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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Der Asiatischen Banise.
stalt zu küssen. Nun schmeltzet mein Hertze/ fuhr
Banise fort/ und die Seele krieget Flügel/ ja ich
vergöttere mich gantz/ daß ich meinen Printzen/
meinen Schutz-Engel/ so nahe wissen soll. Du
wirst demnach/ treuester Ponnedro/ selbtem eine
kleine Schrifft überbringen/ und dir meine Wol-
farth nebst ihm treulich anbefohlen seyn lassen.
Nachdem sie nun solche verfertiget/ und dem Pon-
nedro überreichet/ nahm er ehrerbietigsten Ab-
schied/ machte alle benöthigte Anstalt zu ihrer Be-
dienung/ und suchte Gelegenheit/ auf etliche Stun-
den den Printzen zu besuchen. Welches ihm
auch die Abwesenheit des Chaumigrems erlaub-
te/ und er sich so fort auff einem flüchtigen Klepper
nach seines Vaters Wohnung begab. So bald
er daselbst abgestiegen/ verfügte er sich ohne an-
dere Besuchung nach des Printzen Zimmer/ wel-
chen er auff einem Stule/ seinen Vater vor ihm
sitzen/ und den Scandor neben ihm stehend fand.
Ponnedro hatte kaum die Schwelle betreten/ so
ruffte ihm der Printz mit wehmüthiger Stimme
entgegen: Ach Ponnedro! soll ich sterben oder
leben? Wo eine schöne Princeßin lebet/ antwor-
tete Ponnedro/ da darff ein geliebter Printz an kei-
nen Tod gedencken. Haltet mich nicht auff/ fuhr
der betrübte Printz fort/ und entdecket es mit bes-
serm Grunde/ als Talemon/ welcher besorgliche
Unwissenheit aus Pegu überbracht hat/ was ich
zu hoffen habe. Ponnedro erwiederte: Die
Princeßin lebet/ und der Printz soll auch leben.

Sie

Der Aſiatiſchen Baniſe.
ſtalt zu kuͤſſen. Nun ſchmeltzet mein Hertze/ fuhr
Baniſe fort/ und die Seele krieget Fluͤgel/ ja ich
vergoͤttere mich gantz/ daß ich meinen Printzen/
meinen Schutz-Engel/ ſo nahe wiſſen ſoll. Du
wirſt demnach/ treueſter Ponnedro/ ſelbtem eine
kleine Schrifft uͤberbringen/ und dir meine Wol-
farth nebſt ihm treulich anbefohlen ſeyn laſſen.
Nachdem ſie nun ſolche veꝛfertiget/ und dem Pon-
nedro uͤberreichet/ nahm er ehrerbietigſten Ab-
ſchied/ machte alle benoͤthigte Anſtalt zu ihrer Be-
dienung/ und ſuchte Gelegenheit/ auf etliche Stun-
den den Printzen zu beſuchen. Welches ihm
auch die Abweſenheit des Chaumigrems erlaub-
te/ und er ſich ſo fort auff einem fluͤchtigen Klepper
nach ſeines Vaters Wohnung begab. So bald
er daſelbſt abgeſtiegen/ verfuͤgte er ſich ohne an-
dere Beſuchung nach des Printzen Zimmer/ wel-
chen er auff einem Stule/ ſeinen Vater vor ihm
ſitzen/ und den Scandor neben ihm ſtehend fand.
Ponnedro hatte kaum die Schwelle betreten/ ſo
ruffte ihm der Printz mit wehmuͤthiger Stimme
entgegen: Ach Ponnedro! ſoll ich ſterben oder
leben? Wo eine ſchoͤne Princeßin lebet/ antwor-
tete Ponnedro/ da darff ein geliebter Printz an kei-
nen Tod gedencken. Haltet mich nicht auff/ fuhr
der betruͤbte Printz fort/ und entdecket es mit beſ-
ſerm Grunde/ als Talemon/ welcher beſorgliche
Unwiſſenheit aus Pegu uͤberbracht hat/ was ich
zu hoffen habe. Ponnedro erwiederte: Die
Princeßin lebet/ und der Printz ſoll auch leben.

Sie
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[402/0422] Der Aſiatiſchen Baniſe. ſtalt zu kuͤſſen. Nun ſchmeltzet mein Hertze/ fuhr Baniſe fort/ und die Seele krieget Fluͤgel/ ja ich vergoͤttere mich gantz/ daß ich meinen Printzen/ meinen Schutz-Engel/ ſo nahe wiſſen ſoll. Du wirſt demnach/ treueſter Ponnedro/ ſelbtem eine kleine Schrifft uͤberbringen/ und dir meine Wol- farth nebſt ihm treulich anbefohlen ſeyn laſſen. Nachdem ſie nun ſolche veꝛfertiget/ und dem Pon- nedro uͤberreichet/ nahm er ehrerbietigſten Ab- ſchied/ machte alle benoͤthigte Anſtalt zu ihrer Be- dienung/ und ſuchte Gelegenheit/ auf etliche Stun- den den Printzen zu beſuchen. Welches ihm auch die Abweſenheit des Chaumigrems erlaub- te/ und er ſich ſo fort auff einem fluͤchtigen Klepper nach ſeines Vaters Wohnung begab. So bald er daſelbſt abgeſtiegen/ verfuͤgte er ſich ohne an- dere Beſuchung nach des Printzen Zimmer/ wel- chen er auff einem Stule/ ſeinen Vater vor ihm ſitzen/ und den Scandor neben ihm ſtehend fand. Ponnedro hatte kaum die Schwelle betreten/ ſo ruffte ihm der Printz mit wehmuͤthiger Stimme entgegen: Ach Ponnedro! ſoll ich ſterben oder leben? Wo eine ſchoͤne Princeßin lebet/ antwor- tete Ponnedro/ da darff ein geliebter Printz an kei- nen Tod gedencken. Haltet mich nicht auff/ fuhr der betruͤbte Printz fort/ und entdecket es mit beſ- ſerm Grunde/ als Talemon/ welcher beſorgliche Unwiſſenheit aus Pegu uͤberbracht hat/ was ich zu hoffen habe. Ponnedro erwiederte: Die Princeßin lebet/ und der Printz ſoll auch leben. Sie

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/422>, abgerufen am 15.08.2024.