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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Der Asiatischen Banise.
Printzen verließ/ welcher fast vor Verlangen ster-
ben wolte/ mit der Princeßin gleiche Unterredung
zu pflegen. Ja/ ja/ vergnüge dich nur in Ge-
dancken/ redete Banise ihm nach/ die Götter sol-
len dir statt meiner/ einen Schatten in die Arme
gewähren. Ach aber/ der kalte Schweiß befällt
meine Glieder/ wenn ich an die Kürtze der Zeit/
und an die hefftige Brunst des Tyrannen geden-
cke. Ach Ponnedro/ redete sie den gleich eintre-
tenden Ponnedro an/ in dreyen Tagen muß ich
sterben oder erlöset seyn. Nicht sterben/ nicht ster-
ben/ Gnädigste Princeßin/ antwortete Ponne-
dro/ der Himmel kan offt in einem Augenblicke
mehr gewähren/ als man in vielen Jahren kaum
gehoffet hat. Jnmittelst wird es selbter nicht ent-
gegen fallen/ den beliebten Portugiesen einzulas-
sen. Welches sie von Hertzen bewilligte/ und
Ponnedro den Printzen herein führete. Dieser
fiel alsbald bey seinem Eintritt aus innigster Be-
wegung vor der Princeßin nieder/ ihre Hand zu
küssen/ welche sie ihm aber anfangs verweigerte/
und nicht glauben wolte/ daß dieses der verstellte
Printz sey. Endlich aber auf Zureden des Pon-
nedro/ und einige Versichrung des Printzen/ stel-
lete sie ihnen Glauben bey/ und ließ es geschehen/
daß er ihre Hand mit thränenden Augen küssete/
und sie also anredete: Ach/ innigst geliebteste
Princeßin! so soll ich Sie in solchem Zustande
antreffen/ welchen mein Hertz längst mit blutigen
Thränen beweinet/ und mich gezwungen hat/ aus

hertz-

Der Aſiatiſchen Baniſe.
Printzen verließ/ welcher faſt vor Verlangen ſter-
ben wolte/ mit der Princeßin gleiche Unterredung
zu pflegen. Ja/ ja/ vergnuͤge dich nur in Ge-
dancken/ redete Baniſe ihm nach/ die Goͤtter ſol-
len dir ſtatt meiner/ einen Schatten in die Arme
gewaͤhren. Ach aber/ der kalte Schweiß befaͤllt
meine Glieder/ wenn ich an die Kuͤrtze der Zeit/
und an die hefftige Brunſt des Tyrannen geden-
cke. Ach Ponnedro/ redete ſie den gleich eintre-
tenden Ponnedro an/ in dreyen Tagen muß ich
ſterben oder erloͤſet ſeyn. Nicht ſterben/ nicht ſter-
ben/ Gnaͤdigſte Princeßin/ antwortete Ponne-
dro/ der Himmel kan offt in einem Augenblicke
mehr gewaͤhren/ als man in vielen Jahren kaum
gehoffet hat. Jnmittelſt wird es ſelbter nicht ent-
gegen fallen/ den beliebten Portugieſen einzulaſ-
ſen. Welches ſie von Hertzen bewilligte/ und
Ponnedro den Printzen herein fuͤhrete. Dieſer
fiel alsbald bey ſeinem Eintritt aus innigſter Be-
wegung vor der Princeßin nieder/ ihre Hand zu
kuͤſſen/ welche ſie ihm aber anfangs verweigerte/
und nicht glauben wolte/ daß dieſes der verſtellte
Printz ſey. Endlich aber auf Zureden des Pon-
nedro/ und einige Verſichrung des Printzen/ ſtel-
lete ſie ihnen Glauben bey/ und ließ es geſchehen/
daß er ihre Hand mit thraͤnenden Augen kuͤſſete/
und ſie alſo anredete: Ach/ innigſt geliebteſte
Princeßin! ſo ſoll ich Sie in ſolchem Zuſtande
antreffen/ welchen mein Hertz laͤngſt mit blutigen
Thraͤnen beweinet/ und mich gezwungen hat/ aus

hertz-
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[430/0450] Der Aſiatiſchen Baniſe. Printzen verließ/ welcher faſt vor Verlangen ſter- ben wolte/ mit der Princeßin gleiche Unterredung zu pflegen. Ja/ ja/ vergnuͤge dich nur in Ge- dancken/ redete Baniſe ihm nach/ die Goͤtter ſol- len dir ſtatt meiner/ einen Schatten in die Arme gewaͤhren. Ach aber/ der kalte Schweiß befaͤllt meine Glieder/ wenn ich an die Kuͤrtze der Zeit/ und an die hefftige Brunſt des Tyrannen geden- cke. Ach Ponnedro/ redete ſie den gleich eintre- tenden Ponnedro an/ in dreyen Tagen muß ich ſterben oder erloͤſet ſeyn. Nicht ſterben/ nicht ſter- ben/ Gnaͤdigſte Princeßin/ antwortete Ponne- dro/ der Himmel kan offt in einem Augenblicke mehr gewaͤhren/ als man in vielen Jahren kaum gehoffet hat. Jnmittelſt wird es ſelbter nicht ent- gegen fallen/ den beliebten Portugieſen einzulaſ- ſen. Welches ſie von Hertzen bewilligte/ und Ponnedro den Printzen herein fuͤhrete. Dieſer fiel alsbald bey ſeinem Eintritt aus innigſter Be- wegung vor der Princeßin nieder/ ihre Hand zu kuͤſſen/ welche ſie ihm aber anfangs verweigerte/ und nicht glauben wolte/ daß dieſes der verſtellte Printz ſey. Endlich aber auf Zureden des Pon- nedro/ und einige Verſichrung des Printzen/ ſtel- lete ſie ihnen Glauben bey/ und ließ es geſchehen/ daß er ihre Hand mit thraͤnenden Augen kuͤſſete/ und ſie alſo anredete: Ach/ innigſt geliebteſte Princeßin! ſo ſoll ich Sie in ſolchem Zuſtande antreffen/ welchen mein Hertz laͤngſt mit blutigen Thraͤnen beweinet/ und mich gezwungen hat/ aus hertz-

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/450>, abgerufen am 01.07.2024.