Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Anderes Buch.
hier muste die Verwunderung den Finger auff
den Mund legen/ weil öffters/ ob zwar ein eheli-
cher/ doch unordenlicher Begierdens-Rauch die
Flamme natürlicher Liebe ersticket. Hier hatte
nun eine boßhaffte Stieff-Mutter den Zweg ih-
res Hasses erreichet/ und der scheltens-würdige
Sabartibam erblödete nicht/ seine unbefugte Ra-
che auch mit so zarten Blute zu kühlen. Der
Tag hatte kaum dem ungewissenhafften Vater
die Ruhe verstöhret/ so befahl er/ die betrübte
Princeßin nebst ihrem Frauenzimmer/ vorer-
zehlter massen/ durch das Feuer zu leiten: Und
damit ja keine Unbarmhertzigkeit unterlassen
würde/ so hielt die ungerechte Königin beweglich
an/ dem Sabartibam die Vollziehung dieses
grausamen Befehls auffzutragen: worein der
verblendete König bald willigte/ und jener diese
Verrichtung mit Freuden auff sich nahm. Wie-
wohl solches alles in solcher Stille vorgenommen
ward/ daß Printz Nherandi nicht das geringste
davon erfuhr. Nachdem aber dieses zarte Bild
durch das Feuer getrieben worden/ befand man/
wie leicht zu erachten/ die Schenckel erbärmlich
zugerichtet und verbrennet: Das andere Frauen-
Zimmer/ ob gleich keines unbeschädiget davon
kam/ wurde doch vor unschuldig erkläret/ und loß-
gelassen: Die Princeßin ward so fort dem ho-
hen Gerichte der alten Mandarynen vorgestellet/
welche ihr mit Bedrohung ärgster Marter zure-
deten/ wie sie diese schändliche That in der Güte

Gü-
M m 2

Anderes Buch.
hier muſte die Verwunderung den Finger auff
den Mund legen/ weil oͤffters/ ob zwar ein eheli-
cher/ doch unordenlicher Begierdens-Rauch die
Flamme natuͤrlicher Liebe erſticket. Hier hatte
nun eine boßhaffte Stieff-Mutter den Zweg ih-
res Haſſes erreichet/ und der ſcheltens-wuͤrdige
Sabartibam erbloͤdete nicht/ ſeine unbefugte Ra-
che auch mit ſo zarten Blute zu kuͤhlen. Der
Tag hatte kaum dem ungewiſſenhafften Vater
die Ruhe verſtoͤhret/ ſo befahl er/ die betruͤbte
Princeßin nebſt ihrem Frauenzimmer/ vorer-
zehlter maſſen/ durch das Feuer zu leiten: Und
damit ja keine Unbarmhertzigkeit unterlaſſen
wuͤrde/ ſo hielt die ungerechte Koͤnigin beweglich
an/ dem Sabartibam die Vollziehung dieſes
grauſamen Befehls auffzutragen: worein der
verblendete Koͤnig bald willigte/ und jener dieſe
Verrichtung mit Freuden auff ſich nahm. Wie-
wohl ſolches alles in ſolcher Stille vorgenommen
ward/ daß Printz Nherandi nicht das geringſte
davon erfuhr. Nachdem aber dieſes zarte Bild
durch das Feuer getrieben worden/ befand man/
wie leicht zu erachten/ die Schenckel erbaͤrmlich
zugerichtet und verbrennet: Das andere Frauen-
Zimmer/ ob gleich keines unbeſchaͤdiget davon
kam/ wurde doch vor unſchuldig erklaͤret/ und loß-
gelaſſen: Die Princeßin ward ſo fort dem ho-
hen Gerichte der alten Mandarynen vorgeſtellet/
welche ihr mit Bedrohung aͤrgſter Marter zure-
deten/ wie ſie dieſe ſchaͤndliche That in der Guͤte

