Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Erstes Buch. schweben meine Lebens-Geister schon um deinenSchatten/ weil mein Lebens-Schiff nothwendig scheitern muß/ nachdem du als mein Ancker zer- brochen bist. Doch ach! Liebster Printz! was beweget dich zu diesem Zweifelmuth/ daß du mir die Freyheit nach deinem Tode erlauben wilst/ deine kalte Stelle mit einem andern zu ersetzen? Nein/ nein englischer Printz/ wahre Liebe trotzet den Tod/ und ihre Fackel brennet auch in dem Sarge; ja die Liebe ist das ewig-währende Feuer/ welches viel Kunstverständige anzuzünden sich vergebens bemühet haben. Die Liebe/ welche die Götter mit den Menschen und die Erde mit dem Himmel verbunden hat/ wird zwar durch des Todes Pfeil verwundet/ aber nicht getödtet/ ihre Glut wird nicht ausgelöscht/ es mögen auch die Winde der sterbenden Zufälle rasen/ wie sie immer wollen. Derowegen soll auch dir/ nun- mehro unsterblicher Printz/ meine unsterbliche Liebe gewiedmet/ und dieser irrdische Leib ein ewi- ges Opffer der göttlichen Keuschheit seyn und ver- bleiben. Ja ich will meine Gelübde vor einen brennenden (+) Deweta leisten/ daß meine See- le in unverrückter Treue deine Seele begleiten/ und mein Leib/ biß zu gesetztem Lebens-Ziel/ in ste- ter Einsamkeit/ sein Auge vor fremder Liebe be- wah- (+) Dewetaes heist bey denen Asiatischen Völckern Götter/ und halten sie das Feuer auch vor einen Dewe- ta/ bey welchem sie ihre Eyde ablegen und schweren. Roger. Heydenthum p. 184. H
Erſtes Buch. ſchweben meine Lebens-Geiſter ſchon um deinenSchatten/ weil mein Lebens-Schiff nothwendig ſcheitern muß/ nachdem du als mein Ancker zer- brochen biſt. Doch ach! Liebſter Printz! was beweget dich zu dieſem Zweifelmuth/ daß du mir die Freyheit nach deinem Tode erlauben wilſt/ deine kalte Stelle mit einem andern zu erſetzen? Nein/ nein engliſcher Printz/ wahre Liebe trotzet den Tod/ und ihre Fackel brennet auch in dem Sarge; ja die Liebe iſt das ewig-waͤhrende Feuer/ welches viel Kunſtverſtaͤndige anzuzuͤnden ſich vergebens bemuͤhet haben. Die Liebe/ welche die Goͤtter mit den Menſchen und die Erde mit dem Himmel verbunden hat/ wird zwar durch des Todes Pfeil verwundet/ aber nicht getoͤdtet/ ihre Glut wird nicht ausgeloͤſcht/ es moͤgen auch die Winde der ſterbenden Zufaͤlle raſen/ wie ſie immer wollen. Derowegen ſoll auch dir/ nun- mehro unſterblicher Printz/ meine unſterbliche Liebe gewiedmet/ und dieſer irrdiſche Leib ein ewi- ges Opffer der goͤttlichen Keuſchheit ſeyn und ver- bleiben. Ja ich will meine Geluͤbde vor einen brennenden (†) Deweta leiſten/ daß meine See- le in unverruͤckter Treue deine Seele begleiten/ und mein Leib/ biß zu geſetztem Lebens-Ziel/ in ſte- ter Einſamkeit/ ſein Auge vor fremder Liebe be- wah- (†) Dewetaes heiſt bey denen Aſiatiſchen Voͤlckern Goͤtter/ und halten ſie das Feuer auch vor einen Dewe- ta/ bey welchem ſie ihre Eyde ablegen und ſchweren. Roger. Heydenthum p. 184. H
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Erſtes Buch.
ſchweben meine Lebens-Geiſter ſchon um deinen
Schatten/ weil mein Lebens-Schiff nothwendig
ſcheitern muß/ nachdem du als mein Ancker zer-
brochen biſt. Doch ach! Liebſter Printz! was
beweget dich zu dieſem Zweifelmuth/ daß du mir
die Freyheit nach deinem Tode erlauben wilſt/
deine kalte Stelle mit einem andern zu erſetzen?
Nein/ nein engliſcher Printz/ wahre Liebe trotzet
den Tod/ und ihre Fackel brennet auch in dem
Sarge; ja die Liebe iſt das ewig-waͤhrende Feuer/
welches viel Kunſtverſtaͤndige anzuzuͤnden ſich
vergebens bemuͤhet haben. Die Liebe/ welche
die Goͤtter mit den Menſchen und die Erde mit
dem Himmel verbunden hat/ wird zwar durch
des Todes Pfeil verwundet/ aber nicht getoͤdtet/
ihre Glut wird nicht ausgeloͤſcht/ es moͤgen auch
die Winde der ſterbenden Zufaͤlle raſen/ wie ſie
immer wollen. Derowegen ſoll auch dir/ nun-
mehro unſterblicher Printz/ meine unſterbliche
Liebe gewiedmet/ und dieſer irrdiſche Leib ein ewi-
ges Opffer der goͤttlichen Keuſchheit ſeyn und ver-
bleiben. Ja ich will meine Geluͤbde vor einen
brennenden (†) Deweta leiſten/ daß meine See-
le in unverruͤckter Treue deine Seele begleiten/
und mein Leib/ biß zu geſetztem Lebens-Ziel/ in ſte-
ter Einſamkeit/ ſein Auge vor fremder Liebe be-
wah-
(†) Dewetaes heiſt bey denen Aſiatiſchen Voͤlckern
Goͤtter/ und halten ſie das Feuer auch vor einen Dewe-
ta/ bey welchem ſie ihre Eyde ablegen und ſchweren.
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