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Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811.

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Frau Marthe.
Drauf fiel der Krug
An den Zachäus, Schneider in Tirlemont,
Der meinem seel'gen Mann, was ich euch jetzt
Berichten will, mit eignem Mund erzählt.
Der warf, als die Franzosen plünderten,
Den Krug, samt allem Hausrath, aus dem Fenster,
Sprang selbst, und brach den Hals, der Ungeschickte,
Und dieser irdne Krug, der Krug von Thon,
Auf's Bein kam er zu stehen, und blieb ganz.
Adam.
Zur Sache, wenns' beliebt, Frau Marthe Rull!
Zur Sache!
Frau Marthe.
Drauf in der Feuersbrunst von Sechs und sechszig,
Da hatt' ihn schon mein Mann, Gott hab' ihn selig --
Adam.
Zum Teufel! Weib! So seid ihr noch nicht fertig?
Frau Marthe.
-- Wenn ich nicht reden soll, Herr Richter Adam,
So bin ich unnütz hier, so will ich gehn,
Und ein Gericht mir suchen, das mich hört.
Walter.
Ihr sollt hier reden: doch von Dingen nicht,
Die eurer Klage fremd. Wenn ihr uns sagt,
Frau Marthe.
Drauf fiel der Krug
An den Zachaͤus, Schneider in Tirlemont,
Der meinem ſeel’gen Mann, was ich euch jetzt
Berichten will, mit eignem Mund erzaͤhlt.
Der warf, als die Franzoſen pluͤnderten,
Den Krug, ſamt allem Hausrath, aus dem Fenſter,
Sprang ſelbſt, und brach den Hals, der Ungeſchickte,
Und dieſer irdne Krug, der Krug von Thon,
Auf’s Bein kam er zu ſtehen, und blieb ganz.
Adam.
Zur Sache, wenns’ beliebt, Frau Marthe Rull!
Zur Sache!
Frau Marthe.
Drauf in der Feuersbrunſt von Sechs und ſechszig,
Da hatt’ ihn ſchon mein Mann, Gott hab’ ihn ſelig —
Adam.
Zum Teufel! Weib! So ſeid ihr noch nicht fertig?
Frau Marthe.
— Wenn ich nicht reden ſoll, Herr Richter Adam,
So bin ich unnuͤtz hier, ſo will ich gehn,
Und ein Gericht mir ſuchen, das mich hoͤrt.
Walter.
Ihr ſollt hier reden: doch von Dingen nicht,
Die eurer Klage fremd. Wenn ihr uns ſagt,
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[57/0063] Frau Marthe. Drauf fiel der Krug An den Zachaͤus, Schneider in Tirlemont, Der meinem ſeel’gen Mann, was ich euch jetzt Berichten will, mit eignem Mund erzaͤhlt. Der warf, als die Franzoſen pluͤnderten, Den Krug, ſamt allem Hausrath, aus dem Fenſter, Sprang ſelbſt, und brach den Hals, der Ungeſchickte, Und dieſer irdne Krug, der Krug von Thon, Auf’s Bein kam er zu ſtehen, und blieb ganz. Adam. Zur Sache, wenns’ beliebt, Frau Marthe Rull! Zur Sache! Frau Marthe. Drauf in der Feuersbrunſt von Sechs und ſechszig, Da hatt’ ihn ſchon mein Mann, Gott hab’ ihn ſelig — Adam. Zum Teufel! Weib! So ſeid ihr noch nicht fertig? Frau Marthe. — Wenn ich nicht reden ſoll, Herr Richter Adam, So bin ich unnuͤtz hier, ſo will ich gehn, Und ein Gericht mir ſuchen, das mich hoͤrt. Walter. Ihr ſollt hier reden: doch von Dingen nicht, Die eurer Klage fremd. Wenn ihr uns ſagt,

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Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/63>, abgerufen am 14.05.2024.