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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Erstend Buch.
thränenden Augen und ringenden Händen/ so
hastu das Todes-Urtheil aus dem Munde desje-
nigen vernehmen müssen/ von dem du das Leben
gehoffet hast. Wehe mir/ ich bin verlohren! ach
ich kenne allzuwohl den Verzug kaltsinniger Her-
tzen/ welche die Zeit zum Mantel ihres Hasses ge-
brauchen/ zumahl iedweder Verzug denen Ver-
liebten eine Höllen-Pein ist. Man weiß ja der
Liebe Macht/ wie sie tausend Mittel habe/ ihr
Recht zu beschleunigen; hingegen/ wo ihr nicht
gerathen wird/ so ist sie auch fähig/ unsern Geist zu
verkürtzen. Diese auff Verzweifelung zielende
Worte preßten unserm Printzen einen Angst-
Schweiß nach dem andern aus. Endlich fand
er sich doch gezwungen/ ihr Begehren etwas ge-
nauer zu untersuchen/ und zu sagen: Liebste Lo-
rangy! ihr werdet hieraus ein sattsames Zeugnis
meiner Liebe gegen euch verspüren/ wenn ich bil-
liche Vorsorge vor eure Ehre trage/ und mich be-
fürchte/ so iemand uns alleine antreffe/ es möchte
euch nicht wenig Nachtheil bringen. Und weil
mir euer Begehren noch nicht allerdings bekandt
ist/ auch in so kurtzer Zeit mich nicht darauff werde
entschliessen können/ so entdecket mir euren Vor-
schlag in aller Kürtze/ und erwartet alsdenn in
einigen Tagen mein reifferes Bedencken hierü-
ber/ welches gewiß zu eurer Vergnügung aus-
schlagen soll. Es ist zu spät/ antwortete Lorangy
hierauff/ an einigen Auffschub zu gedencken/ wo
nicht zugleich mein Leben mit der Sonne unter-

gehen
K 2

Erſtend Buch.
thraͤnenden Augen und ringenden Haͤnden/ ſo
haſtu das Todes-Urtheil aus dem Munde desje-
nigen vernehmen muͤſſen/ von dem du das Leben
gehoffet haſt. Wehe mir/ ich bin verlohren! ach
ich kenne allzuwohl den Verzug kaltſinniger Her-
tzen/ welche die Zeit zum Mantel ihres Haſſes ge-
brauchen/ zumahl iedweder Verzug denen Ver-
liebten eine Hoͤllen-Pein iſt. Man weiß ja der
Liebe Macht/ wie ſie tauſend Mittel habe/ ihr
Recht zu beſchleunigen; hingegen/ wo ihr nicht
gerathen wird/ ſo iſt ſie auch faͤhig/ unſern Geiſt zu
verkuͤrtzen. Dieſe auff Verzweifelung zielende
Worte preßten unſerm Printzen einen Angſt-
Schweiß nach dem andern aus. Endlich fand
er ſich doch gezwungen/ ihr Begehren etwas ge-
nauer zu unterſuchen/ und zu ſagen: Liebſte Lo-
rangy! ihr werdet hieraus ein ſattſames Zeugnis
meiner Liebe gegen euch verſpuͤren/ wenn ich bil-
liche Vorſorge vor eure Ehre trage/ und mich be-
fuͤrchte/ ſo iemand uns alleine antreffe/ es moͤchte
euch nicht wenig Nachtheil bringen. Und weil
mir euer Begehren noch nicht allerdings bekandt
iſt/ auch in ſo kurtzer Zeit mich nicht darauff werde
entſchlieſſen koͤnnen/ ſo entdecket mir euren Vor-
ſchlag in aller Kuͤrtze/ und erwartet alsdenn in
einigen Tagen mein reifferes Bedencken hieruͤ-
ber/ welches gewiß zu eurer Vergnuͤgung aus-
ſchlagen ſoll. Es iſt zu ſpaͤt/ antwortete Lorangy
hierauff/ an einigen Auffſchub zu gedencken/ wo
nicht zugleich mein Leben mit der Sonne unter-

gehen
K 2
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[147/0167] Erſtend Buch. thraͤnenden Augen und ringenden Haͤnden/ ſo haſtu das Todes-Urtheil aus dem Munde desje- nigen vernehmen muͤſſen/ von dem du das Leben gehoffet haſt. Wehe mir/ ich bin verlohren! ach ich kenne allzuwohl den Verzug kaltſinniger Her- tzen/ welche die Zeit zum Mantel ihres Haſſes ge- brauchen/ zumahl iedweder Verzug denen Ver- liebten eine Hoͤllen-Pein iſt. Man weiß ja der Liebe Macht/ wie ſie tauſend Mittel habe/ ihr Recht zu beſchleunigen; hingegen/ wo ihr nicht gerathen wird/ ſo iſt ſie auch faͤhig/ unſern Geiſt zu verkuͤrtzen. Dieſe auff Verzweifelung zielende Worte preßten unſerm Printzen einen Angſt- Schweiß nach dem andern aus. Endlich fand er ſich doch gezwungen/ ihr Begehren etwas ge- nauer zu unterſuchen/ und zu ſagen: Liebſte Lo- rangy! ihr werdet hieraus ein ſattſames Zeugnis meiner Liebe gegen euch verſpuͤren/ wenn ich bil- liche Vorſorge vor eure Ehre trage/ und mich be- fuͤrchte/ ſo iemand uns alleine antreffe/ es moͤchte euch nicht wenig Nachtheil bringen. Und weil mir euer Begehren noch nicht allerdings bekandt iſt/ auch in ſo kurtzer Zeit mich nicht darauff werde entſchlieſſen koͤnnen/ ſo entdecket mir euren Vor- ſchlag in aller Kuͤrtze/ und erwartet alsdenn in einigen Tagen mein reifferes Bedencken hieruͤ- ber/ welches gewiß zu eurer Vergnuͤgung aus- ſchlagen ſoll. Es iſt zu ſpaͤt/ antwortete Lorangy hierauff/ an einigen Auffſchub zu gedencken/ wo nicht zugleich mein Leben mit der Sonne unter- gehen K 2

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/167>, abgerufen am 24.11.2024.