Teufel. Auf der graden Heerstraße zu dem menschlichen Herzen, Faust, darauf wird sie dir gewiß begegnen; denn früh oder spät muß jeder dahin einlenken, seine Phan- tasie mag ihn noch so weit davon entfernt haben.
Faust. Es muß ein reizender Genuß seyn, eine solche zugespitzte Einbildungskraft mit Bildern der Wollust zu füllen.
Teufel. Der Mönch hat dir schon vorge- arbeitet, und ihre Sinnlichkeit so geschärft, ihr Seelchen mit so viel Eitelkeit und Selbst- vertrauen angefüllt, ihre Frömmigkeit so sinnlich gemacht, daß es weiter nichts er- fordert, als gehörig an dem Herzen anzuklo- pfen, um sich als würklichern Gegenstand der Schwärmerey hineinzunisten. Laß mich eine Probe machen, zu was Schwärmerey die Weiber endlich führt.
Faust. Und schnell! Ich habe bey Non- nen gelegen, und sie wie andre Weiber ge- funden, laß mich nun sehen, wie sich eine Schwärmerin dabey gebehrdet.
10.
Teufel. Auf der graden Heerſtraße zu dem menſchlichen Herzen, Fauſt, darauf wird ſie dir gewiß begegnen; denn fruͤh oder ſpaͤt muß jeder dahin einlenken, ſeine Phan- taſie mag ihn noch ſo weit davon entfernt haben.
Fauſt. Es muß ein reizender Genuß ſeyn, eine ſolche zugeſpitzte Einbildungskraft mit Bildern der Wolluſt zu fuͤllen.
Teufel. Der Moͤnch hat dir ſchon vorge- arbeitet, und ihre Sinnlichkeit ſo geſchaͤrft, ihr Seelchen mit ſo viel Eitelkeit und Selbſt- vertrauen angefuͤllt, ihre Froͤmmigkeit ſo ſinnlich gemacht, daß es weiter nichts er- fordert, als gehoͤrig an dem Herzen anzuklo- pfen, um ſich als wuͤrklichern Gegenſtand der Schwaͤrmerey hineinzuniſten. Laß mich eine Probe machen, zu was Schwaͤrmerey die Weiber endlich fuͤhrt.
Fauſt. Und ſchnell! Ich habe bey Non- nen gelegen, und ſie wie andre Weiber ge- funden, laß mich nun ſehen, wie ſich eine Schwaͤrmerin dabey gebehrdet.
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Teufel. Auf der graden Heerſtraße zu
dem menſchlichen Herzen, Fauſt, darauf
wird ſie dir gewiß begegnen; denn fruͤh oder
ſpaͤt muß jeder dahin einlenken, ſeine Phan-
taſie mag ihn noch ſo weit davon entfernt
haben.
Fauſt. Es muß ein reizender Genuß ſeyn,
eine ſolche zugeſpitzte Einbildungskraft mit
Bildern der Wolluſt zu fuͤllen.
Teufel. Der Moͤnch hat dir ſchon vorge-
arbeitet, und ihre Sinnlichkeit ſo geſchaͤrft,
ihr Seelchen mit ſo viel Eitelkeit und Selbſt-
vertrauen angefuͤllt, ihre Froͤmmigkeit ſo
ſinnlich gemacht, daß es weiter nichts er-
fordert, als gehoͤrig an dem Herzen anzuklo-
pfen, um ſich als wuͤrklichern Gegenſtand
der Schwaͤrmerey hineinzuniſten. Laß mich
eine Probe machen, zu was Schwaͤrmerey
die Weiber endlich fuͤhrt.
Fauſt. Und ſchnell! Ich habe bey Non-
nen gelegen, und ſie wie andre Weiber ge-
funden, laß mich nun ſehen, wie ſich eine
Schwaͤrmerin dabey gebehrdet.
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/234>, abgerufen am 21.11.2024.
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