zurückgestoßen, die Pforte aufgethan und die Frau, die zitternd da gestanden, gleich bei der Hand genommen und hereingezogen zu seinem Hauptvergnügen; denn sie habe ihn erkannt und sei augenscheinlich etwas munterer ge¬ worden. Gesprochen hätten sie kein Wort, als er das Thor wieder geschlossen und den Kandelaber vom Boden aufgenommen, wohin er ihn gestellt, und auch als er sie die Treppe hinangeleitet, habe er nur ein paar Mal lachend nach ihr umgeschaut, um ihr sozusagen im Namen Sr. Gnaden freundlich zuzunicken. Don Correa zahlte dem Knaben seine Ausgaben ohne Verzug mit einem Lächeln gütiger Zufriedenheit zurück und strich ihm das dichte lange Haar aus der Stirne, die es im bewegten Eifer des Burschen bedeckt hatte. Er blieb noch so lange mit ihm wach, bis er die Meldung empfing, die Fremde sei mit allen nöthigen Erquickungen versehen zu Bette gebracht worden und in Schlaf versunken. Dann ging er selbst den Schlaf zu finden, während der Page sich noch in der Küche herumtrieb und den Weibern, die mit gegen die Hüften gestemmten Armen und offenen Mäulern um ihn herum standen, über das Ereigniß allerlei Schnaken vormachte.
Am nächsten Morgen fühlte sich Zambo so gut erholt und gesund, daß sie vor dem Hausherrn erscheinen und ihre merkwürdige Wanderfahrt erzählen konnte. Die Pest, welche damals übrigens außer in Cadix nur an einem einzigen Hafenplatze aufgetreten, hatte durch ein par
Keller, Sinngedicht. 22
zurückgeſtoßen, die Pforte aufgethan und die Frau, die zitternd da geſtanden, gleich bei der Hand genommen und hereingezogen zu ſeinem Hauptvergnügen; denn ſie habe ihn erkannt und ſei augenſcheinlich etwas munterer ge¬ worden. Geſprochen hätten ſie kein Wort, als er das Thor wieder geſchloſſen und den Kandelaber vom Boden aufgenommen, wohin er ihn geſtellt, und auch als er ſie die Treppe hinangeleitet, habe er nur ein paar Mal lachend nach ihr umgeſchaut, um ihr ſozuſagen im Namen Sr. Gnaden freundlich zuzunicken. Don Correa zahlte dem Knaben ſeine Ausgaben ohne Verzug mit einem Lächeln gütiger Zufriedenheit zurück und ſtrich ihm das dichte lange Haar aus der Stirne, die es im bewegten Eifer des Burſchen bedeckt hatte. Er blieb noch ſo lange mit ihm wach, bis er die Meldung empfing, die Fremde ſei mit allen nöthigen Erquickungen verſehen zu Bette gebracht worden und in Schlaf verſunken. Dann ging er ſelbſt den Schlaf zu finden, während der Page ſich noch in der Küche herumtrieb und den Weibern, die mit gegen die Hüften geſtemmten Armen und offenen Mäulern um ihn herum ſtanden, über das Ereigniß allerlei Schnaken vormachte.
Am nächſten Morgen fühlte ſich Zambo ſo gut erholt und geſund, daß ſie vor dem Hausherrn erſcheinen und ihre merkwürdige Wanderfahrt erzählen konnte. Die Peſt, welche damals übrigens außer in Cadix nur an einem einzigen Hafenplatze aufgetreten, hatte durch ein par
Keller, Sinngedicht. 22
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0347"n="337"/>
zurückgeſtoßen, die Pforte aufgethan und die Frau, die<lb/>
zitternd da geſtanden, gleich bei der Hand genommen und<lb/>
hereingezogen zu ſeinem Hauptvergnügen; denn ſie habe<lb/>
ihn erkannt und ſei augenſcheinlich etwas munterer ge¬<lb/>
worden. Geſprochen hätten ſie kein Wort, als er das<lb/>
Thor wieder geſchloſſen und den Kandelaber vom Boden<lb/>
aufgenommen, wohin er ihn geſtellt, und auch als er ſie<lb/>
die Treppe hinangeleitet, habe er nur ein paar Mal<lb/>
lachend nach ihr umgeſchaut, um ihr ſozuſagen im Namen<lb/>
Sr. Gnaden freundlich zuzunicken. Don Correa zahlte<lb/>
dem Knaben ſeine Ausgaben ohne Verzug mit einem<lb/>
Lächeln gütiger Zufriedenheit zurück und ſtrich ihm das<lb/>
dichte lange Haar aus der Stirne, die es im bewegten<lb/>
Eifer des Burſchen bedeckt hatte. Er blieb noch ſo lange<lb/>
mit ihm wach, bis er die Meldung empfing, die Fremde<lb/>ſei mit allen nöthigen Erquickungen verſehen zu Bette<lb/>
gebracht worden und in Schlaf verſunken. Dann ging<lb/>
er ſelbſt den Schlaf zu finden, während der Page ſich<lb/>
noch in der Küche herumtrieb und den Weibern, die mit<lb/>
gegen die Hüften geſtemmten Armen und offenen Mäulern<lb/>
um ihn herum ſtanden, über das Ereigniß allerlei<lb/>
Schnaken vormachte.</p><lb/><p>Am nächſten Morgen fühlte ſich Zambo ſo gut erholt<lb/>
und geſund, daß ſie vor dem Hausherrn erſcheinen und<lb/>
ihre merkwürdige Wanderfahrt erzählen konnte. Die Peſt,<lb/>
welche damals übrigens außer in Cadix nur an einem<lb/>
einzigen Hafenplatze aufgetreten, hatte durch ein par<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Keller</hi>, Sinngedicht. 22<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[337/0347]
zurückgeſtoßen, die Pforte aufgethan und die Frau, die
zitternd da geſtanden, gleich bei der Hand genommen und
hereingezogen zu ſeinem Hauptvergnügen; denn ſie habe
ihn erkannt und ſei augenſcheinlich etwas munterer ge¬
worden. Geſprochen hätten ſie kein Wort, als er das
Thor wieder geſchloſſen und den Kandelaber vom Boden
aufgenommen, wohin er ihn geſtellt, und auch als er ſie
die Treppe hinangeleitet, habe er nur ein paar Mal
lachend nach ihr umgeſchaut, um ihr ſozuſagen im Namen
Sr. Gnaden freundlich zuzunicken. Don Correa zahlte
dem Knaben ſeine Ausgaben ohne Verzug mit einem
Lächeln gütiger Zufriedenheit zurück und ſtrich ihm das
dichte lange Haar aus der Stirne, die es im bewegten
Eifer des Burſchen bedeckt hatte. Er blieb noch ſo lange
mit ihm wach, bis er die Meldung empfing, die Fremde
ſei mit allen nöthigen Erquickungen verſehen zu Bette
gebracht worden und in Schlaf verſunken. Dann ging
er ſelbſt den Schlaf zu finden, während der Page ſich
noch in der Küche herumtrieb und den Weibern, die mit
gegen die Hüften geſtemmten Armen und offenen Mäulern
um ihn herum ſtanden, über das Ereigniß allerlei
Schnaken vormachte.
Am nächſten Morgen fühlte ſich Zambo ſo gut erholt
und geſund, daß ſie vor dem Hausherrn erſcheinen und
ihre merkwürdige Wanderfahrt erzählen konnte. Die Peſt,
welche damals übrigens außer in Cadix nur an einem
einzigen Hafenplatze aufgetreten, hatte durch ein par
Keller, Sinngedicht. 22
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/347>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.