Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Der Asiatischen Banise. me. Denn wo sich die Ungleichheit des Altersbefindet/ da wil gemeiniglich das Alter die Ju- gend beherrschen. Diß träffe mir nun sehr schlimm ein/ daß ich meine jungen Tage einer Alten verpflichten/ und meine bißher unbefleckte Jugend in solche Gefahr verbotener Gerichte se- tzen solte/ wenn mir irgend zu Hause/ wie es nicht anders seyn könte/ für der schlechten Hauß-kost eckelte. Nein/ davor bedancke ich mich. Geitz/ Argwohn/ Eyfer/ Zanck/ sind die täglichen Spei- sen/ welche eine alte Frau ihrem jungen Manne vorsetzet. Die Zufriedenheit des Gemüths ist des Menschen sein gröster Reichthum; diese aber würde ich schwerlich bey solcher Heyrath antref- fen. Sonderlich würde mich dieses am meisten schmertzen/ wenn mir bey Hochzeiten/ Spazier- Fahrten und dergleichen Zusammenkünfften an- dere Männer meines Alters mit ihren schönen jungen Weibergen begegneten/ und ich käme da mit meinem Alten verdrießlichen Müttergen von sechzig Jahren aufgezogen/ vor deren Eifersucht ich keine Schönheit anblicken dürffte. Es ist ein widerwärtiges Ding um einen bösen Kauff/ denn die Waare rückt ihrem Herrn allzeit seine Thor- heit auff. Kan man sich aber ja woran eine stetswärende Reu erkauffen/ so geschiehts gewiß- lich durch eine ungleiche Heyrath/ welche einem seine Unbedachtsamkeit bey Tag und Nacht/ Tisch und Bette/ in Stube und Cammer/ im Hause und auf der Gasse/ fürwirfft und vor Au- gen
Der Aſiatiſchen Baniſe. me. Denn wo ſich die Ungleichheit des Altersbefindet/ da wil gemeiniglich das Alter die Ju- gend beherrſchen. Diß traͤffe mir nun ſehr ſchlimm ein/ daß ich meine jungen Tage einer Alten verpflichten/ und meine bißher unbefleckte Jugend in ſolche Gefahr verbotener Gerichte ſe- tzen ſolte/ wenn mir irgend zu Hauſe/ wie es nicht anders ſeyn koͤnte/ fuͤr der ſchlechten Hauß-koſt eckelte. Nein/ davor bedancke ich mich. Geitz/ Argwohn/ Eyfer/ Zanck/ ſind die taͤglichen Spei- ſen/ welche eine alte Frau ihrem jungen Manne vorſetzet. Die Zufriedenheit des Gemuͤths iſt des Menſchen ſein groͤſter Reichthum; dieſe aber wuͤrde ich ſchwerlich bey ſolcher Heyrath antref- fen. Sonderlich wuͤrde mich dieſes am meiſten ſchmertzen/ wenn mir bey Hochzeiten/ Spazier- Fahrten und dergleichen Zuſammenkuͤnfften an- dere Maͤnner meines Alters mit ihren ſchoͤnen jungen Weibergen begegneten/ und ich kaͤme da mit meinem Alten verdrießlichen Muͤttergen von ſechzig Jahren aufgezogen/ vor deren Eiferſucht ich keine Schoͤnheit anblicken duͤrffte. Es iſt ein widerwaͤrtiges Ding um einen boͤſen Kauff/ denn die Waare ruͤckt ihrem Herrn allzeit ſeine Thor- heit auff. Kan man ſich aber ja woran eine ſtetswaͤrende Reu erkauffen/ ſo geſchiehts gewiß- lich durch eine ungleiche Heyrath/ welche einem ſeine Unbedachtſamkeit bey Tag und Nacht/ Tiſch und Bette/ in Stube und Cammer/ im Hauſe und auf der Gaſſe/ fuͤrwirfft und vor Au- gen
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Der Aſiatiſchen Baniſe.
me. Denn wo ſich die Ungleichheit des Alters
befindet/ da wil gemeiniglich das Alter die Ju-
gend beherrſchen. Diß traͤffe mir nun ſehr
ſchlimm ein/ daß ich meine jungen Tage einer
Alten verpflichten/ und meine bißher unbefleckte
Jugend in ſolche Gefahr verbotener Gerichte ſe-
tzen ſolte/ wenn mir irgend zu Hauſe/ wie es nicht
anders ſeyn koͤnte/ fuͤr der ſchlechten Hauß-koſt
eckelte. Nein/ davor bedancke ich mich. Geitz/
Argwohn/ Eyfer/ Zanck/ ſind die taͤglichen Spei-
ſen/ welche eine alte Frau ihrem jungen Manne
vorſetzet. Die Zufriedenheit des Gemuͤths iſt
des Menſchen ſein groͤſter Reichthum; dieſe aber
wuͤrde ich ſchwerlich bey ſolcher Heyrath antref-
fen. Sonderlich wuͤrde mich dieſes am meiſten
ſchmertzen/ wenn mir bey Hochzeiten/ Spazier-
Fahrten und dergleichen Zuſammenkuͤnfften an-
dere Maͤnner meines Alters mit ihren ſchoͤnen
jungen Weibergen begegneten/ und ich kaͤme da
mit meinem Alten verdrießlichen Muͤttergen von
ſechzig Jahren aufgezogen/ vor deren Eiferſucht
ich keine Schoͤnheit anblicken duͤrffte. Es iſt ein
widerwaͤrtiges Ding um einen boͤſen Kauff/ denn
die Waare ruͤckt ihrem Herrn allzeit ſeine Thor-
heit auff. Kan man ſich aber ja woran eine
ſtetswaͤrende Reu erkauffen/ ſo geſchiehts gewiß-
lich durch eine ungleiche Heyrath/ welche einem
ſeine Unbedachtſamkeit bey Tag und Nacht/
Tiſch und Bette/ in Stube und Cammer/ im
Hauſe und auf der Gaſſe/ fuͤrwirfft und vor Au-
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