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Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811.

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Wenn es zur Sache nicht gehört.
Uns geht das Loch -- nichts die Provinzen an,
Die darauf übergeben worden sind.
Frau Marthe.
Erlaubt! Wie schön der Krug, gehört zur Sache! --
Den Krug erbeutete sich Childerich,
Der Kesselflicker, als Oranien
Briel mit den Wassergeusen überrumpelte.
Ihn hatt' ein Spanier, gefüllt mit Wein,
Just an den Mund gesetzt, als Childerich
Den Spanier von hinten niederwarf,
Den Krug ergriff, ihn leert', und weiter ging.
Adam.
Ein würd'ger Wassergeuse.
Frau Marthe.
Hierauf vererbte
Der Krug auf Fürchtegott, den Todtengräber;
Der trank zu dreimal nur, der Nüchterne,
Und stets vermischt mit Wasser aus dem Krug.
Das erstemal, als er im Sechzigsten
Ein junges Weib sich nahm; drei Jahre drauf,
Als sie noch glücklich ihn zum Vater machte;
Und als sie jetzt noch funfzehn Kinder zeugte,
Trank er zum drittenmale, als sie starb.
Adam.
Gut. Das ist auch nicht übel.
Wenn es zur Sache nicht gehoͤrt.
Uns geht das Loch — nichts die Provinzen an,
Die darauf uͤbergeben worden ſind.
Frau Marthe.
Erlaubt! Wie ſchoͤn der Krug, gehoͤrt zur Sache! —
Den Krug erbeutete ſich Childerich,
Der Keſſelflicker, als Oranien
Briel mit den Waſſergeuſen uͤberrumpelte.
Ihn hatt’ ein Spanier, gefuͤllt mit Wein,
Juſt an den Mund geſetzt, als Childerich
Den Spanier von hinten niederwarf,
Den Krug ergriff, ihn leert’, und weiter ging.
Adam.
Ein wuͤrd’ger Waſſergeuſe.
Frau Marthe.
Hierauf vererbte
Der Krug auf Fuͤrchtegott, den Todtengraͤber;
Der trank zu dreimal nur, der Nuͤchterne,
Und ſtets vermiſcht mit Waſſer aus dem Krug.
Das erſtemal, als er im Sechzigſten
Ein junges Weib ſich nahm; drei Jahre drauf,
Als ſie noch gluͤcklich ihn zum Vater machte;
Und als ſie jetzt noch funfzehn Kinder zeugte,
Trank er zum drittenmale, als ſie ſtarb.
Adam.
Gut. Das iſt auch nicht uͤbel.
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[56/0062] Wenn es zur Sache nicht gehoͤrt. Uns geht das Loch — nichts die Provinzen an, Die darauf uͤbergeben worden ſind. Frau Marthe. Erlaubt! Wie ſchoͤn der Krug, gehoͤrt zur Sache! — Den Krug erbeutete ſich Childerich, Der Keſſelflicker, als Oranien Briel mit den Waſſergeuſen uͤberrumpelte. Ihn hatt’ ein Spanier, gefuͤllt mit Wein, Juſt an den Mund geſetzt, als Childerich Den Spanier von hinten niederwarf, Den Krug ergriff, ihn leert’, und weiter ging. Adam. Ein wuͤrd’ger Waſſergeuſe. Frau Marthe. Hierauf vererbte Der Krug auf Fuͤrchtegott, den Todtengraͤber; Der trank zu dreimal nur, der Nuͤchterne, Und ſtets vermiſcht mit Waſſer aus dem Krug. Das erſtemal, als er im Sechzigſten Ein junges Weib ſich nahm; drei Jahre drauf, Als ſie noch gluͤcklich ihn zum Vater machte; Und als ſie jetzt noch funfzehn Kinder zeugte, Trank er zum drittenmale, als ſie ſtarb. Adam. Gut. Das iſt auch nicht uͤbel.

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Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/62>, abgerufen am 14.05.2024.