Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Anderes Buch. theil ihrer Ehren solte abgelauffen seyn/ solcheswird kein Verständiger/ geschweige dieser/ wel- cher die Macht der Liebe empfunden/ davor hal- ten. Was war nun hierbey zu thun? Ein hi- tziger Manns-Kopff würde alsobald mit Eisen und Stahl solche heimliche Liebe bestrafft haben/ weil er in Eyl kein ander Mittel/ die Ehre seines Hauses zu retten/ würde gewust haben. Was that aber die kluge Hassana? Sie nahm den von den Göttern verliehenen Verstand zusammen/ schickte bald nach diesen zwey Ehrwürdigen Bra- minen/ und begab sich in aller Stille/ nebst gegen- wärtigen zwey Hausknechten/ welche mit blossen Schwerdtern benöthigte Furcht einjagen musten/ nach dem Schlaff-Zimmer. Hier fanden wir nun das liebe Paar in eingebildeter Vergnügung gar sanffte ruhen/ und weil sie sich dermassen be- treten sahen/ so fleheten sie mich um Gnade an/ und übergaben alles meinem Willen. Wie nun dieser Ehren-Verlust nicht anders denn durch eheliches Verbündniß kunte ersetzet werden/ als ließ ich sie so fort durch das heilige Tali binden/ und sie alsdenn als rechte Ehleute das Recht der Liebe vollziehen. Daß auch diesem also sey/ und es auff begebenden Fall an nöthigen Zeugen die- ser Heyrath nicht ermangele/ so werden nicht allein gegenwärtige Braminen und Haußknechte/ als lebendige Zeugen sich iederzeit erkennen: sondern ihr werdet euch allerseits belieben lassen/ mir zu folgen/ und die Warheit meiner Worte aus dem Au-
Anderes Buch. theil ihrer Ehren ſolte abgelauffen ſeyn/ ſolcheswird kein Verſtaͤndiger/ geſchweige dieſer/ wel- cher die Macht der Liebe empfunden/ davor hal- ten. Was war nun hierbey zu thun? Ein hi- tziger Manns-Kopff wuͤrde alſobald mit Eiſen und Stahl ſolche heimliche Liebe beſtrafft haben/ weil er in Eyl kein ander Mittel/ die Ehre ſeines Hauſes zu retten/ wuͤrde gewuſt haben. Was that aber die kluge Haſſana? Sie nahm den von den Goͤttern verliehenen Verſtand zuſammen/ ſchickte bald nach dieſen zwey Ehrwuͤrdigen Bra- minen/ und begab ſich in aller Stille/ nebſt gegen- waͤrtigen zwey Hausknechten/ welche mit bloſſen Schwerdtern benoͤthigte Furcht einjagen muſten/ nach dem Schlaff-Zimmer. Hier fanden wir nun das liebe Paar in eingebildeter Vergnuͤgung gar ſanffte ruhen/ und weil ſie ſich dermaſſen be- treten ſahen/ ſo fleheten ſie mich um Gnade an/ und uͤbergaben alles meinem Willen. Wie nun dieſer Ehren-Verluſt nicht anders denn durch eheliches Verbuͤndniß kunte erſetzet werden/ als ließ ich ſie ſo fort durch das heilige Tali binden/ und ſie alsdenn als rechte Ehleute das Recht der Liebe vollziehen. Daß auch dieſem alſo ſey/ und es auff begebenden Fall an noͤthigen Zeugen die- ſer Heyrath nicht eꝛmangele/ ſo werden nicht allein gegenwaͤrtige Braminen und Haußknechte/ als lebendige Zeugen ſich iederzeit erkennen: ſondern ihr werdet euch allerſeits belieben laſſen/ mir zu folgen/ und die Warheit meiner Worte aus dem Au-
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Anderes Buch.
theil ihrer Ehren ſolte abgelauffen ſeyn/ ſolches
wird kein Verſtaͤndiger/ geſchweige dieſer/ wel-
cher die Macht der Liebe empfunden/ davor hal-
ten. Was war nun hierbey zu thun? Ein hi-
tziger Manns-Kopff wuͤrde alſobald mit Eiſen
und Stahl ſolche heimliche Liebe beſtrafft haben/
weil er in Eyl kein ander Mittel/ die Ehre ſeines
Hauſes zu retten/ wuͤrde gewuſt haben. Was
that aber die kluge Haſſana? Sie nahm den von
den Goͤttern verliehenen Verſtand zuſammen/
ſchickte bald nach dieſen zwey Ehrwuͤrdigen Bra-
minen/ und begab ſich in aller Stille/ nebſt gegen-
waͤrtigen zwey Hausknechten/ welche mit bloſſen
Schwerdtern benoͤthigte Furcht einjagen muſten/
nach dem Schlaff-Zimmer. Hier fanden wir
nun das liebe Paar in eingebildeter Vergnuͤgung
gar ſanffte ruhen/ und weil ſie ſich dermaſſen be-
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und uͤbergaben alles meinem Willen. Wie nun
dieſer Ehren-Verluſt nicht anders denn durch
eheliches Verbuͤndniß kunte erſetzet werden/ als
ließ ich ſie ſo fort durch das heilige Tali binden/
und ſie alsdenn als rechte Ehleute das Recht der
Liebe vollziehen. Daß auch dieſem alſo ſey/ und
es auff begebenden Fall an noͤthigen Zeugen die-
ſer Heyrath nicht eꝛmangele/ ſo werden nicht allein
gegenwaͤrtige Braminen und Haußknechte/ als
lebendige Zeugen ſich iederzeit erkennen: ſondern
ihr werdet euch allerſeits belieben laſſen/ mir zu
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