Guͤ-
M m 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0567" n="547"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anderes Buch.</hi></fw><lb/>
hier mu&#x017F;te die Verwunderung den Finger auff<lb/>
den Mund legen/ weil o&#x0364;ffters/ ob zwar ein eheli-<lb/>
cher/ doch unordenlicher Begierdens-Rauch die<lb/>
Flamme natu&#x0364;rlicher Liebe er&#x017F;ticket. Hier hatte<lb/>
nun eine boßhaffte Stieff-Mutter den Zweg ih-<lb/>
res Ha&#x017F;&#x017F;es erreichet/ und der &#x017F;cheltens-wu&#x0364;rdige<lb/>
Sabartibam erblo&#x0364;dete nicht/ &#x017F;eine unbefugte Ra-<lb/>
che auch mit &#x017F;o zarten Blute zu ku&#x0364;hlen. Der<lb/>
Tag hatte kaum dem ungewi&#x017F;&#x017F;enhafften Vater<lb/>
die Ruhe ver&#x017F;to&#x0364;hret/ &#x017F;o befahl er/ die betru&#x0364;bte<lb/>
Princeßin neb&#x017F;t ihrem Frauenzimmer/ vorer-<lb/>
zehlter ma&#x017F;&#x017F;en/ durch das Feuer zu leiten: Und<lb/>
damit ja keine Unbarmhertzigkeit unterla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wu&#x0364;rde/ &#x017F;o hielt die ungerechte Ko&#x0364;nigin beweglich<lb/>
an/ dem Sabartibam die Vollziehung die&#x017F;es<lb/>
grau&#x017F;amen Befehls auffzutragen: worein der<lb/>
verblendete Ko&#x0364;nig bald willigte/ und jener die&#x017F;e<lb/>
Verrichtung mit Freuden auff &#x017F;ich nahm. Wie-<lb/>
wohl &#x017F;olches alles in &#x017F;olcher Stille vorgenommen<lb/>
ward/ daß Printz Nherandi nicht das gering&#x017F;te<lb/>
davon erfuhr. Nachdem aber die&#x017F;es zarte Bild<lb/>
durch das Feuer getrieben worden/ befand man/<lb/>
wie leicht zu erachten/ die Schenckel erba&#x0364;rmlich<lb/>
zugerichtet und verbrennet: Das andere Frauen-<lb/>
Zimmer/ ob gleich keines unbe&#x017F;cha&#x0364;diget davon<lb/>
kam/ wurde doch vor un&#x017F;chuldig erkla&#x0364;ret/ und loß-<lb/>
gela&#x017F;&#x017F;en: Die Princeßin ward &#x017F;o fort dem ho-<lb/>
hen Gerichte der alten Mandarynen vorge&#x017F;tellet/<lb/>
welche ihr mit Bedrohung a&#x0364;rg&#x017F;ter Marter zure-<lb/>
deten/ wie &#x017F;ie die&#x017F;e &#x017F;cha&#x0364;ndliche That in der Gu&#x0364;te<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M m 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Gu&#x0364;-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[547/0567] Anderes Buch. hier muſte die Verwunderung den Finger auff den Mund legen/ weil oͤffters/ ob zwar ein eheli- cher/ doch unordenlicher Begierdens-Rauch die Flamme natuͤrlicher Liebe erſticket. Hier hatte nun eine boßhaffte Stieff-Mutter den Zweg ih- res Haſſes erreichet/ und der ſcheltens-wuͤrdige Sabartibam erbloͤdete nicht/ ſeine unbefugte Ra- che auch mit ſo zarten Blute zu kuͤhlen. Der Tag hatte kaum dem ungewiſſenhafften Vater die Ruhe verſtoͤhret/ ſo befahl er/ die betruͤbte Princeßin nebſt ihrem Frauenzimmer/ vorer- zehlter maſſen/ durch das Feuer zu leiten: Und damit ja keine Unbarmhertzigkeit unterlaſſen wuͤrde/ ſo hielt die ungerechte Koͤnigin beweglich an/ dem Sabartibam die Vollziehung dieſes grauſamen Befehls auffzutragen: worein der verblendete Koͤnig bald willigte/ und jener dieſe Verrichtung mit Freuden auff ſich nahm. Wie- wohl ſolches alles in ſolcher Stille vorgenommen ward/ daß Printz Nherandi nicht das geringſte davon erfuhr. Nachdem aber dieſes zarte Bild durch das Feuer getrieben worden/ befand man/ wie leicht zu erachten/ die Schenckel erbaͤrmlich zugerichtet und verbrennet: Das andere Frauen- Zimmer/ ob gleich keines unbeſchaͤdiget davon kam/ wurde doch vor unſchuldig erklaͤret/ und loß- gelaſſen: Die Princeßin ward ſo fort dem ho- hen Gerichte der alten Mandarynen vorgeſtellet/ welche ihr mit Bedrohung aͤrgſter Marter zure- deten/ wie ſie dieſe ſchaͤndliche That in der Guͤte Guͤ- M m 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/567
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/567>, abgerufen am 29.06.2024.