Der Bischof sah ihn verdrießlich an, ließ den Haushofmeister rufen, und fragte ihn: "He, was ist denn das mit dem Bauern da, "der sich wie ein Narr den Hals abge- "schnitten hat?"
Der Haushofmeister lächelte, erzählte die Geschichte wie Faust, und sezte hinzu: "Ich "habe ihm darum das fette Kalb genom- "men, weil es eine Zierde eurer Tafel, und "für die Frankfurther, denen er's verkau- "fen wollte, zu gut ist. Der Amtmann "hat ihn gepfändet, weil er immer ein schlech- "ter Wirth war, und seit drey Jahren sei- "ne Gebühren nicht bezahlt hat. So ver- "hält sich's gnädiger Herr, und wahrlich "kein Bauer soll mir etwas Gutes aus dem "Lande führen!"
Bischof. Da hast du recht. -- zu Faust. Was wollt ihr nun? Ihr seht doch, daß er wohlgethan hat, dem Bauer das Kalb zu nehmen; oder meint ihr, die Frank- further Bürger sollten die fetten Kälber meines Landes fressen, und ich die magern?
Faust
Der Biſchof ſah ihn verdrießlich an, ließ den Haushofmeiſter rufen, und fragte ihn: „He, was iſt denn das mit dem Bauern da, „der ſich wie ein Narr den Hals abge- „ſchnitten hat?“
Der Haushofmeiſter laͤchelte, erzaͤhlte die Geſchichte wie Fauſt, und ſezte hinzu: „Ich „habe ihm darum das fette Kalb genom- „men, weil es eine Zierde eurer Tafel, und „fuͤr die Frankfurther, denen er’s verkau- „fen wollte, zu gut iſt. Der Amtmann „hat ihn gepfaͤndet, weil er immer ein ſchlech- „ter Wirth war, und ſeit drey Jahren ſei- „ne Gebuͤhren nicht bezahlt hat. So ver- „haͤlt ſich’s gnaͤdiger Herr, und wahrlich „kein Bauer ſoll mir etwas Gutes aus dem „Lande fuͤhren!“
Biſchof. Da haſt du recht. — zu Fauſt. Was wollt ihr nun? Ihr ſeht doch, daß er wohlgethan hat, dem Bauer das Kalb zu nehmen; oder meint ihr, die Frank- further Buͤrger ſollten die fetten Kaͤlber meines Landes freſſen, und ich die magern?
Fauſt
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Der Biſchof ſah ihn verdrießlich an, ließ
den Haushofmeiſter rufen, und fragte ihn:
„He, was iſt denn das mit dem Bauern da,
„der ſich wie ein Narr den Hals abge-
„ſchnitten hat?“
Der Haushofmeiſter laͤchelte, erzaͤhlte die
Geſchichte wie Fauſt, und ſezte hinzu: „Ich
„habe ihm darum das fette Kalb genom-
„men, weil es eine Zierde eurer Tafel, und
„fuͤr die Frankfurther, denen er’s verkau-
„fen wollte, zu gut iſt. Der Amtmann
„hat ihn gepfaͤndet, weil er immer ein ſchlech-
„ter Wirth war, und ſeit drey Jahren ſei-
„ne Gebuͤhren nicht bezahlt hat. So ver-
„haͤlt ſich’s gnaͤdiger Herr, und wahrlich
„kein Bauer ſoll mir etwas Gutes aus dem
„Lande fuͤhren!“
Biſchof. Da haſt du recht. — zu
Fauſt. Was wollt ihr nun? Ihr ſeht doch,
daß er wohlgethan hat, dem Bauer das
Kalb zu nehmen; oder meint ihr, die Frank-
further Buͤrger ſollten die fetten Kaͤlber
meines Landes freſſen, und ich die magern?
Fauſt
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/170>, abgerufen am 16.02.2025.
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