Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Asiatischen Banise.
sen Person wegen sothaner Freygebigkeit schlos-
sen/ dahero sie beyderseits vor Scham kein Wort
vorbringen kunten/ weil sie wohl wusten/ daß der
Printz um ihren Anschlag vollkommene Wissen-
schafft hatte. Talemon vertrat hierauff ihre
Stelle mit gebührendem Dancke: Scandor a-
ber führete seine neue Liebste voller Vergnügung
aus dem Zimmer/ und verliessen den Printzen.

Von dieser verwirreten Hochzeit wenden wir
unsere Augen nach dem hart gefangenen Abaxar/
welcher bey seiner Ankunfft in Pegu in ein tieffes
Gefängniß geleget ward. Dessen Ursach nun
genauer zu erkundigen/ sich Talemon nach Pegu
verfügte/ und daselbst umständlichen Bericht von
seinem Sohne empfieng; solches verhielt sich a-
ber folgender Gestalt: Wie Abaxar vorerzehlter
massen sich die Schönheit der Princeßin dermas-
sen hatte bezaubern lassen/ daß er nicht allein
gleichsam vor ihr erstarret/ sondern auch den
Mord-Befehl an ihr eigenhändig zu vollziehen
nicht vermocht/ so fasset er in der Eyl einen kur-
tzen Entschluß/ wendete vor/ es sey allzu schänd-
lich/ eine Käyserliche Princeßin vor den Augen
der noch nicht gekühlten Peguanischen Gemüther
hinzurichten/ und befahl/ sie in sein nechst gelege-
nes Hauß zu führen/ und in dem innern Hofe den
Befehl an ihr zu vollstrecken. So bald sie des-
sen Hauß betreten/ ließ Abaxar eine Sclavin in
ihrer Lebens-Grösse herzu führen/ welche der
Princeßin Kleider anlegen/ und den Kopff im

Au-

Der Aſiatiſchen Baniſe.
ſen Perſon wegen ſothaner Freygebigkeit ſchloſ-
ſen/ dahero ſie beyderſeits vor Scham kein Wort
vorbringen kunten/ weil ſie wohl wuſten/ daß der
Printz um ihren Anſchlag vollkommene Wiſſen-
ſchafft hatte. Talemon vertrat hierauff ihre
Stelle mit gebuͤhrendem Dancke: Scandor a-
ber fuͤhrete ſeine neue Liebſte voller Vergnuͤgung
aus dem Zimmer/ und verlieſſen den Printzen.

Von dieſer verwirreten Hochzeit wenden wir
unſere Augen nach dem hart gefangenen Abaxar/
welcher bey ſeiner Ankunfft in Pegu in ein tieffes
Gefaͤngniß geleget ward. Deſſen Urſach nun
genauer zu erkundigen/ ſich Talemon nach Pegu
verfuͤgte/ und daſelbſt umſtaͤndlichen Bericht von
ſeinem Sohne empfieng; ſolches verhielt ſich a-
ber folgender Geſtalt: Wie Abaxar vorerzehlter
maſſen ſich die Schoͤnheit der Princeßin dermaſ-
ſen hatte bezaubern laſſen/ daß er nicht allein
gleichſam vor ihr erſtarret/ ſondern auch den
Mord-Befehl an ihr eigenhaͤndig zu vollziehen
nicht vermocht/ ſo faſſet er in der Eyl einen kur-
tzen Entſchluß/ wendete vor/ es ſey allzu ſchaͤnd-
lich/ eine Kaͤyſerliche Princeßin vor den Augen
der noch nicht gekuͤhlten Peguaniſchen Gemuͤther
hinzurichten/ und befahl/ ſie in ſein nechſt gelege-
nes Hauß zu fuͤhren/ und in dem innern Hofe den
Befehl an ihr zu vollſtrecken. So bald ſie deſ-
ſen Hauß betreten/ ließ Abaxar eine Sclavin in
ihrer Lebens-Groͤſſe herzu fuͤhren/ welche der
Princeßin Kleider anlegen/ und den Kopff im

