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Kinkel, Gottfried: Margret. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 199–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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sie hinfort dem Kinde Vater und Mutter zugleich sein wolle. Erst als sie dann den Knaben an ihre Brust legte und er mit den herrlichen blauen Augen seines Vaters zu ihr heraussah, rannen ihre Thränen über seine Stirn, und sie empfand sein warmes Leben wie ein stillendes Heilkraut, das unmerklich aus der Wunde ihres Herzens den Schmerz hinwegsog. Seit diesem Tage kam Nikola's Name nicht mehr über ihre Lippen, auch schrieb sie ihm nicht wieder: aber ihre Geschäfte vollzog sie wie sonst, das Kind gedieh unter ihren Händen, und die Tante hatte Segen in allem ihrem Hauswesen.

Wie scharf hatte doch der Blick der Liebe in jenem Briefe gelesen!

Als Nikola nach Berlin kam, wurde er anfangs von allen den Mühseligkeiten des ersten Eingewöhnens weggenommen, die keinem Rekruten erspart sind. Seine Eitelkeit auf äußeres Erscheinen und Ansehen machte ihn zum tüchtigsten Soldaten seines Zuges; das viele Geld, das er verschwenden konnte, überhob ihn mancher Belästigung, und er genoß, obwohl er nicht als Freiwilliger eingetreten war, durch die Nachsicht der nächsten Vorgesetzten, beinah die Freiheit eines solchen. Er fühlte sich stolz in der schmucken, knappen Uniform, in der er merklich durch seine männliche Schönheit alle Offiziere überbot. Ihm, der bisher nur einfaches Landleben kannte, thaten sich nun plötzlich die mannigfachen Reizungen einer der glänzendsten Städte auf,

sie hinfort dem Kinde Vater und Mutter zugleich sein wolle. Erst als sie dann den Knaben an ihre Brust legte und er mit den herrlichen blauen Augen seines Vaters zu ihr heraussah, rannen ihre Thränen über seine Stirn, und sie empfand sein warmes Leben wie ein stillendes Heilkraut, das unmerklich aus der Wunde ihres Herzens den Schmerz hinwegsog. Seit diesem Tage kam Nikola's Name nicht mehr über ihre Lippen, auch schrieb sie ihm nicht wieder: aber ihre Geschäfte vollzog sie wie sonst, das Kind gedieh unter ihren Händen, und die Tante hatte Segen in allem ihrem Hauswesen.

Wie scharf hatte doch der Blick der Liebe in jenem Briefe gelesen!

Als Nikola nach Berlin kam, wurde er anfangs von allen den Mühseligkeiten des ersten Eingewöhnens weggenommen, die keinem Rekruten erspart sind. Seine Eitelkeit auf äußeres Erscheinen und Ansehen machte ihn zum tüchtigsten Soldaten seines Zuges; das viele Geld, das er verschwenden konnte, überhob ihn mancher Belästigung, und er genoß, obwohl er nicht als Freiwilliger eingetreten war, durch die Nachsicht der nächsten Vorgesetzten, beinah die Freiheit eines solchen. Er fühlte sich stolz in der schmucken, knappen Uniform, in der er merklich durch seine männliche Schönheit alle Offiziere überbot. Ihm, der bisher nur einfaches Landleben kannte, thaten sich nun plötzlich die mannigfachen Reizungen einer der glänzendsten Städte auf,

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:40:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:40:10Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Kinkel, Gottfried: Margret. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 199–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kinkel_margret_1910/41>, abgerufen am 21.11.2024.