"Michellotto, nicht selbst ein Beweis davon? "Sage, hab' ich etwas von der großen "Schuld abtragen können, die deine Dien- "ste an mich einfordern können? Sollen "wir denn immer nur stille sitzen, und ab- "warten, bis Glück oder Zufall etwas für "die thun wollen, die es nicht wagen, sich "zu ihrem Herrn und Meister zu machen? "denkst du, ein Leben, das ich im Consisto- "rium und der Kirche hinschmachte, sey für "einen Geist, wie der meine, gemacht? Bin "ich für diese Pfaffereyen gebohren? Hätte "die Natur, ich weiß nicht warum, meinen "Bruder Francisco, nicht vor mir, in die "Welt gestoßen, würden nicht alle die Eh- "renstellen, wodurch man allein große Aus- "sichten befördern kann, auf mich gefallen "seyn? Würdest du, braver Michellotto, "noch das seyn, was du bist? Weiß mein "Bruder die Vortheile zu nutzen, die ihm "der Papst und das Glück darbieten? Laß "mich an seine Stelle treten, und mein Na- "me soll bald durch ganz Europa erschallen!
"Mich
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„Michellotto, nicht ſelbſt ein Beweis davon? „Sage, hab’ ich etwas von der großen „Schuld abtragen koͤnnen, die deine Dien- „ſte an mich einfordern koͤnnen? Sollen „wir denn immer nur ſtille ſitzen, und ab- „warten, bis Gluͤck oder Zufall etwas fuͤr „die thun wollen, die es nicht wagen, ſich „zu ihrem Herrn und Meiſter zu machen? „denkſt du, ein Leben, das ich im Conſiſto- „rium und der Kirche hinſchmachte, ſey fuͤr „einen Geiſt, wie der meine, gemacht? Bin „ich fuͤr dieſe Pfaffereyen gebohren? Haͤtte „die Natur, ich weiß nicht warum, meinen „Bruder Francisco, nicht vor mir, in die „Welt geſtoßen, wuͤrden nicht alle die Eh- „renſtellen, wodurch man allein große Aus- „ſichten befoͤrdern kann, auf mich gefallen „ſeyn? Wuͤrdeſt du, braver Michellotto, „noch das ſeyn, was du biſt? Weiß mein „Bruder die Vortheile zu nutzen, die ihm „der Papſt und das Gluͤck darbieten? Laß „mich an ſeine Stelle treten, und mein Na- „me ſoll bald durch ganz Europa erſchallen!
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„Michellotto, nicht ſelbſt ein Beweis davon?
„Sage, hab’ ich etwas von der großen
„Schuld abtragen koͤnnen, die deine Dien-
„ſte an mich einfordern koͤnnen? Sollen
„wir denn immer nur ſtille ſitzen, und ab-
„warten, bis Gluͤck oder Zufall etwas fuͤr
„die thun wollen, die es nicht wagen, ſich
„zu ihrem Herrn und Meiſter zu machen?
„denkſt du, ein Leben, das ich im Conſiſto-
„rium und der Kirche hinſchmachte, ſey fuͤr
„einen Geiſt, wie der meine, gemacht? Bin
„ich fuͤr dieſe Pfaffereyen gebohren? Haͤtte
„die Natur, ich weiß nicht warum, meinen
„Bruder Francisco, nicht vor mir, in die
„Welt geſtoßen, wuͤrden nicht alle die Eh-
„renſtellen, wodurch man allein große Aus-
„ſichten befoͤrdern kann, auf mich gefallen
„ſeyn? Wuͤrdeſt du, braver Michellotto,
„noch das ſeyn, was du biſt? Weiß mein
„Bruder die Vortheile zu nutzen, die ihm
„der Papſt und das Gluͤck darbieten? Laß
„mich an ſeine Stelle treten, und mein Na-
„me ſoll bald durch ganz Europa erſchallen!
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/322>, abgerufen am 22.11.2024.
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