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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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glänzender Schild der Tugend, an wem sich
alle Versuchungen, alle irrdische und sinnli-
che Gefühle zerschlügen. Ihre Nase wittere
die Gefilde der Unsterblichen. Sie sey das
Ideal der Schönheit, und aller der Tugen-
den die diese begleiten, wenn die Gottheit
eine vollkommen schöne Seele dem Auge des
Fleisches sichtbar machen wollte.

Faust. Ihr mahlt warlich nicht mit Far-
ben der Erde; aber sagt mir nun auch etwas
von ihren irrdischen Verhältnissen.

Späher. Diese sind freylich nicht so glän-
zend wie die erstern, aber doch hinreichend
ihre Ausübung nicht zu stöhren.

Faust. Und sie heißt?

Späher. Angelika.

Sie schrieben Worte ohne Sinn auf ein
Blatt, und der Späher verschwand ver-
gnügt mit seinem Schatz.

Faust. Teufel, wie meinst du daß dem
frommen Kinde beyzukommen sey? Ich bin
nun recht in der Laune, das Ideal dieses
Sehers zu verpfuschen.

Teufel.

glaͤnzender Schild der Tugend, an wem ſich
alle Verſuchungen, alle irrdiſche und ſinnli-
che Gefuͤhle zerſchluͤgen. Ihre Naſe wittere
die Gefilde der Unſterblichen. Sie ſey das
Ideal der Schoͤnheit, und aller der Tugen-
den die dieſe begleiten, wenn die Gottheit
eine vollkommen ſchoͤne Seele dem Auge des
Fleiſches ſichtbar machen wollte.

Fauſt. Ihr mahlt warlich nicht mit Far-
ben der Erde; aber ſagt mir nun auch etwas
von ihren irrdiſchen Verhaͤltniſſen.

Spaͤher. Dieſe ſind freylich nicht ſo glaͤn-
zend wie die erſtern, aber doch hinreichend
ihre Ausuͤbung nicht zu ſtoͤhren.

Fauſt. Und ſie heißt?

Spaͤher. Angelika.

Sie ſchrieben Worte ohne Sinn auf ein
Blatt, und der Spaͤher verſchwand ver-
gnuͤgt mit ſeinem Schatz.

Fauſt. Teufel, wie meinſt du daß dem
frommen Kinde beyzukommen ſey? Ich bin
nun recht in der Laune, das Ideal dieſes
Sehers zu verpfuſchen.

Teufel.
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[222/0233] glaͤnzender Schild der Tugend, an wem ſich alle Verſuchungen, alle irrdiſche und ſinnli- che Gefuͤhle zerſchluͤgen. Ihre Naſe wittere die Gefilde der Unſterblichen. Sie ſey das Ideal der Schoͤnheit, und aller der Tugen- den die dieſe begleiten, wenn die Gottheit eine vollkommen ſchoͤne Seele dem Auge des Fleiſches ſichtbar machen wollte. Fauſt. Ihr mahlt warlich nicht mit Far- ben der Erde; aber ſagt mir nun auch etwas von ihren irrdiſchen Verhaͤltniſſen. Spaͤher. Dieſe ſind freylich nicht ſo glaͤn- zend wie die erſtern, aber doch hinreichend ihre Ausuͤbung nicht zu ſtoͤhren. Fauſt. Und ſie heißt? Spaͤher. Angelika. Sie ſchrieben Worte ohne Sinn auf ein Blatt, und der Spaͤher verſchwand ver- gnuͤgt mit ſeinem Schatz. Fauſt. Teufel, wie meinſt du daß dem frommen Kinde beyzukommen ſey? Ich bin nun recht in der Laune, das Ideal dieſes Sehers zu verpfuſchen. Teufel.

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/233>, abgerufen am 21.11.2024.