Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Asiatischen Banise.
die Princeßin hierauff/ sollen die Götter solche
Flucht segnen/ so muß kein geweihtes Blut die
Bahne besprützen. Dem sey aber wie ihm wolle/
und ob alles nach Wundsch hinaus lieffe/ so ist
doch das Löse-Geld vor solche Freyheit allzu kost-
bar/ indem ich meine Keuschheit hier retten/ und
anderswo einbüssen soll. Solte aber gleich das
Absehen auff ein reineres Verbündniß gerichtet
seyn/ so stehet doch dieses im Wege/ daß ich mich
nicht mehr vergeben/ noch meine Liebe theilen kön-
ne. Dannenhero will ich viel lieber in Gedult an-
derwertige Hülffe erwarten: Der Printz von
Tangu aber wird vergnügt seyn/ wenn ich mich
selbten mit solchem Dancke vor diese Vorsorge
verpflichtet achte/ als es Ehre und Tugend zuläs-
set. Dem Zarang war mit Dancksagung alleine
nicht sonders gedienet/ dannenhero er seinen Zweck
gantz verrücket sahe Unempfindliste Princeßin!
redete er sie ferner an/ so können den auch die Zei-
ten und das Unglück/ welche sonsten Ertzt und
Marmor bezwingen/ ihr Hertze nicht entsteinern?
Jst denn meine Liebe so gar verhaßt/ daß sie nur
iederzeit mit verstopfftem Ohr und stählernem Ge-
müthe soll angenommen werden? O so weiß ich
nicht/ ob ich mich der Wehmuth ergeben/ oder die
Götter umb Rache anflehen soll? Gewiß/ eine
solche Härte kan nicht unbestraffet bleiben/ indem
der Himmel selbst mit mir Mitleiden haben/ und
ihr dermaleinst solches Unrecht empfindlichst vor-
stellen wird. Die Princeßin empfand auff dieses

be-

Der Aſiatiſchen Baniſe.
die Princeßin hierauff/ ſollen die Goͤtter ſolche
Flucht ſegnen/ ſo muß kein geweihtes Blut die
Bahne beſpruͤtzen. Dem ſey aber wie ihm wolle/
und ob alles nach Wundſch hinaus lieffe/ ſo iſt
doch das Loͤſe-Geld vor ſolche Freyheit allzu koſt-
bar/ indem ich meine Keuſchheit hier retten/ und
anderswo einbuͤſſen ſoll. Solte aber gleich das
Abſehen auff ein reineres Verbuͤndniß gerichtet
ſeyn/ ſo ſtehet doch dieſes im Wege/ daß ich mich
nicht mehr vergeben/ noch meine Liebe theilen koͤn-
ne. Dannenhero will ich viel lieber in Gedult an-
derwertige Huͤlffe erwarten: Der Printz von
Tangu aber wird vergnuͤgt ſeyn/ wenn ich mich
ſelbten mit ſolchem Dancke vor dieſe Vorſorge
verpflichtet achte/ als es Ehre und Tugend zulaͤſ-
ſet. Dem Zarang war mit Danckſagung alleine
nicht ſonders gedienet/ dannenhero er ſeinen Zweck
gantz verruͤcket ſahe Unempfindliſte Princeßin!
redete er ſie ferner an/ ſo koͤnnen den auch die Zei-
ten und das Ungluͤck/ welche ſonſten Ertzt und
Marmor bezwingen/ ihr Hertze nicht entſteinern?
Jſt denn meine Liebe ſo gar verhaßt/ daß ſie nur
iederzeit mit verſtopfftem Ohr und ſtaͤhlernem Ge-
muͤthe ſoll angenommen werden? O ſo weiß ich
nicht/ ob ich mich der Wehmuth ergeben/ oder die
Goͤtter umb Rache anflehen ſoll? Gewiß/ eine
ſolche Haͤrte kan nicht unbeſtraffet bleiben/ indem
der Himmel ſelbſt mit mir Mitleiden haben/ und
ihr dermaleinſt ſolches Unrecht empfindlichſt vor-
ſtellen wird. Die Princeßin empfand auff dieſes

