Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872.Jägerin und schoß mit der Armbrust wilde Tauben Sogleich begann sie zu forschen, ob er nicht irgend Jägerin und ſchoß mit der Armbruſt wilde Tauben Sogleich begann ſie zu forſchen, ob er nicht irgend <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0064" n="50"/> Jägerin und ſchoß mit der Armbruſt wilde Tauben<lb/> und Waldhühner nach Gelüſten; auch fiſchte ſie Fo¬<lb/> rellen aus den Bächen und pflaſterte eigenhändig das<lb/> Schlößchen mit Kalk und Steinen, wo es ſchadhaft<lb/> war. Eben war ſie mit einem erlegten Haſen heim¬<lb/> gekommen und ſchaute, als ſie das Thier vor das<lb/> Fenſter ihrer hochgelegenen Küche hing, nochmal in's<lb/> Thal hinaus; da ſah ſie ihren Sohn den Weg her¬<lb/> aufreiten und ließ freudig die Brücke nieder, weil er<lb/> ſeit Monaten fortgeweſen.</p><lb/> <p>Sogleich begann ſie zu forſchen, ob er nicht irgend<lb/> ein Schwänzchen oder eine Feder des Glückes erwiſcht<lb/> und mitgebracht hätte, woran ſich klüglich zu halten<lb/> wäre, und als er die wie gewöhnlich unerheblichen<lb/> Ergebniſſe ſeiner letzten Kriegsfahrt erzählte, ſchüttelte<lb/> ſie ſchon zornig den Kopf; als er aber vollends ſeiner<lb/> Botſchaft zur reichen und reizenden Bertrade erwähnte<lb/> und deren Huld und Schönheit rühmte, da ſchalt ſie<lb/> ihn einen Faulpelz und Bärenhäuter wegen ſeines<lb/> ſchimpflichen Abzuges. Bald ſah ſie auch, daß Zen¬<lb/> delwald an nichts dachte als an die ferne Herrenfrau,<lb/> und nun wurde ſie erſt recht ungeduldig über ihn,<lb/> da er mit einer ſo trefflichen Leidenſchaft im Herzen<lb/> gar nichts anzuwenden wüßte, während ihm die ſchwere<lb/> Verliebtheit eher ein Hemmniß als ein Antrieb zum<lb/> Handeln war.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [50/0064]
Jägerin und ſchoß mit der Armbruſt wilde Tauben
und Waldhühner nach Gelüſten; auch fiſchte ſie Fo¬
rellen aus den Bächen und pflaſterte eigenhändig das
Schlößchen mit Kalk und Steinen, wo es ſchadhaft
war. Eben war ſie mit einem erlegten Haſen heim¬
gekommen und ſchaute, als ſie das Thier vor das
Fenſter ihrer hochgelegenen Küche hing, nochmal in's
Thal hinaus; da ſah ſie ihren Sohn den Weg her¬
aufreiten und ließ freudig die Brücke nieder, weil er
ſeit Monaten fortgeweſen.
Sogleich begann ſie zu forſchen, ob er nicht irgend
ein Schwänzchen oder eine Feder des Glückes erwiſcht
und mitgebracht hätte, woran ſich klüglich zu halten
wäre, und als er die wie gewöhnlich unerheblichen
Ergebniſſe ſeiner letzten Kriegsfahrt erzählte, ſchüttelte
ſie ſchon zornig den Kopf; als er aber vollends ſeiner
Botſchaft zur reichen und reizenden Bertrade erwähnte
und deren Huld und Schönheit rühmte, da ſchalt ſie
ihn einen Faulpelz und Bärenhäuter wegen ſeines
ſchimpflichen Abzuges. Bald ſah ſie auch, daß Zen¬
delwald an nichts dachte als an die ferne Herrenfrau,
und nun wurde ſie erſt recht ungeduldig über ihn,
da er mit einer ſo trefflichen Leidenſchaft im Herzen
gar nichts anzuwenden wüßte, während ihm die ſchwere
Verliebtheit eher ein Hemmniß als ein Antrieb zum
Handeln war.
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