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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

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kleines, und gehört zu den Forcestücken, die
man, bis zulezt, aufspart." --

"Kannst du mir zu dem Sprunge verhel-
fen," sagte er finster, "so ist's gut; sonst
bemühe dich nicht weiter in Lobsprüchen und
Bemerkungen. Ueber die Kunst zu leben ist
mehr als zuviel geschrieben, doch suche ich noch
immer einen Traktat, über die Kunst zu ster-
ben, vergeblich; und ich kann nicht ster-
ben!" --

"O besäßen doch dieses dein Talent manche
von unsern beliebten Schriftstellern!" rief ich
aus, "Ihre Werke könnten dann immerhin
Ephemeren bleiben, wären sie selbst doch un-
sterblich, und könnten ihre ephemerische Schrift-
stellerei ewig fortsetzen, und bis zum jüngsten
Tage beliebt bleiben. Leider aber kommt für
sie die Stunde nur zu früh, in der sie und
ihre Eintagsfliegen mit ihnen sterben müssen.
-- O Freund, könnte ich dich doch in diesem

kleines, und gehoͤrt zu den Forçeſtuͤcken, die
man, bis zulezt, aufſpart.“ —

„Kannſt du mir zu dem Sprunge verhel-
fen,“ ſagte er finſter, „ſo iſt’s gut; ſonſt
bemuͤhe dich nicht weiter in Lobſpruͤchen und
Bemerkungen. Ueber die Kunſt zu leben iſt
mehr als zuviel geſchrieben, doch ſuche ich noch
immer einen Traktat, uͤber die Kunſt zu ſter-
ben, vergeblich; und ich kann nicht ſter-
ben!“ —

„O beſaͤßen doch dieſes dein Talent manche
von unſern beliebten Schriftſtellern!“ rief ich
aus, „Ihre Werke koͤnnten dann immerhin
Ephemeren bleiben, waͤren ſie ſelbſt doch un-
ſterblich, und koͤnnten ihre ephemeriſche Schrift-
ſtellerei ewig fortſetzen, und bis zum juͤngſten
Tage beliebt bleiben. Leider aber kommt fuͤr
ſie die Stunde nur zu fruͤh, in der ſie und
ihre Eintagsfliegen mit ihnen ſterben muͤſſen.
— O Freund, koͤnnte ich dich doch in dieſem

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[58/0060] kleines, und gehoͤrt zu den Forçeſtuͤcken, die man, bis zulezt, aufſpart.“ — „Kannſt du mir zu dem Sprunge verhel- fen,“ ſagte er finſter, „ſo iſt’s gut; ſonſt bemuͤhe dich nicht weiter in Lobſpruͤchen und Bemerkungen. Ueber die Kunſt zu leben iſt mehr als zuviel geſchrieben, doch ſuche ich noch immer einen Traktat, uͤber die Kunſt zu ſter- ben, vergeblich; und ich kann nicht ſter- ben!“ — „O beſaͤßen doch dieſes dein Talent manche von unſern beliebten Schriftſtellern!“ rief ich aus, „Ihre Werke koͤnnten dann immerhin Ephemeren bleiben, waͤren ſie ſelbſt doch un- ſterblich, und koͤnnten ihre ephemeriſche Schrift- ſtellerei ewig fortſetzen, und bis zum juͤngſten Tage beliebt bleiben. Leider aber kommt fuͤr ſie die Stunde nur zu fruͤh, in der ſie und ihre Eintagsfliegen mit ihnen ſterben muͤſſen. — O Freund, koͤnnte ich dich doch in dieſem

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Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/60>, abgerufen am 24.11.2024.