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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Erstes Buch.
ten des Unglücks ein. Drum stellet man dieses
Fallbret nur vergebens auff. Hierüber wurde
die Alte gantz ungedultig/ wo nicht erzürnt/ indem
sie sich vernehmen ließ: So achtet ihr dieses vor
ein Unglücke/ wenn euch diejenige/ welche bereits
viel Stürme der Liebe abgeschlagen/ ihrer Huld
würdiget. Und da euer ietziger Zustand es doch
erfodert/ daß ihr euch um beständige Freundschaft
bewerbet/ so dürfft ihr noch eine entfernte Unge-
wißheit gegenwärtiger Schönheit vorziehen:
Pfuy! Schämet euch solcher Undanckbarkeit!
Besinnet euch demnach in kurtzem eines bessern/ o-
der wisset/ daß verschmähete Liebe Haß und Tod
im Köcher führe. Mit diesen Worten verließ sie
das Zimmer/ und ließ ihre Pflege-Tochter gantz
allein bey dem Printzen. Hier suchte nun Loran-
gy alle möglichste Liebes-Reitzungen hervor/ wel-
che nur ein Frauenzimmer angenehm/ und ein
Manns-Hertze empfindlich machen können: die
Augen schienen gleichsam als gebrochen/ und die
ungemeine Röthe ihrer Wangen verriethen den
starcken Brand ihrer Seelen/ welcher in dem Ge-
blüte steckte/ und die sichtbaren Adern auff Stirn
und Brust in die höhe triebe. Die Armen zitter-
ten/ und die Knie senckten sich zu[r] Erden/ auff wel-
chen sie des Printzen Hand faßte/ und ihn durch
diese bewegliche Rede gantz aus sich selbst setzte:
Ach Allerschönster/ und ohne Zweiffel von den
Göttern mir zugewiedmeter Engel! Wie lange
soll doch die verlassene Lorangy den Frühling ihrer

Jah-

Erſtes Buch.
ten des Ungluͤcks ein. Drum ſtellet man dieſes
Fallbret nur vergebens auff. Hieruͤber wurde
die Alte gantz ungedultig/ wo nicht erzuͤrnt/ indem
ſie ſich vernehmen ließ: So achtet ihr dieſes vor
ein Ungluͤcke/ wenn euch diejenige/ welche bereits
viel Stuͤrme der Liebe abgeſchlagen/ ihrer Huld
wuͤrdiget. Und da euer ietziger Zuſtand es doch
erfodert/ daß ihr euch um beſtaͤndige Freundſchaft
bewerbet/ ſo duͤrfft ihr noch eine entfernte Unge-
wißheit gegenwaͤrtiger Schoͤnheit vorziehen:
Pfuy! Schaͤmet euch ſolcher Undanckbarkeit!
Beſinnet euch demnach in kurtzem eines beſſern/ o-
der wiſſet/ daß verſchmaͤhete Liebe Haß und Tod
im Koͤcher fuͤhre. Mit dieſen Worten verließ ſie
das Zimmer/ und ließ ihre Pflege-Tochter gantz
allein bey dem Printzen. Hier ſuchte nun Loran-
gy alle moͤglichſte Liebes-Reitzungen hervor/ wel-
che nur ein Frauenzimmer angenehm/ und ein
Manns-Hertze empfindlich machen koͤnnen: die
Augen ſchienen gleichſam als gebrochen/ und die
ungemeine Roͤthe ihrer Wangen verriethen den
ſtarcken Brand ihrer Seelen/ welcher in dem Ge-
bluͤte ſteckte/ und die ſichtbaren Adern auff Stirn
und Bruſt in die hoͤhe triebe. Die Armen zitter-
ten/ und die Knie ſenckten ſich zu[r] Erden/ auff wel-
chen ſie des Printzen Hand faßte/ und ihn durch
dieſe bewegliche Rede gantz aus ſich ſelbſt ſetzte:
Ach Allerſchoͤnſter/ und ohne Zweiffel von den
Goͤttern mir zugewiedmeter Engel! Wie lange
ſoll doch die verlaſſene Lorangy den Fruͤhling ihrer

Jah-
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[143/0163] Erſtes Buch. ten des Ungluͤcks ein. Drum ſtellet man dieſes Fallbret nur vergebens auff. Hieruͤber wurde die Alte gantz ungedultig/ wo nicht erzuͤrnt/ indem ſie ſich vernehmen ließ: So achtet ihr dieſes vor ein Ungluͤcke/ wenn euch diejenige/ welche bereits viel Stuͤrme der Liebe abgeſchlagen/ ihrer Huld wuͤrdiget. Und da euer ietziger Zuſtand es doch erfodert/ daß ihr euch um beſtaͤndige Freundſchaft bewerbet/ ſo duͤrfft ihr noch eine entfernte Unge- wißheit gegenwaͤrtiger Schoͤnheit vorziehen: Pfuy! Schaͤmet euch ſolcher Undanckbarkeit! Beſinnet euch demnach in kurtzem eines beſſern/ o- der wiſſet/ daß verſchmaͤhete Liebe Haß und Tod im Koͤcher fuͤhre. Mit dieſen Worten verließ ſie das Zimmer/ und ließ ihre Pflege-Tochter gantz allein bey dem Printzen. Hier ſuchte nun Loran- gy alle moͤglichſte Liebes-Reitzungen hervor/ wel- che nur ein Frauenzimmer angenehm/ und ein Manns-Hertze empfindlich machen koͤnnen: die Augen ſchienen gleichſam als gebrochen/ und die ungemeine Roͤthe ihrer Wangen verriethen den ſtarcken Brand ihrer Seelen/ welcher in dem Ge- bluͤte ſteckte/ und die ſichtbaren Adern auff Stirn und Bruſt in die hoͤhe triebe. Die Armen zitter- ten/ und die Knie ſenckten ſich zur Erden/ auff wel- chen ſie des Printzen Hand faßte/ und ihn durch dieſe bewegliche Rede gantz aus ſich ſelbſt ſetzte: Ach Allerſchoͤnſter/ und ohne Zweiffel von den Goͤttern mir zugewiedmeter Engel! Wie lange ſoll doch die verlaſſene Lorangy den Fruͤhling ihrer Jah-

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/163>, abgerufen am 21.11.2024.