Faust. Daß sie schlecht genug waren, ihn zum Papst zu machen, begreife ich, aber wie sie ihn ertragen, dies geht über meine Fas- sung.
Teufel. Die Römer sind sehr wohl mit ihm zufrieden. Er sorgt für den Pöbel, mordet, plündert die Großen, und wird durch seine Verbrechen den päpstlichen Stuhl mehr in die Höhe bringen, als alle seine Vor- gänger. Können sie wohl einen bessern Papst wünschen, als einen, der ihre Laster durch sein eignes Beyspiel heiligt? der ih- nen noch über die Indulgenzen, durch sei- ne Thaten beweist, daß der Mensch vor kei- ner Sünde erschrecken muß.
12.
Der Papst hatte seinen ältesten Bastard Francisco, in einem Konsistorium zum Ge- neral des heiligen Stuhls gemacht, und der Kardinal faßte in demselben Augenblick den Entschluß, seinen Bruder auf die Seite zu schaffen, um seinem Ehrgeiz ein weiteres
Feld
U 3
Fauſt. Daß ſie ſchlecht genug waren, ihn zum Papſt zu machen, begreife ich, aber wie ſie ihn ertragen, dies geht uͤber meine Faſ- ſung.
Teufel. Die Roͤmer ſind ſehr wohl mit ihm zufrieden. Er ſorgt fuͤr den Poͤbel, mordet, pluͤndert die Großen, und wird durch ſeine Verbrechen den paͤpſtlichen Stuhl mehr in die Hoͤhe bringen, als alle ſeine Vor- gaͤnger. Koͤnnen ſie wohl einen beſſern Papſt wuͤnſchen, als einen, der ihre Laſter durch ſein eignes Beyſpiel heiligt? der ih- nen noch uͤber die Indulgenzen, durch ſei- ne Thaten beweiſt, daß der Menſch vor kei- ner Suͤnde erſchrecken muß.
12.
Der Papſt hatte ſeinen aͤlteſten Baſtard Francisco, in einem Konſiſtorium zum Ge- neral des heiligen Stuhls gemacht, und der Kardinal faßte in demſelben Augenblick den Entſchluß, ſeinen Bruder auf die Seite zu ſchaffen, um ſeinem Ehrgeiz ein weiteres
Feld
U 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0320"n="309"/><p><hirendition="#fr">Fauſt</hi>. Daß ſie ſchlecht genug waren, ihn<lb/>
zum Papſt zu machen, begreife ich, aber wie<lb/>ſie ihn ertragen, dies geht uͤber meine Faſ-<lb/>ſung.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Teufel</hi>. Die Roͤmer ſind ſehr wohl mit<lb/>
ihm zufrieden. Er ſorgt fuͤr den Poͤbel,<lb/>
mordet, pluͤndert die Großen, und wird<lb/>
durch ſeine Verbrechen den paͤpſtlichen Stuhl<lb/>
mehr in die Hoͤhe bringen, als alle ſeine Vor-<lb/>
gaͤnger. Koͤnnen ſie wohl einen beſſern<lb/>
Papſt wuͤnſchen, als einen, der ihre Laſter<lb/>
durch ſein eignes Beyſpiel heiligt? der ih-<lb/>
nen noch uͤber die Indulgenzen, durch ſei-<lb/>
ne Thaten beweiſt, daß der Menſch vor kei-<lb/>
ner Suͤnde erſchrecken muß.</p></div><lb/><divn="2"><head>12.</head><lb/><p>Der Papſt hatte ſeinen aͤlteſten Baſtard<lb/>
Francisco, in einem Konſiſtorium zum Ge-<lb/>
neral des heiligen Stuhls gemacht, und<lb/>
der Kardinal faßte in demſelben Augenblick<lb/>
den Entſchluß, ſeinen Bruder auf die Seite<lb/>
zu ſchaffen, um ſeinem Ehrgeiz ein weiteres<lb/><fwplace="bottom"type="sig">U 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Feld</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[309/0320]
Fauſt. Daß ſie ſchlecht genug waren, ihn
zum Papſt zu machen, begreife ich, aber wie
ſie ihn ertragen, dies geht uͤber meine Faſ-
ſung.
Teufel. Die Roͤmer ſind ſehr wohl mit
ihm zufrieden. Er ſorgt fuͤr den Poͤbel,
mordet, pluͤndert die Großen, und wird
durch ſeine Verbrechen den paͤpſtlichen Stuhl
mehr in die Hoͤhe bringen, als alle ſeine Vor-
gaͤnger. Koͤnnen ſie wohl einen beſſern
Papſt wuͤnſchen, als einen, der ihre Laſter
durch ſein eignes Beyſpiel heiligt? der ih-
nen noch uͤber die Indulgenzen, durch ſei-
ne Thaten beweiſt, daß der Menſch vor kei-
ner Suͤnde erſchrecken muß.
12.
Der Papſt hatte ſeinen aͤlteſten Baſtard
Francisco, in einem Konſiſtorium zum Ge-
neral des heiligen Stuhls gemacht, und
der Kardinal faßte in demſelben Augenblick
den Entſchluß, ſeinen Bruder auf die Seite
zu ſchaffen, um ſeinem Ehrgeiz ein weiteres
Feld
U 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/320>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.