be-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0542" n="522"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der A&#x017F;iati&#x017F;chen Bani&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
die Princeßin hierauff/ &#x017F;ollen die Go&#x0364;tter &#x017F;olche<lb/>
Flucht &#x017F;egnen/ &#x017F;o muß kein geweihtes Blut die<lb/>
Bahne be&#x017F;pru&#x0364;tzen. Dem &#x017F;ey aber wie ihm wolle/<lb/>
und ob alles nach Wund&#x017F;ch hinaus lieffe/ &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
doch das Lo&#x0364;&#x017F;e-Geld vor &#x017F;olche Freyheit allzu ko&#x017F;t-<lb/>
bar/ indem ich meine Keu&#x017F;chheit hier retten/ und<lb/>
anderswo einbu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;oll. Solte aber gleich das<lb/>
Ab&#x017F;ehen auff ein reineres Verbu&#x0364;ndniß gerichtet<lb/>
&#x017F;eyn/ &#x017F;o &#x017F;tehet doch die&#x017F;es im Wege/ daß ich mich<lb/>
nicht mehr vergeben/ noch meine Liebe theilen ko&#x0364;n-<lb/>
ne. Dannenhero will ich viel lieber in Gedult an-<lb/>
derwertige Hu&#x0364;lffe erwarten: Der Printz von<lb/>
Tangu aber wird vergnu&#x0364;gt &#x017F;eyn/ wenn ich mich<lb/>
&#x017F;elbten mit &#x017F;olchem Dancke vor die&#x017F;e Vor&#x017F;orge<lb/>
verpflichtet achte/ als es Ehre und Tugend zula&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et. Dem Zarang war mit Danck&#x017F;agung alleine<lb/>
nicht &#x017F;onders gedienet/ dannenhero er &#x017F;einen Zweck<lb/>
gantz verru&#x0364;cket &#x017F;ahe Unempfindli&#x017F;te Princeßin!<lb/>
redete er &#x017F;ie ferner an/ &#x017F;o ko&#x0364;nnen den auch die Zei-<lb/>
ten und das Unglu&#x0364;ck/ welche &#x017F;on&#x017F;ten Ertzt und<lb/>
Marmor bezwingen/ ihr Hertze nicht ent&#x017F;teinern?<lb/>
J&#x017F;t denn meine Liebe &#x017F;o gar verhaßt/ daß &#x017F;ie nur<lb/>
iederzeit mit ver&#x017F;topfftem Ohr und &#x017F;ta&#x0364;hlernem Ge-<lb/>
mu&#x0364;the &#x017F;oll angenommen werden? O &#x017F;o weiß ich<lb/>
nicht/ ob ich mich der Wehmuth ergeben/ oder die<lb/>
Go&#x0364;tter umb Rache anflehen &#x017F;oll? Gewiß/ eine<lb/>
&#x017F;olche Ha&#x0364;rte kan nicht unbe&#x017F;traffet bleiben/ indem<lb/>
der Himmel &#x017F;elb&#x017F;t mit mir Mitleiden haben/ und<lb/>
ihr dermalein&#x017F;t &#x017F;olches Unrecht empfindlich&#x017F;t vor-<lb/>
&#x017F;tellen wird. Die Princeßin empfand auff die&#x017F;es<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">be-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[522/0542] Der Aſiatiſchen Baniſe. die Princeßin hierauff/ ſollen die Goͤtter ſolche Flucht ſegnen/ ſo muß kein geweihtes Blut die Bahne beſpruͤtzen. Dem ſey aber wie ihm wolle/ und ob alles nach Wundſch hinaus lieffe/ ſo iſt doch das Loͤſe-Geld vor ſolche Freyheit allzu koſt- bar/ indem ich meine Keuſchheit hier retten/ und anderswo einbuͤſſen ſoll. Solte aber gleich das Abſehen auff ein reineres Verbuͤndniß gerichtet ſeyn/ ſo ſtehet doch dieſes im Wege/ daß ich mich nicht mehr vergeben/ noch meine Liebe theilen koͤn- ne. Dannenhero will ich viel lieber in Gedult an- derwertige Huͤlffe erwarten: Der Printz von Tangu aber wird vergnuͤgt ſeyn/ wenn ich mich ſelbten mit ſolchem Dancke vor dieſe Vorſorge verpflichtet achte/ als es Ehre und Tugend zulaͤſ- ſet. Dem Zarang war mit Danckſagung alleine nicht ſonders gedienet/ dannenhero er ſeinen Zweck gantz verruͤcket ſahe Unempfindliſte Princeßin! redete er ſie ferner an/ ſo koͤnnen den auch die Zei- ten und das Ungluͤck/ welche ſonſten Ertzt und Marmor bezwingen/ ihr Hertze nicht entſteinern? Jſt denn meine Liebe ſo gar verhaßt/ daß ſie nur iederzeit mit verſtopfftem Ohr und ſtaͤhlernem Ge- muͤthe ſoll angenommen werden? O ſo weiß ich nicht/ ob ich mich der Wehmuth ergeben/ oder die Goͤtter umb Rache anflehen ſoll? Gewiß/ eine ſolche Haͤrte kan nicht unbeſtraffet bleiben/ indem der Himmel ſelbſt mit mir Mitleiden haben/ und ihr dermaleinſt ſolches Unrecht empfindlichſt vor- ſtellen wird. Die Princeßin empfand auff dieſes be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/542
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/542>, abgerufen am 22.11.2024.