten. Und er fragte
sie, ob sie wohl Lust hätte, die ewige Seligkeit in
einem unaufhörlichen Freudentanze zu verbringen,
einem Tanze, gegen welchen der so eben beendigte ein
trübseliges Schleichen zu nennen sei?

Worauf sie sogleich erwiederte, sie wüßte sich nichts
Besseres zu wünschen! Worauf der selige König
David wiederum sagte: Wohlan, so habe sie nichts
anderes zu thun, als während ihrer irdischen Lebens¬
lage aller Lust und allem Tanze zu entsagen und sich
lediglich der Buße und den geistlichen Uebungen zu
weihen, und zwar ohne Wanken und ohne allen
Rückfall.

Diese Bedingung machte das Jungfräulein stutzig
und sie sagte: Also gänzlich müßte sie auf das Tanzen
verzichten? Und sie zweifelte, ob denn auch im Him¬
mel wirklich getanzt würde? Denn Alles habe seine

Zeit, bis der Tanz beendigt war, der ziemlich lang
dauerte; denn der luſtige Herr ſchien ſich dabei ſo
wohl zu gefallen, als die Jungfrau, welche im Him¬
mel herumzuſpringen meinte. Allein als die Muſik
aufhörte und Muſa hochaufathmend daſtand, fing ſie
erſt an, ſich ordentlich zu fürchten und ſah erſtaunt
auf den Alten, der weder keuchte noch warm hatte
und nun zu reden begann. Er gab ſich als David,
den königlichen Ahnherrn der Jungfrau Maria zu er¬
kennen und als deren Abgeſandten. Und er fragte
ſie, ob ſie wohl Luſt hätte, die ewige Seligkeit in
einem unaufhörlichen Freudentanze zu verbringen,
einem Tanze, gegen welchen der ſo eben beendigte ein
trübſeliges Schleichen zu nennen ſei?

Worauf ſie ſogleich erwiederte, ſie wüßte ſich nichts
Beſſeres zu wünſchen! Worauf der ſelige König
David wiederum ſagte: Wohlan, ſo habe ſie nichts
anderes zu thun, als während ihrer irdiſchen Lebens¬
lage aller Luſt und allem Tanze zu entſagen und ſich
lediglich der Buße und den geiſtlichen Uebungen zu
weihen, und zwar ohne Wanken und ohne allen
Rückfall.

Dieſe Bedingung machte das Jungfräulein ſtutzig
und ſie ſagte: Alſo gänzlich müßte ſie auf das Tanzen
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[141/0155] Zeit, bis der Tanz beendigt war, der ziemlich lang dauerte; denn der luſtige Herr ſchien ſich dabei ſo wohl zu gefallen, als die Jungfrau, welche im Him¬ mel herumzuſpringen meinte. Allein als die Muſik aufhörte und Muſa hochaufathmend daſtand, fing ſie erſt an, ſich ordentlich zu fürchten und ſah erſtaunt auf den Alten, der weder keuchte noch warm hatte und nun zu reden begann. Er gab ſich als David, den königlichen Ahnherrn der Jungfrau Maria zu er¬ kennen und als deren Abgeſandten. Und er fragte ſie, ob ſie wohl Luſt hätte, die ewige Seligkeit in einem unaufhörlichen Freudentanze zu verbringen, einem Tanze, gegen welchen der ſo eben beendigte ein trübſeliges Schleichen zu nennen ſei? Worauf ſie ſogleich erwiederte, ſie wüßte ſich nichts Beſſeres zu wünſchen! Worauf der ſelige König David wiederum ſagte: Wohlan, ſo habe ſie nichts anderes zu thun, als während ihrer irdiſchen Lebens¬ lage aller Luſt und allem Tanze zu entſagen und ſich lediglich der Buße und den geiſtlichen Uebungen zu weihen, und zwar ohne Wanken und ohne allen Rückfall. Dieſe Bedingung machte das Jungfräulein ſtutzig und ſie ſagte: Alſo gänzlich müßte ſie auf das Tanzen verzichten? Und ſie zweifelte, ob denn auch im Him¬ mel wirklich getanzt würde? Denn Alles habe ſeine

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_legenden_1872/155>, abgerufen am 21.11.2024.