Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

"Im Grund, kann ich wohlfeiler zum Edel-
"mann kommen? Wird es nicht ein Nagel
"am Sarge des Schöppen werden? Und
"was werden die Bürger nicht sagen, wenn
"sie sehen, daß seine Kaiserliche Majestät mich
"so zu schätzen weiß? Werde ich mich nicht
"der ganzen Regierung bemächtigen, und
"es allen denen vergelten, die mich beleidigt
"haben? Ho! ho! Bürgermeister, sey kein
"Narr! die Gelegenheit hat nur an der
"Stirne Haare, hinten ist sie kahl. Greife
"zu! Der Mann ist nur das, was er in
"den Augen der Welt scheint. Wer sieht es
"dem Edelmann an, wie er's geworden ist --
"aber meine Frau, die wird sich dagegen setzen,
"ich kenne schon die sächsische Ziererey" --

In diesem Augenblick trat sie herein, um
zu erfahren, was der vornehme Herr ihm
allein vertraut hätte. Er sah sie schalk-
haft, doch etwas verlegen an:

"Wie, Mäuschen, wenn ich dich heute
"noch zur Edelfrau machte?

Sie.

„Im Grund, kann ich wohlfeiler zum Edel-
„mann kommen? Wird es nicht ein Nagel
„am Sarge des Schoͤppen werden? Und
„was werden die Buͤrger nicht ſagen, wenn
„ſie ſehen, daß ſeine Kaiſerliche Majeſtaͤt mich
„ſo zu ſchaͤtzen weiß? Werde ich mich nicht
„der ganzen Regierung bemaͤchtigen, und
„es allen denen vergelten, die mich beleidigt
„haben? Ho! ho! Buͤrgermeiſter, ſey kein
„Narr! die Gelegenheit hat nur an der
„Stirne Haare, hinten iſt ſie kahl. Greife
„zu! Der Mann iſt nur das, was er in
„den Augen der Welt ſcheint. Wer ſieht es
„dem Edelmann an, wie er’s geworden iſt —
„aber meine Frau, die wird ſich dagegen ſetzen,
„ich kenne ſchon die ſaͤchſiſche Ziererey“ —

In dieſem Augenblick trat ſie herein, um
zu erfahren, was der vornehme Herr ihm
allein vertraut haͤtte. Er ſah ſie ſchalk-
haft, doch etwas verlegen an:

„Wie, Maͤuschen, wenn ich dich heute
„noch zur Edelfrau machte?

Sie.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0111" n="100"/>
&#x201E;Im Grund, kann ich wohlfeiler zum Edel-<lb/>
&#x201E;mann kommen? Wird es nicht ein Nagel<lb/>
&#x201E;am Sarge des Scho&#x0364;ppen werden? Und<lb/>
&#x201E;was werden die Bu&#x0364;rger nicht &#x017F;agen, wenn<lb/>
&#x201E;&#x017F;ie &#x017F;ehen, daß &#x017F;eine Kai&#x017F;erliche Maje&#x017F;ta&#x0364;t mich<lb/>
&#x201E;&#x017F;o zu &#x017F;cha&#x0364;tzen weiß? Werde ich mich nicht<lb/>
&#x201E;der ganzen Regierung bema&#x0364;chtigen, und<lb/>
&#x201E;es allen denen vergelten, die mich beleidigt<lb/>
&#x201E;haben? Ho! ho! Bu&#x0364;rgermei&#x017F;ter, &#x017F;ey kein<lb/>
&#x201E;Narr! die Gelegenheit hat nur an der<lb/>
&#x201E;Stirne Haare, hinten i&#x017F;t &#x017F;ie kahl. Greife<lb/>
&#x201E;zu! Der Mann i&#x017F;t nur das, was er in<lb/>
&#x201E;den Augen der Welt &#x017F;cheint. Wer &#x017F;ieht es<lb/>
&#x201E;dem Edelmann an, wie er&#x2019;s geworden i&#x017F;t &#x2014;<lb/>
&#x201E;aber meine Frau, die wird &#x017F;ich dagegen &#x017F;etzen,<lb/>
&#x201E;ich kenne &#x017F;chon die &#x017F;a&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;che Ziererey&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
          <p>In die&#x017F;em Augenblick trat &#x017F;ie herein, um<lb/>
zu erfahren, was der vornehme Herr ihm<lb/>
allein vertraut ha&#x0364;tte. Er &#x017F;ah &#x017F;ie &#x017F;chalk-<lb/>
haft, doch etwas verlegen an:</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wie, Ma&#x0364;uschen, wenn ich dich heute<lb/>
&#x201E;noch zur Edelfrau machte?</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Sie.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0111] „Im Grund, kann ich wohlfeiler zum Edel- „mann kommen? Wird es nicht ein Nagel „am Sarge des Schoͤppen werden? Und „was werden die Buͤrger nicht ſagen, wenn „ſie ſehen, daß ſeine Kaiſerliche Majeſtaͤt mich „ſo zu ſchaͤtzen weiß? Werde ich mich nicht „der ganzen Regierung bemaͤchtigen, und „es allen denen vergelten, die mich beleidigt „haben? Ho! ho! Buͤrgermeiſter, ſey kein „Narr! die Gelegenheit hat nur an der „Stirne Haare, hinten iſt ſie kahl. Greife „zu! Der Mann iſt nur das, was er in „den Augen der Welt ſcheint. Wer ſieht es „dem Edelmann an, wie er’s geworden iſt — „aber meine Frau, die wird ſich dagegen ſetzen, „ich kenne ſchon die ſaͤchſiſche Ziererey“ — In dieſem Augenblick trat ſie herein, um zu erfahren, was der vornehme Herr ihm allein vertraut haͤtte. Er ſah ſie ſchalk- haft, doch etwas verlegen an: „Wie, Maͤuschen, wenn ich dich heute „noch zur Edelfrau machte? Sie.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/111
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/111>, abgerufen am 10.05.2024.