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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Erstes Buch.
vor dißmal nicht den Klauen der furchtsamen
Wasser-Nympffen übergeben wollen. Ver-
sichert/ ich sahe bereit ein Hauffen schuppichte Po-
sten unter dem Wasser lauffen/ welche die Fische
zusammen beruffen/ und auff eine Mahlzeit einla-
den solten/ wobey ich das vornehmste Gerichte
hätte seyn müssen. Wie nahe mir nun der Tod
müsse gewesen seyn/ ist hieraus abzunehmen/ wenn
ich sage: daß ich schon wie die Hechte auf dem
Rücken zu schwimmen begunte: welches denn
meinen Glauben bestärckte/ daß ich kein Frauen-
zimmer sey/ als welches von der schamhafftigen
Natur bey dergleichen nassen Fällen dazu verse-
hen/ daß sie iederzeit dem Wasser den Fördertheil
des Leibes gönnen/ und auf dem Gesichte schwim-
men müssen. Kurtz: ob ich gleich die Beschaf-
fenheit meiner Todes-Angst/ und drauff erfol-
genden Rettung/ welch ich den Göttern/ und dem
ehrlichen Talemon/ zu dancken habe/ außführli-
cher erzehlen wolte/ so ist es mir doch unmöglich;
weil mich damals mein Wasser-scheuer Geist
gantz verlassen hatte/ und sich erst wieder einstell-
te/ als ich bereits hier auf dem Schlosse in trucke-
ner Wärme lag/ da ich denn alle Menschen vor
Fische ansahe/ nicht anders meinende: ich läge
noch in der feuchten Herberge/ und solte ietzt den
Braten meines Lebens anschneiden lassen.
Nachdem ich mich aber gantz unangebissen fühle/
so bin ich nun nichts mehr besorget/ als um mein
Pferd/ welches mich in diß Unglück gebracht/ und

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Erſtes Buch.
vor dißmal nicht den Klauen der furchtſamen
Waſſer-Nympffen uͤbergeben wollen. Ver-
ſichert/ ich ſahe bereit ein Hauffen ſchuppichte Po-
ſten unter dem Waſſer lauffen/ welche die Fiſche
zuſammen beruffen/ und auff eine Mahlzeit einla-
den ſolten/ wobey ich das vornehmſte Gerichte
haͤtte ſeyn muͤſſen. Wie nahe mir nun der Tod
muͤſſe geweſen ſeyn/ iſt hieraus abzunehmen/ weñ
ich ſage: daß ich ſchon wie die Hechte auf dem
Ruͤcken zu ſchwimmen begunte: welches denn
meinen Glauben beſtaͤrckte/ daß ich kein Frauen-
zimmer ſey/ als welches von der ſchamhafftigen
Natur bey dergleichen naſſen Faͤllen dazu verſe-
hen/ daß ſie iederzeit dem Waſſer den Foͤrdertheil
des Leibes goͤnnen/ und auf dem Geſichte ſchwim-
men muͤſſen. Kurtz: ob ich gleich die Beſchaf-
fenheit meiner Todes-Angſt/ und drauff erfol-
genden Rettung/ welch ich den Goͤttern/ und dem
ehrlichen Talemon/ zu dancken habe/ außfuͤhrli-
cher erzehlen wolte/ ſo iſt es mir doch unmoͤglich;
weil mich damals mein Waſſer-ſcheuer Geiſt
gantz verlaſſen hatte/ und ſich erſt wieder einſtell-
te/ als ich bereits hier auf dem Schloſſe in trucke-
ner Waͤrme lag/ da ich denn alle Menſchen vor
Fiſche anſahe/ nicht anders meinende: ich laͤge
noch in der feuchten Herberge/ und ſolte ietzt den
Braten meines Lebens anſchneiden laſſen.
Nachdem ich mich aber gantz unangebiſſen fuͤhle/
ſo bin ich nun nichts mehr beſorget/ als um mein
Pferd/ welches mich in diß Ungluͤck gebracht/ und

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[39/0059] Erſtes Buch. vor dißmal nicht den Klauen der furchtſamen Waſſer-Nympffen uͤbergeben wollen. Ver- ſichert/ ich ſahe bereit ein Hauffen ſchuppichte Po- ſten unter dem Waſſer lauffen/ welche die Fiſche zuſammen beruffen/ und auff eine Mahlzeit einla- den ſolten/ wobey ich das vornehmſte Gerichte haͤtte ſeyn muͤſſen. Wie nahe mir nun der Tod muͤſſe geweſen ſeyn/ iſt hieraus abzunehmen/ weñ ich ſage: daß ich ſchon wie die Hechte auf dem Ruͤcken zu ſchwimmen begunte: welches denn meinen Glauben beſtaͤrckte/ daß ich kein Frauen- zimmer ſey/ als welches von der ſchamhafftigen Natur bey dergleichen naſſen Faͤllen dazu verſe- hen/ daß ſie iederzeit dem Waſſer den Foͤrdertheil des Leibes goͤnnen/ und auf dem Geſichte ſchwim- men muͤſſen. Kurtz: ob ich gleich die Beſchaf- fenheit meiner Todes-Angſt/ und drauff erfol- genden Rettung/ welch ich den Goͤttern/ und dem ehrlichen Talemon/ zu dancken habe/ außfuͤhrli- cher erzehlen wolte/ ſo iſt es mir doch unmoͤglich; weil mich damals mein Waſſer-ſcheuer Geiſt gantz verlaſſen hatte/ und ſich erſt wieder einſtell- te/ als ich bereits hier auf dem Schloſſe in trucke- ner Waͤrme lag/ da ich denn alle Menſchen vor Fiſche anſahe/ nicht anders meinende: ich laͤge noch in der feuchten Herberge/ und ſolte ietzt den Braten meines Lebens anſchneiden laſſen. Nachdem ich mich aber gantz unangebiſſen fuͤhle/ ſo bin ich nun nichts mehr beſorget/ als um mein Pferd/ welches mich in diß Ungluͤck gebracht/ und her- C 4

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/59>, abgerufen am 17.06.2024.