Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite
Walter.
Nun jetzt -- weiter?
Eve.
Da wir jetzt in der Stube sind -- zehnmal
Verwünscht' ich's schon, eh wir sie noch erreicht --
Und ich die Thür behutsam zugedrückt,
Legt er Attest und Dint' und Feder auf den Tisch,
Und rückt den Stuhl herbei sich, wie zum Schreiben.
Ich denke, setzen wird er sich: doch er,
Er geht und schiebt den Riegel vor die Thüre,
Und räuspert sich, und lüftet sich die Weste,
Und nimmt sich die Perücke förmlich ab,
Und hängt, weil der Perückenstock ihm fehlt,
Sie auf den Krug dort, den zum Scheuern ich
Bei mir auf's Wandgesimse hingestellt.
Und da ich frag', was dies auch mir bedeute?
Läßt er am Tisch jetzt auf den Stuhl sich nieder,
Und faßt mich so, bei beiden Händen, seht,
Und sieht mich an.
Frau Marthe.
Und sieht --?
Ruprecht.
Und sieht dich an --?
Eve.
Zwei abgemessene Minuten starr mich an.
Walter.
Nun jetzt — weiter?
Eve.
Da wir jetzt in der Stube ſind — zehnmal
Verwuͤnſcht’ ich’s ſchon, eh wir ſie noch erreicht —
Und ich die Thuͤr behutſam zugedruͤckt,
Legt er Atteſt und Dint’ und Feder auf den Tiſch,
Und ruͤckt den Stuhl herbei ſich, wie zum Schreiben.
Ich denke, ſetzen wird er ſich: doch er,
Er geht und ſchiebt den Riegel vor die Thuͤre,
Und raͤuspert ſich, und luͤftet ſich die Weſte,
Und nimmt ſich die Peruͤcke foͤrmlich ab,
Und haͤngt, weil der Peruͤckenſtock ihm fehlt,
Sie auf den Krug dort, den zum Scheuern ich
Bei mir auf’s Wandgeſimſe hingeſtellt.
Und da ich frag’, was dies auch mir bedeute?
Laͤßt er am Tiſch jetzt auf den Stuhl ſich nieder,
Und faßt mich ſo, bei beiden Haͤnden, ſeht,
Und ſieht mich an.
Frau Marthe.
Und ſieht —?
Ruprecht.
Und ſieht dich an —?
Eve.
Zwei abgemeſſene Minuten ſtarr mich an.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0168" n="162"/>
          <sp who="#WAL">
            <speaker> <hi rendition="#g">Walter.</hi> </speaker><lb/>
            <p> <hi rendition="#et">Nun jetzt &#x2014; weiter?</hi> </p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#EVE">
            <speaker> <hi rendition="#g">Eve.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Da wir jetzt in der Stube &#x017F;ind &#x2014; zehnmal<lb/>
Verwu&#x0364;n&#x017F;cht&#x2019; ich&#x2019;s &#x017F;chon, eh wir &#x017F;ie noch erreicht &#x2014;<lb/>
Und ich die Thu&#x0364;r behut&#x017F;am zugedru&#x0364;ckt,<lb/>
Legt er Atte&#x017F;t und Dint&#x2019; und Feder auf den Ti&#x017F;ch,<lb/>
Und ru&#x0364;ckt den Stuhl herbei &#x017F;ich, wie zum Schreiben.<lb/>
Ich denke, &#x017F;etzen wird er &#x017F;ich: doch er,<lb/>
Er geht und &#x017F;chiebt den Riegel vor die Thu&#x0364;re,<lb/>
Und ra&#x0364;uspert &#x017F;ich, und lu&#x0364;ftet &#x017F;ich die We&#x017F;te,<lb/>
Und nimmt &#x017F;ich die Peru&#x0364;cke fo&#x0364;rmlich ab,<lb/>
Und ha&#x0364;ngt, weil der Peru&#x0364;cken&#x017F;tock ihm fehlt,<lb/>
Sie auf den Krug dort, den zum Scheuern ich<lb/>
Bei mir auf&#x2019;s Wandge&#x017F;im&#x017F;e hinge&#x017F;tellt.<lb/>
Und da ich frag&#x2019;, was dies auch mir bedeute?<lb/>
La&#x0364;ßt er am Ti&#x017F;ch jetzt auf den Stuhl &#x017F;ich nieder,<lb/>
Und faßt mich &#x017F;o, bei beiden Ha&#x0364;nden, &#x017F;eht,<lb/>
Und &#x017F;ieht mich an.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MAR">
            <speaker> <hi rendition="#g">Frau Marthe.</hi> </speaker><lb/>
            <p> <hi rendition="#c">Und &#x017F;ieht &#x2014;?</hi> </p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#RUP">
            <speaker> <hi rendition="#g">Ruprecht.</hi> </speaker><lb/>
            <p> <hi rendition="#et">Und &#x017F;ieht dich an &#x2014;?</hi> </p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#EVE">
            <speaker> <hi rendition="#g">Eve.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Zwei abgeme&#x017F;&#x017F;ene Minuten &#x017F;tarr mich an.</p>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[162/0168] Walter. Nun jetzt — weiter? Eve. Da wir jetzt in der Stube ſind — zehnmal Verwuͤnſcht’ ich’s ſchon, eh wir ſie noch erreicht — Und ich die Thuͤr behutſam zugedruͤckt, Legt er Atteſt und Dint’ und Feder auf den Tiſch, Und ruͤckt den Stuhl herbei ſich, wie zum Schreiben. Ich denke, ſetzen wird er ſich: doch er, Er geht und ſchiebt den Riegel vor die Thuͤre, Und raͤuspert ſich, und luͤftet ſich die Weſte, Und nimmt ſich die Peruͤcke foͤrmlich ab, Und haͤngt, weil der Peruͤckenſtock ihm fehlt, Sie auf den Krug dort, den zum Scheuern ich Bei mir auf’s Wandgeſimſe hingeſtellt. Und da ich frag’, was dies auch mir bedeute? Laͤßt er am Tiſch jetzt auf den Stuhl ſich nieder, Und faßt mich ſo, bei beiden Haͤnden, ſeht, Und ſieht mich an. Frau Marthe. Und ſieht —? Ruprecht. Und ſieht dich an —? Eve. Zwei abgemeſſene Minuten ſtarr mich an.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/168
Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/168>, abgerufen am 22.12.2024.