darauf hinweist, wenn er sagt: "Wenn ihr meiner Lehre nicht glaubet, so glaubet doch meinen Werken." Die falsche hingegen bleibt an ihrem Dogma hängen, das schon nach kurzem Jahreswechsel eine andere Gestalt annimmt. Die Macht des Geschehens steht über der Macht der Meinung. Warum kam jene Prüfungscommission der ver- schiedenen Confessionen nicht zu Stande, welche Dr.Schleiß dem Dr.Semler vorschlug? Vermuthlich, weil die Ra- tionalisten fürchteten, ihre Dogmen möchten von der Ge- walt der Thatsachen überflügelt werden, sie möchten mit eigenen Augen sehen müssen, was ein Augenzeuge von den Wirkungen Gaßner's auf das Volk erzählt: "Es seye bey- nahe alle Tage das zugetroffen, was zu den Zeiten der Apostel sich ereignete, Act. 19, 17. "Cecidit timor super omnes illos et magnificabatur nomen Domini Jesu."
So verhält es sich in Wahrheit mit der Kurart Gaß- ners; allein die Aufklärungsepoche hat sie nicht nur unge- geprüft verdammt und aus dem Ged[ä]chtniß verwischt, son- dern auch einen Bann an sie gelegt. Der Exorcismus ist nun allgemein verboten und ihm überhaupt die Befugniß genommen, im Namen Jesu zu wirken und Kranke zu hei- len. Die Polizey hebt mit dem Misbrauche, der aller- dings häufig seyn mochte, auch den guten Gebrauch auf und greift insofern in jene Glaubensmacht ein, welche Chri- stus ausdrücklich in seinen Namen gelegt hat. Man erwäge nur die beyden oben erwähnten Geschichten von Döffin- gen und Gärtringen, nach welchen die Energumenen von den Geistlichen in die Kirche genommen, durch eine passende Rede dem Volke vorgestellt und dieses zum ge- meinschaftlichen Gebet und zur Theilnahme ermahnt wurde. War auf diese Weise die Stimmung der Gemüther hervor- gebracht, welche der Glaube verlangt, so trat alsdann der Geistliche vor den Kranken und befahl dem unreinen Geist im Namen des Herrn Jesu zu weichen, was auch jedes- mal zutraf, indem die Kranken von ihren Plagen auf der
darauf hinweist, wenn er ſagt: „Wenn ihr meiner Lehre nicht glaubet, ſo glaubet doch meinen Werken.“ Die falſche hingegen bleibt an ihrem Dogma hängen, das ſchon nach kurzem Jahreswechſel eine andere Geſtalt annimmt. Die Macht des Geſchehens ſteht über der Macht der Meinung. Warum kam jene Prüfungscommiſſion der ver- ſchiedenen Confeſſionen nicht zu Stande, welche Dr.Schleiß dem Dr.Semler vorſchlug? Vermuthlich, weil die Ra- tionaliſten fürchteten, ihre Dogmen möchten von der Ge- walt der Thatſachen überflügelt werden, ſie möchten mit eigenen Augen ſehen müſſen, was ein Augenzeuge von den Wirkungen Gaßner’s auf das Volk erzählt: „Es ſeye bey- nahe alle Tage das zugetroffen, was zu den Zeiten der Apoſtel ſich ereignete, Act. 19, 17. „Cecidit timor super omnes illos et magnificabatur nomen Domini Jesu.“
So verhält es ſich in Wahrheit mit der Kurart Gaß- ners; allein die Aufklärungsepoche hat ſie nicht nur unge- geprüft verdammt und aus dem Ged[ä]chtniß verwiſcht, ſon- dern auch einen Bann an ſie gelegt. Der Exorcismus iſt nun allgemein verboten und ihm überhaupt die Befugniß genommen, im Namen Jeſu zu wirken und Kranke zu hei- len. Die Polizey hebt mit dem Misbrauche, der aller- dings häufig ſeyn mochte, auch den guten Gebrauch auf und greift inſofern in jene Glaubensmacht ein, welche Chri- ſtus ausdrücklich in ſeinen Namen gelegt hat. Man erwäge nur die beyden oben erwähnten Geſchichten von Döffin- gen und Gärtringen, nach welchen die Energumenen von den Geiſtlichen in die Kirche genommen, durch eine paſſende Rede dem Volke vorgeſtellt und dieſes zum ge- meinſchaftlichen Gebet und zur Theilnahme ermahnt wurde. War auf dieſe Weiſe die Stimmung der Gemüther hervor- gebracht, welche der Glaube verlangt, ſo trat alsdann der Geiſtliche vor den Kranken und befahl dem unreinen Geiſt im Namen des Herrn Jeſu zu weichen, was auch jedes- mal zutraf, indem die Kranken von ihren Plagen auf der
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darauf hinweist, wenn er ſagt: „Wenn ihr meiner Lehre
nicht glaubet, ſo glaubet doch meinen Werken.“ Die falſche
hingegen bleibt an ihrem Dogma hängen, das ſchon nach
kurzem Jahreswechſel eine andere Geſtalt annimmt. Die
Macht des Geſchehens ſteht über der Macht der
Meinung. Warum kam jene Prüfungscommiſſion der ver-
ſchiedenen Confeſſionen nicht zu Stande, welche Dr. Schleiß
dem Dr. Semler vorſchlug? Vermuthlich, weil die Ra-
tionaliſten fürchteten, ihre Dogmen möchten von der Ge-
walt der Thatſachen überflügelt werden, ſie möchten mit
eigenen Augen ſehen müſſen, was ein Augenzeuge von den
Wirkungen Gaßner’s auf das Volk erzählt: „Es ſeye bey-
nahe alle Tage das zugetroffen, was zu den Zeiten der
Apoſtel ſich ereignete, Act. 19, 17. „Cecidit timor super
omnes illos et magnificabatur nomen Domini Jesu.“
So verhält es ſich in Wahrheit mit der Kurart Gaß-
ners; allein die Aufklärungsepoche hat ſie nicht nur unge-
geprüft verdammt und aus dem Gedächtniß verwiſcht, ſon-
dern auch einen Bann an ſie gelegt. Der Exorcismus iſt
nun allgemein verboten und ihm überhaupt die Befugniß
genommen, im Namen Jeſu zu wirken und Kranke zu hei-
len. Die Polizey hebt mit dem Misbrauche, der aller-
dings häufig ſeyn mochte, auch den guten Gebrauch auf
und greift inſofern in jene Glaubensmacht ein, welche Chri-
ſtus ausdrücklich in ſeinen Namen gelegt hat. Man erwäge
nur die beyden oben erwähnten Geſchichten von Döffin-
gen und Gärtringen, nach welchen die Energumenen
von den Geiſtlichen in die Kirche genommen, durch eine
paſſende Rede dem Volke vorgeſtellt und dieſes zum ge-
meinſchaftlichen Gebet und zur Theilnahme ermahnt wurde.
War auf dieſe Weiſe die Stimmung der Gemüther hervor-
gebracht, welche der Glaube verlangt, ſo trat alsdann der
Geiſtliche vor den Kranken und befahl dem unreinen Geiſt
im Namen des Herrn Jeſu zu weichen, was auch jedes-
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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/170>, abgerufen am 18.07.2024.
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