Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.nigen, sondern von gestohlenem Gut gegeben, erwiederte er: "Ich hatte mich verheirathet und ich hausete auf eigener nigen, ſondern von geſtohlenem Gut gegeben, erwiederte er: „Ich hatte mich verheirathet und ich hauſete auf eigener <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0106" n="92"/> nigen, ſondern von geſtohlenem Gut gegeben, erwiederte er:<lb/> „Ich kann nicht glauben, daß das eine Sünde war, dem<lb/> Reichen that es nicht weh und den Armen kam es zu gut.“<lb/> So viel ihm auch dagegen eingewendet wurde, wollte er<lb/> doch nicht begreifen, daß das <choice><sic>einr</sic><corr>eine</corr></choice> Sünde war, und nur ganz<lb/> zuletzt äußerte er: „Nun wenn dieß wirklich Sünde gewe-<lb/> ſen iſt, ſo will ich ſie auch bereuen.“ Er fuhr <choice><sic>unn</sic><corr>nun</corr></choice> fort:</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">„Ich hatte mich verheirathet und ich hauſete auf eigener<lb/> „Mühle. Die Müllerin, die keine Kinder bekam, war<lb/> „gar lieb und gut, redete mir ſtets freundlich zu und<lb/> „ermahnte mich zu einem ordentlichen Leben. Ich hörte<lb/> „nicht auf ſie und achtete ihres Kummers nicht, doch<lb/> „wurde ich ihr wenigſtens nicht ungetreu. Ich wurde<lb/> „nun immer liederlicher und zog von einem Wirthshaus<lb/> „in das andre, wo ich, ſo lange ich noch ſelber das<lb/> „Geld einnahm, alles ſchnell durchbrachte. Endlich aber<lb/> „verſchloß die Müllerin das Geld, gab mir jedoch, was<lb/> „ſie nur vermochte, und redete mir immer freundlich<lb/> „zu. Ach, ſie war ſo brav! Ich aber folgte nicht und<lb/> „wurde immer ſchlechter. Da wurde ſie endlich uneins mit<lb/> „mir. Einmal ſagte ſie zu mir: Wenn du ſo fortlebſt, muß<lb/> „ich mich vor meinen Freunden ſchämen, die mir immer<lb/> „von der Heirath mit dir abriethen, ich kann nicht mehr<lb/> „unter ihre Augen treten, wenn du mir nicht folgſt. Zu-<lb/> „letzt aber ſagte ſie: Folgſt du mir nicht, ſo laſſe ich<lb/> „mich von dir ſcheiden, oder laß du dich von mir ſchei-<lb/> „den. Ich gerieth darüber in Zorn und Furcht. Ich<lb/> „wollte mich nicht ſcheiden laſſen und wollte doch auch<lb/> „nicht länger bey ihr bleiben, weil ich mich vor ihr ſchä-<lb/> „men mußte. Der böſe Feind kam über mich und trieb mich<lb/> „zum Hauſe hinaus. Ich lief nach Ellwangen, forderte<lb/> „unterwegs bey Schuldnern Geld ein, das ich dann gleich<lb/> „verſoff. Es war nicht viel, was mir die Leute gaben,<lb/> „weil ſie wußten, daß die Müllerin die Wirthſchaft führe.<lb/> „Ich konnte nicht mit mir einig werden, was ich an-<lb/> „fangen ſolle. Bald wollte ich zurückkehren, aber ich<lb/></hi> </p> </div> </body> </text> </TEI> [92/0106]
nigen, ſondern von geſtohlenem Gut gegeben, erwiederte er:
„Ich kann nicht glauben, daß das eine Sünde war, dem
Reichen that es nicht weh und den Armen kam es zu gut.“
So viel ihm auch dagegen eingewendet wurde, wollte er
doch nicht begreifen, daß das eine Sünde war, und nur ganz
zuletzt äußerte er: „Nun wenn dieß wirklich Sünde gewe-
ſen iſt, ſo will ich ſie auch bereuen.“ Er fuhr nun fort:
„Ich hatte mich verheirathet und ich hauſete auf eigener
„Mühle. Die Müllerin, die keine Kinder bekam, war
„gar lieb und gut, redete mir ſtets freundlich zu und
„ermahnte mich zu einem ordentlichen Leben. Ich hörte
„nicht auf ſie und achtete ihres Kummers nicht, doch
„wurde ich ihr wenigſtens nicht ungetreu. Ich wurde
„nun immer liederlicher und zog von einem Wirthshaus
„in das andre, wo ich, ſo lange ich noch ſelber das
„Geld einnahm, alles ſchnell durchbrachte. Endlich aber
„verſchloß die Müllerin das Geld, gab mir jedoch, was
„ſie nur vermochte, und redete mir immer freundlich
„zu. Ach, ſie war ſo brav! Ich aber folgte nicht und
„wurde immer ſchlechter. Da wurde ſie endlich uneins mit
„mir. Einmal ſagte ſie zu mir: Wenn du ſo fortlebſt, muß
„ich mich vor meinen Freunden ſchämen, die mir immer
„von der Heirath mit dir abriethen, ich kann nicht mehr
„unter ihre Augen treten, wenn du mir nicht folgſt. Zu-
„letzt aber ſagte ſie: Folgſt du mir nicht, ſo laſſe ich
„mich von dir ſcheiden, oder laß du dich von mir ſchei-
„den. Ich gerieth darüber in Zorn und Furcht. Ich
„wollte mich nicht ſcheiden laſſen und wollte doch auch
„nicht länger bey ihr bleiben, weil ich mich vor ihr ſchä-
„men mußte. Der böſe Feind kam über mich und trieb mich
„zum Hauſe hinaus. Ich lief nach Ellwangen, forderte
„unterwegs bey Schuldnern Geld ein, das ich dann gleich
„verſoff. Es war nicht viel, was mir die Leute gaben,
„weil ſie wußten, daß die Müllerin die Wirthſchaft führe.
„Ich konnte nicht mit mir einig werden, was ich an-
„fangen ſolle. Bald wollte ich zurückkehren, aber ich
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