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Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811.

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Wär's überall nur möglich, gnäd'ger Herr,
Versteht mich wohl, -- so säumt ich hier nicht länger.
Den Stuhl setzt' ich, zur ersten Einrichtung,
Ihr vor die Thür', und sagte, geh, mein Kind,
Die Welt ist weit, da zahlst du keine Miethe,
Und lange Haare hast du auch geerbt,
Woran du dich, kommt Zeit, kommt Rath, kannst
hängen.
Walter.
Ruhig, ruhig, Frau Marthe.
Frau Marthe.
Da ich jedoch
Hier den Beweis noch anders führen kann,
Als bloß durch sie, die diesen Dienst mir weigert,
Und überzeugt bin völlig, daß nur er
Mir, und kein Anderer den Krug zerschlug,
So bringt die Lust, es kurz hin abzuschwören,
Mich noch auf einen schändlichen Verdacht.
Die Nacht von gestern birgt ein anderes
Verbrechen noch, als bloß die Krugverwüstung.
Ich muß euch sagen, gnäd'ger Herr, daß Ruprecht
Zur Conscription gehört, in wenig Tagen
Soll er den Eid zur Fahn' in Utrecht schwören.
Die jungen Landessöhne reißen aus.
Gesetzt, er hätte gestern Nacht gesagt:
Was meinst du, Evchen? Komm. Die Welt ist groß.
Waͤr’s uͤberall nur moͤglich, gnaͤd’ger Herr,
Verſteht mich wohl, — ſo ſaͤumt ich hier nicht laͤnger.
Den Stuhl ſetzt’ ich, zur erſten Einrichtung,
Ihr vor die Thuͤr’, und ſagte, geh, mein Kind,
Die Welt iſt weit, da zahlſt du keine Miethe,
Und lange Haare haſt du auch geerbt,
Woran du dich, kommt Zeit, kommt Rath, kannſt
haͤngen.
Walter.
Ruhig, ruhig, Frau Marthe.
Frau Marthe.
Da ich jedoch
Hier den Beweis noch anders fuͤhren kann,
Als bloß durch ſie, die dieſen Dienſt mir weigert,
Und uͤberzeugt bin voͤllig, daß nur er
Mir, und kein Anderer den Krug zerſchlug,
So bringt die Luſt, es kurz hin abzuſchwoͤren,
Mich noch auf einen ſchaͤndlichen Verdacht.
Die Nacht von geſtern birgt ein anderes
Verbrechen noch, als bloß die Krugverwuͤſtung.
Ich muß euch ſagen, gnaͤd’ger Herr, daß Ruprecht
Zur Conſcription gehoͤrt, in wenig Tagen
Soll er den Eid zur Fahn’ in Utrecht ſchwoͤren.
Die jungen Landesſoͤhne reißen aus.
Geſetzt, er haͤtte geſtern Nacht geſagt:
Was meinſt du, Evchen? Komm. Die Welt iſt groß.
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[94/0100] Waͤr’s uͤberall nur moͤglich, gnaͤd’ger Herr, Verſteht mich wohl, — ſo ſaͤumt ich hier nicht laͤnger. Den Stuhl ſetzt’ ich, zur erſten Einrichtung, Ihr vor die Thuͤr’, und ſagte, geh, mein Kind, Die Welt iſt weit, da zahlſt du keine Miethe, Und lange Haare haſt du auch geerbt, Woran du dich, kommt Zeit, kommt Rath, kannſt haͤngen. Walter. Ruhig, ruhig, Frau Marthe. Frau Marthe. Da ich jedoch Hier den Beweis noch anders fuͤhren kann, Als bloß durch ſie, die dieſen Dienſt mir weigert, Und uͤberzeugt bin voͤllig, daß nur er Mir, und kein Anderer den Krug zerſchlug, So bringt die Luſt, es kurz hin abzuſchwoͤren, Mich noch auf einen ſchaͤndlichen Verdacht. Die Nacht von geſtern birgt ein anderes Verbrechen noch, als bloß die Krugverwuͤſtung. Ich muß euch ſagen, gnaͤd’ger Herr, daß Ruprecht Zur Conſcription gehoͤrt, in wenig Tagen Soll er den Eid zur Fahn’ in Utrecht ſchwoͤren. Die jungen Landesſoͤhne reißen aus. Geſetzt, er haͤtte geſtern Nacht geſagt: Was meinſt du, Evchen? Komm. Die Welt iſt groß.

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Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/100>, abgerufen am 22.12.2024.