Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Erstes Buch. mich der Weg von Pandior biß nach Pegu nichtso verlanget/ als ich damahls das Ende der Mahl- zeit wünschte/ um meinen Printzen bald alleine zu sprechen/ in Hofnung/ er würde mir diesen Zweif- fels-Knoten auflösen. So bald nun die Tafel aufgehoben/ schützte mein Printz einige Unpäß- ligkeit vor/ und verfügte sich ohne einige Weit- läufftigkeit nach seinem Pallast. So bald er das Zimmer betreten/ warff er Sebel und Rock von sich/ und gieng eine geraume Zeit voller Ge- dancken auf und ab/ daß ich mich also nicht erküh- nen durffte/ ihn durch einiges begieriges Nachfra- gen zu beunruhigen/ biß er endlich von sich selbst anfieng zu reden: O ihr betrieglichen Götter/ hub er an zu klagen/ ist dieses die vorgestellte Schön- heit/ die ihr nur im Traume zu zeigen/ nicht aber im Leben darzustellen vermöget. Jst dieses die berühmte Princeßin von Pegu? Jst dieses die schöne Tocher des Königs Xemindo/ von dero überirrdischen Schönheit das Gerüchte fast gantz Asien begierig gemacht hat/ sie zu sehen? O so darff sich meine Schwester vor beglückt achten/ daß sie dieser gar gerne den Lorbeer aus der Hand reisset. Hättet ihr nicht meinen Geist durch eine träumende Schönheit verunruhiget/ so hätte ich einfältig geliebet/ und mich glückselig geachtet/ daß ich so bald eine Braut mit einem Königreich überkäme: ja ich hätte nicht gewust/ worinn die wahre Schönheit bestünde. Allein/ nachdem es mir unmöglich fällt/ das in dem Tempel zu Pan- dior
Erſtes Buch. mich der Weg von Pandior biß nach Pegu nichtſo verlanget/ als ich damahls das Ende der Mahl- zeit wuͤnſchte/ um meinen Printzen bald alleine zu ſprechen/ in Hofnung/ er wuͤrde mir dieſen Zweif- fels-Knoten aufloͤſen. So bald nun die Tafel aufgehoben/ ſchuͤtzte mein Printz einige Unpaͤß- ligkeit vor/ und verfuͤgte ſich ohne einige Weit- laͤufftigkeit nach ſeinem Pallaſt. So bald er das Zimmer betreten/ warff er Sebel und Rock von ſich/ und gieng eine geraume Zeit voller Ge- dancken auf und ab/ daß ich mich alſo nicht erkuͤh- nen durffte/ ihn durch einiges begieriges Nachfra- gen zu beunruhigen/ biß er endlich von ſich ſelbſt anfieng zu reden: O ihr betrieglichen Goͤtter/ hub er an zu klagen/ iſt dieſes die vorgeſtellte Schoͤn- heit/ die ihr nur im Traume zu zeigen/ nicht aber im Leben darzuſtellen vermoͤget. Jſt dieſes die beruͤhmte Princeßin von Pegu? Jſt dieſes die ſchoͤne Tocher des Koͤnigs Xemindo/ von dero uͤberirrdiſchen Schoͤnheit das Geruͤchte faſt gantz Aſien begierig gemacht hat/ ſie zu ſehen? O ſo darff ſich meine Schweſter vor begluͤckt achten/ daß ſie dieſer gar gerne den Lorbeer aus der Hand reiſſet. Haͤttet ihr nicht meinen Geiſt durch eine traͤumende Schoͤnheit verunruhiget/ ſo haͤtte ich einfaͤltig geliebet/ und mich gluͤckſelig geachtet/ daß ich ſo bald eine Braut mit einem Koͤnigreich uͤberkaͤme: ja ich haͤtte nicht gewuſt/ worinn die wahre Schoͤnheit beſtuͤnde. Allein/ nachdem es mir unmoͤglich faͤllt/ das in dem Tempel zu Pan- dior
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Erſtes Buch.
mich der Weg von Pandior biß nach Pegu nicht
ſo verlanget/ als ich damahls das Ende der Mahl-
zeit wuͤnſchte/ um meinen Printzen bald alleine zu
ſprechen/ in Hofnung/ er wuͤrde mir dieſen Zweif-
fels-Knoten aufloͤſen. So bald nun die Tafel
aufgehoben/ ſchuͤtzte mein Printz einige Unpaͤß-
ligkeit vor/ und verfuͤgte ſich ohne einige Weit-
laͤufftigkeit nach ſeinem Pallaſt. So bald er
das Zimmer betreten/ warff er Sebel und Rock
von ſich/ und gieng eine geraume Zeit voller Ge-
dancken auf und ab/ daß ich mich alſo nicht erkuͤh-
nen durffte/ ihn durch einiges begieriges Nachfra-
gen zu beunruhigen/ biß er endlich von ſich ſelbſt
anfieng zu reden: O ihr betrieglichen Goͤtter/ hub
er an zu klagen/ iſt dieſes die vorgeſtellte Schoͤn-
heit/ die ihr nur im Traume zu zeigen/ nicht aber
im Leben darzuſtellen vermoͤget. Jſt dieſes die
beruͤhmte Princeßin von Pegu? Jſt dieſes die
ſchoͤne Tocher des Koͤnigs Xemindo/ von dero
uͤberirrdiſchen Schoͤnheit das Geruͤchte faſt gantz
Aſien begierig gemacht hat/ ſie zu ſehen? O ſo
darff ſich meine Schweſter vor begluͤckt achten/
daß ſie dieſer gar gerne den Lorbeer aus der Hand
reiſſet. Haͤttet ihr nicht meinen Geiſt durch eine
traͤumende Schoͤnheit verunruhiget/ ſo haͤtte ich
einfaͤltig geliebet/ und mich gluͤckſelig geachtet/
daß ich ſo bald eine Braut mit einem Koͤnigreich
uͤberkaͤme: ja ich haͤtte nicht gewuſt/ worinn die
wahre Schoͤnheit beſtuͤnde. Allein/ nachdem es
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