Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807.
Auf seinen Flaumen auszuruhen? Ach Alkmene! Auch der Olymp ist öde ohne Liebe. Was giebt der Erdenvölker Anbetung Gestürzt in Staub, der Brust, der lechzenden? Er will geliebt sein, nicht ihr Wahn von ihm. In ew'ge Schleier eingehüllt, Möcht' er sich selbst in einer Seele spiegeln, Sich aus der Thräne des Entzückens wieder- strahlen. Geliebte, sieh! So viele Freude schüttet Er zwischen Erd' und Himmel endlos aus; Wär'st du vom Schicksal nun bestimmt So vieler Millionen Wesen Dank, Ihm seine ganze Fordrung an die Schöpfung In einem einz'gen Lächeln auszuzahlen, Würd'st du dich ihm wohl -- ach! ich kann's nicht denken Laß mich's nicht denken -- laß -- Alkmene. Fern sei von mir, Der Götter großem Rathschluß mich zu sträuben.
Auf ſeinen Flaumen auszuruhen? Ach Alkmene! Auch der Olymp iſt oͤde ohne Liebe. Was giebt der Erdenvoͤlker Anbetung Geſtuͤrzt in Staub, der Bruſt, der lechzenden? Er will geliebt ſein, nicht ihr Wahn von ihm. In ew’ge Schleier eingehuͤllt, Moͤcht’ er ſich ſelbſt in einer Seele ſpiegeln, Sich aus der Thraͤne des Entzuͤckens wieder- ſtrahlen. Geliebte, ſieh! So viele Freude ſchuͤttet Er zwiſchen Erd’ und Himmel endlos aus; Waͤr’ſt du vom Schickſal nun beſtimmt So vieler Millionen Weſen Dank, Ihm ſeine ganze Fordrung an die Schoͤpfung In einem einz’gen Laͤcheln auszuzahlen, Wuͤrd’ſt du dich ihm wohl — ach! ich kann’s nicht denken Laß mich’s nicht denken — laß — Alkmene. Fern ſei von mir, Der Goͤtter großem Rathſchluß mich zu ſtraͤuben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#JUP"> <p><pb facs="#f0130" n="114"/> Auf ſeinen Flaumen auszuruhen? Ach Alkmene!<lb/> Auch der Olymp iſt oͤde ohne Liebe.<lb/> Was giebt der Erdenvoͤlker Anbetung<lb/> Geſtuͤrzt in Staub, der Bruſt, der lechzenden?<lb/><hi rendition="#g">Er</hi> will geliebt ſein, nicht ihr Wahn von ihm.<lb/> In ew’ge Schleier eingehuͤllt,<lb/> Moͤcht’ er ſich ſelbſt in einer Seele ſpiegeln,<lb/> Sich aus der Thraͤne des Entzuͤckens wieder-<lb/> ſtrahlen.<lb/> Geliebte, ſieh! So viele Freude ſchuͤttet<lb/> Er zwiſchen Erd’ und Himmel endlos aus;<lb/> Waͤr’ſt du vom Schickſal nun beſtimmt<lb/> So vieler Millionen Weſen Dank,<lb/> Ihm ſeine ganze Fordrung an die Schoͤpfung<lb/> In einem einz’gen Laͤcheln auszuzahlen,<lb/> Wuͤrd’ſt du dich ihm wohl — ach! ich kann’s<lb/> nicht denken<lb/> Laß mich’s nicht denken — laß —</p> </sp><lb/> <sp who="#ALK"> <speaker><hi rendition="#g">Alkmene</hi>.</speaker><lb/> <p>Fern ſei von mir,<lb/> Der Goͤtter großem Rathſchluß mich zu ſtraͤuben.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [114/0130]
Auf ſeinen Flaumen auszuruhen? Ach Alkmene!
Auch der Olymp iſt oͤde ohne Liebe.
Was giebt der Erdenvoͤlker Anbetung
Geſtuͤrzt in Staub, der Bruſt, der lechzenden?
Er will geliebt ſein, nicht ihr Wahn von ihm.
In ew’ge Schleier eingehuͤllt,
Moͤcht’ er ſich ſelbſt in einer Seele ſpiegeln,
Sich aus der Thraͤne des Entzuͤckens wieder-
ſtrahlen.
Geliebte, ſieh! So viele Freude ſchuͤttet
Er zwiſchen Erd’ und Himmel endlos aus;
Waͤr’ſt du vom Schickſal nun beſtimmt
So vieler Millionen Weſen Dank,
Ihm ſeine ganze Fordrung an die Schoͤpfung
In einem einz’gen Laͤcheln auszuzahlen,
Wuͤrd’ſt du dich ihm wohl — ach! ich kann’s
nicht denken
Laß mich’s nicht denken — laß —
Alkmene.
Fern ſei von mir,
Der Goͤtter großem Rathſchluß mich zu ſtraͤuben.
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_amphytrion_1807/130>, abgerufen am 16.07.2024. |