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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Anderes Buch.
sie rühmet diejenigen selig/ welche einen solchen
Käyser zu lieben fähig sind. So stösset sie denn/
fragte er ferner/ solche Seligkeit mit Füssen von
sich: Jst das möglich/ daß sich ein grosser Fürst
von einem schwachen Weibes-Bilde soll abhen-
ckern lassen? Des Nachts lässet sich ihr zaube-
risch Bild im Traume umarmen: Des Ta-
ges knie ich als ein Sclave seuffzende vor ihr/ und
dennoch kan ich durch solche Höllen-Pein nicht ih-
re Gunst erlangen. Soll ich denn nun ihrent-
wegen unvergnügt sterben. Großmächtigster
Käyser/ bemühete sich der Rolim ihm einzureden/
Holtz das bald Feuer fängt/ hält nicht lange Koh-
len. Der Hunds-Stern/ welcher fast die halbe
Welt durch Hitze verzehret/ hat nicht lange Frist
zu brennen. So hoffe ich auch/ es werde Zeit/
Witz und Vernunfft den gählingen Seelen-
Brand in E. M. leschen. Jch muß es selber
gestehen: auch schlechte Blumen gefallen bißwei-
len Augen: Allein/ wo ich urtheilen kan/ so stehet
Banise dem Chaumigrem nicht an. Ach/ leidet!
seuffzete der Trostlose/ diß ist kein Pflaster vor mei-
ne Wunden. Die Seiffe der Verachtung ist zu
wenig/ ihr Bildniß aus meinem Hertzen zu tilgen.
Wie mag euch doch nun die Göttin verächtlich
vorkommen/ welche euch zuvor durch den ersten
Anblick zu einem Beyfall meiner Liebe bewegen
kunte. Der Rolim erwiederte: Des Menschen
Vorwitz fällt bißweilen auff nichtswürdige Din-
ge: und ein geringes Liecht/ welches man zu erst

er-

Anderes Buch.
ſie ruͤhmet diejenigen ſelig/ welche einen ſolchen
Kaͤyſer zu lieben faͤhig ſind. So ſtoͤſſet ſie denn/
fragte er ferner/ ſolche Seligkeit mit Fuͤſſen von
ſich: Jſt das moͤglich/ daß ſich ein groſſer Fuͤrſt
von einem ſchwachen Weibes-Bilde ſoll abhen-
ckern laſſen? Des Nachts laͤſſet ſich ihr zaube-
riſch Bild im Traume umarmen: Des Ta-
ges knie ich als ein Sclave ſeuffzende vor ihr/ und
dennoch kan ich durch ſolche Hoͤllen-Pein nicht ih-
re Gunſt erlangen. Soll ich denn nun ihrent-
wegen unvergnuͤgt ſterben. Großmaͤchtigſter
Kaͤyſer/ bemuͤhete ſich der Rolim ihm einzureden/
Holtz das bald Feuer faͤngt/ haͤlt nicht lange Koh-
len. Der Hunds-Stern/ welcher faſt die halbe
Welt durch Hitze verzehret/ hat nicht lange Friſt
zu brennen. So hoffe ich auch/ es werde Zeit/
Witz und Vernunfft den gaͤhlingen Seelen-
Brand in E. M. leſchen. Jch muß es ſelber
geſtehen: auch ſchlechte Blumen gefallen bißwei-
len Augen: Allein/ wo ich urtheilen kan/ ſo ſtehet
Baniſe dem Chaumigrem nicht an. Ach/ leidet!
ſeuffzete der Troſtloſe/ diß iſt kein Pflaſter vor mei-
ne Wunden. Die Seiffe der Verachtung iſt zu
wenig/ ihr Bildniß aus meinem Hertzen zu tilgen.
Wie mag euch doch nun die Goͤttin veraͤchtlich
vorkommen/ welche euch zuvor durch den erſten
Anblick zu einem Beyfall meiner Liebe bewegen
kunte. Der Rolim erwiederte: Des Menſchen
Vorwitz faͤllt bißweilen auff nichtswuͤrdige Din-
ge: und ein geringes Liecht/ welches man zu erſt

er-
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[429[463]/0483] Anderes Buch. ſie ruͤhmet diejenigen ſelig/ welche einen ſolchen Kaͤyſer zu lieben faͤhig ſind. So ſtoͤſſet ſie denn/ fragte er ferner/ ſolche Seligkeit mit Fuͤſſen von ſich: Jſt das moͤglich/ daß ſich ein groſſer Fuͤrſt von einem ſchwachen Weibes-Bilde ſoll abhen- ckern laſſen? Des Nachts laͤſſet ſich ihr zaube- riſch Bild im Traume umarmen: Des Ta- ges knie ich als ein Sclave ſeuffzende vor ihr/ und dennoch kan ich durch ſolche Hoͤllen-Pein nicht ih- re Gunſt erlangen. Soll ich denn nun ihrent- wegen unvergnuͤgt ſterben. Großmaͤchtigſter Kaͤyſer/ bemuͤhete ſich der Rolim ihm einzureden/ Holtz das bald Feuer faͤngt/ haͤlt nicht lange Koh- len. Der Hunds-Stern/ welcher faſt die halbe Welt durch Hitze verzehret/ hat nicht lange Friſt zu brennen. So hoffe ich auch/ es werde Zeit/ Witz und Vernunfft den gaͤhlingen Seelen- Brand in E. M. leſchen. Jch muß es ſelber geſtehen: auch ſchlechte Blumen gefallen bißwei- len Augen: Allein/ wo ich urtheilen kan/ ſo ſtehet Baniſe dem Chaumigrem nicht an. Ach/ leidet! ſeuffzete der Troſtloſe/ diß iſt kein Pflaſter vor mei- ne Wunden. Die Seiffe der Verachtung iſt zu wenig/ ihr Bildniß aus meinem Hertzen zu tilgen. Wie mag euch doch nun die Goͤttin veraͤchtlich vorkommen/ welche euch zuvor durch den erſten Anblick zu einem Beyfall meiner Liebe bewegen kunte. Der Rolim erwiederte: Des Menſchen Vorwitz faͤllt bißweilen auff nichtswuͤrdige Din- ge: und ein geringes Liecht/ welches man zu erſt er-

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 429[463]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/483>, abgerufen am 22.11.2024.