Feld zu eröfnen. Seine Mutter Vanosa, hatte ihm vertraut: die Absicht des Papsts sey, dem Herzoge auf den Ruinen der Für- sten Italiens, einen Thron zu errichten, und durch ihn, als den Erstgebohrnen, alle die Anschläge zur Vergrößerung seiner Familie, auszuführen. Der Kardinal, der die Meu- chelmörder zu hunderten in seinem Solde hatte, ließ seinen getreuen Dom Michellotto aufsuchen, und hielt folgende Rede an ihn:
"Wackrer Michellotto, es sind nun "schon fünf Jahre, daß mein Vater auf "dem päpstlichen Stuhl sizt, und noch bin "ich das nicht, was ich seyn könnte, wenn "wir unsre Geschäfte etwas klüger betrie- "ben hätten. Er hat mich zum Erzbischof, "endlich zum Kardinal gemacht; aber was "ist dieses für einen nach Thaten und Ruhm "strebenden Geist? Kaum reichen meine "Einkünfte zu dem Nöthigen hin, und ich "bin unvermögend Freunde, die mir we- "sentliche Dienste thun, nach dem Wunsche "meines Herzens zu belohnen. Bist du,
"Michel-
Feld zu eroͤfnen. Seine Mutter Vanoſa, hatte ihm vertraut: die Abſicht des Papſts ſey, dem Herzoge auf den Ruinen der Fuͤr- ſten Italiens, einen Thron zu errichten, und durch ihn, als den Erſtgebohrnen, alle die Anſchlaͤge zur Vergroͤßerung ſeiner Familie, auszufuͤhren. Der Kardinal, der die Meu- chelmoͤrder zu hunderten in ſeinem Solde hatte, ließ ſeinen getreuen Dom Michellotto aufſuchen, und hielt folgende Rede an ihn:
„Wackrer Michellotto, es ſind nun „ſchon fuͤnf Jahre, daß mein Vater auf „dem paͤpſtlichen Stuhl ſizt, und noch bin „ich das nicht, was ich ſeyn koͤnnte, wenn „wir unſre Geſchaͤfte etwas kluͤger betrie- „ben haͤtten. Er hat mich zum Erzbiſchof, „endlich zum Kardinal gemacht; aber was „iſt dieſes fuͤr einen nach Thaten und Ruhm „ſtrebenden Geiſt? Kaum reichen meine „Einkuͤnfte zu dem Noͤthigen hin, und ich „bin unvermoͤgend Freunde, die mir we- „ſentliche Dienſte thun, nach dem Wunſche „meines Herzens zu belohnen. Biſt du,
„Michel-
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Feld zu eroͤfnen. Seine Mutter Vanoſa,
hatte ihm vertraut: die Abſicht des Papſts
ſey, dem Herzoge auf den Ruinen der Fuͤr-
ſten Italiens, einen Thron zu errichten, und
durch ihn, als den Erſtgebohrnen, alle die
Anſchlaͤge zur Vergroͤßerung ſeiner Familie,
auszufuͤhren. Der Kardinal, der die Meu-
chelmoͤrder zu hunderten in ſeinem Solde
hatte, ließ ſeinen getreuen Dom Michellotto
aufſuchen, und hielt folgende Rede an ihn:
„Wackrer Michellotto, es ſind nun
„ſchon fuͤnf Jahre, daß mein Vater auf
„dem paͤpſtlichen Stuhl ſizt, und noch bin
„ich das nicht, was ich ſeyn koͤnnte, wenn
„wir unſre Geſchaͤfte etwas kluͤger betrie-
„ben haͤtten. Er hat mich zum Erzbiſchof,
„endlich zum Kardinal gemacht; aber was
„iſt dieſes fuͤr einen nach Thaten und Ruhm
„ſtrebenden Geiſt? Kaum reichen meine
„Einkuͤnfte zu dem Noͤthigen hin, und ich
„bin unvermoͤgend Freunde, die mir we-
„ſentliche Dienſte thun, nach dem Wunſche
„meines Herzens zu belohnen. Biſt du,
„Michel-
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/321>, abgerufen am 22.11.2024.
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