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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Erstes Buch.
Liebe gantz verjüngt befinde. Jch gebe dir Bey-
fall/ und verspreche dir Krafft meiner alten Liebe
möglichen Beystand. Nur siehe zu/ daß du nicht
alleine liebest/ sondern auch geliebet werdest/ wo-
von du doch noch nicht das geringste Zeichen ab-
nehmen können. Ach ja/ liebe Frau Mutter/
tröstete sich Lorangy/ ich habe es sattsam verspüh-
ret/ daß sein Gemüthe durch meine Anmuth so
sehr/ als der Leib/ verwundet sey. Massen er al-
sobald/ als er mich nur erblickte/ tieff feufftzete/ und
mir gantz sanffte die Hand druckte. Ein ver-
liebtes Hertze/ wiederredete die Alte/ hält ieden
Sonnenblick vor einen Sommertag; allein
nimm dich in acht/ und wisse/ daß ich dich aus
Erfahrung lehren könne. Der flüchtige Mer-
cur ist öffrers denen Männern ins Hertze ge-
prägt. Das Gegenwärtige küssen sie/ und das
Entfernte meinen sie. So alber sind wir theils/
wenn wir einer guten Mine gewahr werden/
so bilden wir uns ein/ es sind lauter Stricke/ wel-
che uns und sie verbinden. Ein falscher Schwur
ist uns so gewiß/ als tausend Eyde. Ein gemahltes
Fünckgen kan uns in volle Flamme setzen/ daß
wir auff den Hochzeit-Schmuck bedacht seyn/
ehe noch von einiger Bewilligung geredet worden/
wir werden öffters vor der Zeit allzu treuhertzig/
und lassen uns fangen/ ehe der Jäger auff die
Jagd zeucht. Ja was das ärgste/ den ersten Be-
trug/ der uns mit gespielet worden/ nennen wir ei-
nen Zufall: den andern ein Unglück/ und lassen

kaum
J 5

Erſtes Buch.
Liebe gantz verjuͤngt befinde. Jch gebe dir Bey-
fall/ und verſpreche dir Krafft meiner alten Liebe
moͤglichen Beyſtand. Nur ſiehe zu/ daß du nicht
alleine liebeſt/ ſondern auch geliebet werdeſt/ wo-
von du doch noch nicht das geringſte Zeichen ab-
nehmen koͤnnen. Ach ja/ liebe Frau Mutter/
troͤſtete ſich Lorangy/ ich habe es ſattſam verſpuͤh-
ret/ daß ſein Gemuͤthe durch meine Anmuth ſo
ſehr/ als der Leib/ verwundet ſey. Maſſen er al-
ſobald/ als er mich nur erblickte/ tieff feufftzete/ und
mir gantz ſanffte die Hand druckte. Ein ver-
liebtes Hertze/ wiederredete die Alte/ haͤlt ieden
Sonnenblick vor einen Sommertag; allein
nimm dich in acht/ und wiſſe/ daß ich dich aus
Erfahrung lehren koͤnne. Der fluͤchtige Mer-
cur iſt oͤffrers denen Maͤnnern ins Hertze ge-
praͤgt. Das Gegenwaͤrtige kuͤſſen ſie/ und das
Entfernte meinen ſie. So alber ſind wir theils/
wenn wir einer guten Mine gewahr werden/
ſo bilden wir uns ein/ es ſind lauter Stricke/ wel-
che uns und ſie verbinden. Ein falſcher Schwur
iſt uns ſo gewiß/ als tauſend Eyde. Ein gemahltes
Fuͤnckgen kan uns in volle Flamme ſetzen/ daß
wir auff den Hochzeit-Schmuck bedacht ſeyn/
ehe noch von einiger Bewilligung geredet worden/
wir werden oͤffters vor der Zeit allzu treuhertzig/
und laſſen uns fangen/ ehe der Jaͤger auff die
Jagd zeucht. Ja was das aͤrgſte/ den erſten Be-
trug/ der uns mit geſpielet worden/ nennen wir ei-
nen Zufall: den andern ein Ungluͤck/ und laſſen

kaum
J 5
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[137/0157] Erſtes Buch. Liebe gantz verjuͤngt befinde. Jch gebe dir Bey- fall/ und verſpreche dir Krafft meiner alten Liebe moͤglichen Beyſtand. Nur ſiehe zu/ daß du nicht alleine liebeſt/ ſondern auch geliebet werdeſt/ wo- von du doch noch nicht das geringſte Zeichen ab- nehmen koͤnnen. Ach ja/ liebe Frau Mutter/ troͤſtete ſich Lorangy/ ich habe es ſattſam verſpuͤh- ret/ daß ſein Gemuͤthe durch meine Anmuth ſo ſehr/ als der Leib/ verwundet ſey. Maſſen er al- ſobald/ als er mich nur erblickte/ tieff feufftzete/ und mir gantz ſanffte die Hand druckte. Ein ver- liebtes Hertze/ wiederredete die Alte/ haͤlt ieden Sonnenblick vor einen Sommertag; allein nimm dich in acht/ und wiſſe/ daß ich dich aus Erfahrung lehren koͤnne. Der fluͤchtige Mer- cur iſt oͤffrers denen Maͤnnern ins Hertze ge- praͤgt. Das Gegenwaͤrtige kuͤſſen ſie/ und das Entfernte meinen ſie. So alber ſind wir theils/ wenn wir einer guten Mine gewahr werden/ ſo bilden wir uns ein/ es ſind lauter Stricke/ wel- che uns und ſie verbinden. Ein falſcher Schwur iſt uns ſo gewiß/ als tauſend Eyde. Ein gemahltes Fuͤnckgen kan uns in volle Flamme ſetzen/ daß wir auff den Hochzeit-Schmuck bedacht ſeyn/ ehe noch von einiger Bewilligung geredet worden/ wir werden oͤffters vor der Zeit allzu treuhertzig/ und laſſen uns fangen/ ehe der Jaͤger auff die Jagd zeucht. Ja was das aͤrgſte/ den erſten Be- trug/ der uns mit geſpielet worden/ nennen wir ei- nen Zufall: den andern ein Ungluͤck/ und laſſen kaum J 5

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/157>, abgerufen am 21.11.2024.