Au-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0388" n="368"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der A&#x017F;iati&#x017F;chen Bani&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
&#x017F;en Per&#x017F;on wegen &#x017F;othaner Freygebigkeit &#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ dahero &#x017F;ie beyder&#x017F;eits vor Scham kein Wort<lb/>
vorbringen kunten/ weil &#x017F;ie wohl wu&#x017F;ten/ daß der<lb/>
Printz um ihren An&#x017F;chlag vollkommene Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chafft hatte. Talemon vertrat hierauff ihre<lb/>
Stelle mit gebu&#x0364;hrendem Dancke: Scandor a-<lb/>
ber fu&#x0364;hrete &#x017F;eine neue Lieb&#x017F;te voller Vergnu&#x0364;gung<lb/>
aus dem Zimmer/ und verlie&#x017F;&#x017F;en den Printzen.</p><lb/>
          <p>Von die&#x017F;er verwirreten Hochzeit wenden wir<lb/>
un&#x017F;ere Augen nach dem hart gefangenen Abaxar/<lb/>
welcher bey &#x017F;einer Ankunfft in Pegu in ein tieffes<lb/>
Gefa&#x0364;ngniß geleget ward. De&#x017F;&#x017F;en Ur&#x017F;ach nun<lb/>
genauer zu erkundigen/ &#x017F;ich Talemon nach Pegu<lb/>
verfu&#x0364;gte/ und da&#x017F;elb&#x017F;t um&#x017F;ta&#x0364;ndlichen Bericht von<lb/>
&#x017F;einem Sohne empfieng; &#x017F;olches verhielt &#x017F;ich a-<lb/>
ber folgender Ge&#x017F;talt: Wie Abaxar vorerzehlter<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich die Scho&#x0364;nheit der Princeßin derma&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en hatte bezaubern la&#x017F;&#x017F;en/ daß er nicht allein<lb/>
gleich&#x017F;am vor ihr er&#x017F;tarret/ &#x017F;ondern auch den<lb/>
Mord-Befehl an ihr eigenha&#x0364;ndig zu vollziehen<lb/>
nicht vermocht/ &#x017F;o fa&#x017F;&#x017F;et er in der Eyl einen kur-<lb/>
tzen Ent&#x017F;chluß/ wendete vor/ es &#x017F;ey allzu &#x017F;cha&#x0364;nd-<lb/>
lich/ eine Ka&#x0364;y&#x017F;erliche Princeßin vor den Augen<lb/>
der noch nicht geku&#x0364;hlten Peguani&#x017F;chen Gemu&#x0364;ther<lb/>
hinzurichten/ und befahl/ &#x017F;ie in &#x017F;ein nech&#x017F;t gelege-<lb/>
nes Hauß zu fu&#x0364;hren/ und in dem innern Hofe den<lb/>
Befehl an ihr zu voll&#x017F;trecken. So bald &#x017F;ie de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Hauß betreten/ ließ Abaxar eine Sclavin in<lb/>
ihrer Lebens-Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e herzu fu&#x0364;hren/ welche der<lb/>
Princeßin Kleider anlegen/ und den Kopff im<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Au-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[368/0388] Der Aſiatiſchen Baniſe. ſen Perſon wegen ſothaner Freygebigkeit ſchloſ- ſen/ dahero ſie beyderſeits vor Scham kein Wort vorbringen kunten/ weil ſie wohl wuſten/ daß der Printz um ihren Anſchlag vollkommene Wiſſen- ſchafft hatte. Talemon vertrat hierauff ihre Stelle mit gebuͤhrendem Dancke: Scandor a- ber fuͤhrete ſeine neue Liebſte voller Vergnuͤgung aus dem Zimmer/ und verlieſſen den Printzen. Von dieſer verwirreten Hochzeit wenden wir unſere Augen nach dem hart gefangenen Abaxar/ welcher bey ſeiner Ankunfft in Pegu in ein tieffes Gefaͤngniß geleget ward. Deſſen Urſach nun genauer zu erkundigen/ ſich Talemon nach Pegu verfuͤgte/ und daſelbſt umſtaͤndlichen Bericht von ſeinem Sohne empfieng; ſolches verhielt ſich a- ber folgender Geſtalt: Wie Abaxar vorerzehlter maſſen ſich die Schoͤnheit der Princeßin dermaſ- ſen hatte bezaubern laſſen/ daß er nicht allein gleichſam vor ihr erſtarret/ ſondern auch den Mord-Befehl an ihr eigenhaͤndig zu vollziehen nicht vermocht/ ſo faſſet er in der Eyl einen kur- tzen Entſchluß/ wendete vor/ es ſey allzu ſchaͤnd- lich/ eine Kaͤyſerliche Princeßin vor den Augen der noch nicht gekuͤhlten Peguaniſchen Gemuͤther hinzurichten/ und befahl/ ſie in ſein nechſt gelege- nes Hauß zu fuͤhren/ und in dem innern Hofe den Befehl an ihr zu vollſtrecken. So bald ſie deſ- ſen Hauß betreten/ ließ Abaxar eine Sclavin in ihrer Lebens-Groͤſſe herzu fuͤhren/ welche der Princeßin Kleider anlegen/ und den Kopff im Au-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/388
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/388>, abgerufen am 01.07.2024.