sang dazu sein Lied. Es war nichts Minderes, als Goethes bekanntes Jugendliedchen "Mit einem gemalten Bande", welches zu jener Zeit noch in ältern auf Lösch¬ papier gedruckten Liederbüchlein für Handwerksbursche statt der jetzt üblichen Arbeitermarseillaisen u. dergl. zu finden war und das er auf der Wanderschaft gelernt hatte. Er sang es nach einer gefühlvollen altväterischen Melodie mit volksmäßigen Verzierungen, die sich aber natürlich rhythmisch seinem Vor- und Rückwärtsschreiten anschmiegen mußten und von den Bewegungen der Arbeit vielfach gehemmt oder übereilt wurden. Dazu sang er in einem verdorbenen Dialekte, was die Leistung noch drolliger machte. Allein die unverwüstliche Seele des Liedes und die frische Stimme, die Stille des Nachmittages und das verliebte Gemüth des einsam arbeitenden Meisters bewirkten das Gegentheil eines lächerlichen Eindruckes.
Wenn er mit leichten Schritten begann:
Kleine Blumen, kleine Blätter -- ja Blätter
Streien wir mit leichter Hand
Gude junge Frihlings-Gädder -- ja Gädder
Tändelnd auf ein luftig Band,
bei dem luftigen Band aber durch einen Knoten im Garn aufgehalten wurde und dasselbe daher um eine ganze Note verlängern und zuletzt doch wiederholen mußte, so war die unbekümmerte und unbewußte Treuherzigkeit, womit es geschah, mehr rührend als komisch. Die Strophe:
ſang dazu ſein Lied. Es war nichts Minderes, als Goethes bekanntes Jugendliedchen „Mit einem gemalten Bande“, welches zu jener Zeit noch in ältern auf Löſch¬ papier gedruckten Liederbüchlein für Handwerksburſche ſtatt der jetzt üblichen Arbeitermarſeillaiſen u. dergl. zu finden war und das er auf der Wanderſchaft gelernt hatte. Er ſang es nach einer gefühlvollen altväteriſchen Melodie mit volksmäßigen Verzierungen, die ſich aber natürlich rhythmiſch ſeinem Vor- und Rückwärtsſchreiten anſchmiegen mußten und von den Bewegungen der Arbeit vielfach gehemmt oder übereilt wurden. Dazu ſang er in einem verdorbenen Dialekte, was die Leiſtung noch drolliger machte. Allein die unverwüſtliche Seele des Liedes und die friſche Stimme, die Stille des Nachmittages und das verliebte Gemüth des einſam arbeitenden Meiſters bewirkten das Gegentheil eines lächerlichen Eindruckes.
Wenn er mit leichten Schritten begann:
Kleine Blumen, kleine Blätter — ja Blätter
Streien wir mit leichter Hand
Gude junge Frihlings-Gädder — ja Gädder
Tändelnd auf ein luftig Band,
bei dem luftigen Band aber durch einen Knoten im Garn aufgehalten wurde und dasſelbe daher um eine ganze Note verlängern und zuletzt doch wiederholen mußte, ſo war die unbekümmerte und unbewußte Treuherzigkeit, womit es geſchah, mehr rührend als komiſch. Die Strophe:
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ſang dazu ſein Lied. Es war nichts Minderes, als
Goethes bekanntes Jugendliedchen „Mit einem gemalten
Bande“, welches zu jener Zeit noch in ältern auf Löſch¬
papier gedruckten Liederbüchlein für Handwerksburſche
ſtatt der jetzt üblichen Arbeitermarſeillaiſen u. dergl. zu
finden war und das er auf der Wanderſchaft gelernt
hatte. Er ſang es nach einer gefühlvollen altväteriſchen
Melodie mit volksmäßigen Verzierungen, die ſich aber
natürlich rhythmiſch ſeinem Vor- und Rückwärtsſchreiten
anſchmiegen mußten und von den Bewegungen der Arbeit
vielfach gehemmt oder übereilt wurden. Dazu ſang er in
einem verdorbenen Dialekte, was die Leiſtung noch drolliger
machte. Allein die unverwüſtliche Seele des Liedes und
die friſche Stimme, die Stille des Nachmittages und das
verliebte Gemüth des einſam arbeitenden Meiſters bewirkten
das Gegentheil eines lächerlichen Eindruckes.
Wenn er mit leichten Schritten begann:
Kleine Blumen, kleine Blätter — ja Blätter
Streien wir mit leichter Hand
Gude junge Frihlings-Gädder — ja Gädder
Tändelnd auf ein luftig Band,
bei dem luftigen Band aber durch einen Knoten im Garn
aufgehalten wurde und dasſelbe daher um eine ganze
Note verlängern und zuletzt doch wiederholen mußte, ſo
war die unbekümmerte und unbewußte Treuherzigkeit,
womit es geſchah, mehr rührend als komiſch. Die
Strophe:
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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/421>, abgerufen am 16.05.2024.
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