Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Buch.
sem Kindliches Andencken/ zu jenem aber Schwe-
sterliche Zuneigung/ verbindet. Weil aber der
väterlichen Liebe von den Göttern anbefohlen ist/
die Wolfarth ihrer Kinder genau zu beobachten;
solcher Vorsorge aber/ ich Unglückselige/ mich nie
von meinem Vater rühmen können: als achte ich
davor/ es sey mir von den Göttern wohl erlaubet/
mich mehr über den nunmehro blühenden Wohl-
stand meines innigst-geliebtesten Printzens/ als
Bruders/ zu erfreuen: als jenes zu betrauren/ und
alles Leid mit unserm unartigen Vater zu ver-
scharren. Denn wie das unerforschliche Ver-
hängnis/ als ein unfehlbarer Aug-Apffel der
Gottheit/ nicht iederzeit seinen Diamantenen
Schluß/ denen Menschen durch Blitz und Sturm/
sondern auch öffters durch erfreuliche Sonnen-
Blicke will zu verstehen geben; also hat es dem-
selben auch vor ietzo beliebet/ auf einer Seiten den
Thron von Ava in einen Sarg/ und dessen Crone
in einen Cypressen-Krantz zu verwandeln; ich will
sagen: J. Maj. unsern Herrn Vater durch einen
schleunigen Todes-Fall/ vor kurtzer Zeit/ aus die-
ser Welt in die unsichtbare Höhe zu erheben: An-
dern Theils aber/ die Crone von Ava durch recht-
mäßige Folge auf das Haupt des Erb-Printzens
zu setzen/ welcher denn von allen getreuen Avanern
mit höchstem Verlangen erwartet/ das starcke
Regiments-Ruder aber immittelst durch meine
schwache Hand/ zu Verhütung alles unordentli-
chen Wesens/ so lange geführet wird/ biß mich der

tapfe-
C 5

Erſtes Buch.
ſem Kindliches Andencken/ zu jenem aber Schwe-
ſterliche Zuneigung/ verbindet. Weil aber der
vaͤterlichen Liebe von den Goͤttern anbefohlen iſt/
die Wolfarth ihrer Kinder genau zu beobachten;
ſolcher Vorſorge aber/ ich Ungluͤckſelige/ mich nie
von meinem Vater ruͤhmen koͤnnen: als achte ich
davor/ es ſey mir von den Goͤttern wohl erlaubet/
mich mehr uͤber den nunmehro bluͤhenden Wohl-
ſtand meines innigſt-geliebteſten Printzens/ als
Bruders/ zu erfreuen: als jenes zu betrauren/ und
alles Leid mit unſerm unartigen Vater zu ver-
ſcharren. Denn wie das unerforſchliche Ver-
haͤngnis/ als ein unfehlbarer Aug-Apffel der
Gottheit/ nicht iederzeit ſeinen Diamantenen
Schluß/ denen Menſchen durch Blitz und Sturm/
ſondern auch oͤffters durch erfreuliche Sonnen-
Blicke will zu verſtehen geben; alſo hat es dem-
ſelben auch vor ietzo beliebet/ auf einer Seiten den
Thron von Ava in einen Sarg/ und deſſen Crone
in einen Cypreſſen-Krantz zu verwandeln; ich will
ſagen: J. Maj. unſern Herrn Vater durch einen
ſchleunigen Todes-Fall/ vor kurtzer Zeit/ aus die-
ſer Welt in die unſichtbare Hoͤhe zu erheben: An-
dern Theils aber/ die Crone von Ava durch recht-
maͤßige Folge auf das Haupt des Erb-Printzens
zu ſetzen/ welcher denn von allen getreuen Avanern
mit hoͤchſtem Verlangen erwartet/ das ſtarcke
Regiments-Ruder aber immittelſt durch meine
ſchwache Hand/ zu Verhuͤtung alles unordentli-
chen Weſens/ ſo lange gefuͤhret wird/ biß mich der

tapfe-
C 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div>
              <p><pb facs="#f0061" n="41"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Er&#x017F;tes Buch.</hi></fw><lb/>
&#x017F;em Kindliches Andencken/ zu jenem aber Schwe-<lb/>
&#x017F;terliche Zuneigung/ verbindet. Weil aber der<lb/>
va&#x0364;terlichen Liebe von den Go&#x0364;ttern anbefohlen i&#x017F;t/<lb/>
die Wolfarth ihrer Kinder genau zu beobachten;<lb/>
&#x017F;olcher Vor&#x017F;orge aber/ ich Unglu&#x0364;ck&#x017F;elige/ mich nie<lb/>
von meinem Vater ru&#x0364;hmen ko&#x0364;nnen: als achte ich<lb/>
davor/ es &#x017F;ey mir von den Go&#x0364;ttern wohl erlaubet/<lb/>
mich mehr u&#x0364;ber den nunmehro blu&#x0364;henden Wohl-<lb/>
&#x017F;tand meines innig&#x017F;t-geliebte&#x017F;ten Printzens/ als<lb/>
Bruders/ zu erfreuen: als jenes zu betrauren/ und<lb/>
alles Leid mit un&#x017F;erm unartigen Vater zu ver-<lb/>
&#x017F;charren. Denn wie das unerfor&#x017F;chliche Ver-<lb/>
ha&#x0364;ngnis/ als ein unfehlbarer Aug-Apffel der<lb/>
Gottheit/ nicht iederzeit &#x017F;einen Diamantenen<lb/>
Schluß/ denen Men&#x017F;chen durch Blitz und Sturm/<lb/>
&#x017F;ondern auch o&#x0364;ffters durch erfreuliche Sonnen-<lb/>
Blicke will zu ver&#x017F;tehen geben; al&#x017F;o hat es dem-<lb/>
&#x017F;elben auch vor ietzo beliebet/ auf einer Seiten den<lb/>
Thron von Ava in einen Sarg/ und de&#x017F;&#x017F;en Crone<lb/>
in einen Cypre&#x017F;&#x017F;en-Krantz zu verwandeln; ich will<lb/>
&#x017F;agen: J. Maj. un&#x017F;ern Herrn Vater durch einen<lb/>
&#x017F;chleunigen Todes-Fall/ vor kurtzer Zeit/ aus die-<lb/>
&#x017F;er Welt in die un&#x017F;ichtbare Ho&#x0364;he zu erheben: An-<lb/>
dern Theils aber/ die Crone von Ava durch recht-<lb/>
ma&#x0364;ßige Folge auf das Haupt des Erb-Printzens<lb/>
zu &#x017F;etzen/ welcher denn von allen getreuen Avanern<lb/>
mit ho&#x0364;ch&#x017F;tem Verlangen erwartet/ das &#x017F;tarcke<lb/>
Regiments-Ruder aber immittel&#x017F;t durch meine<lb/>
&#x017F;chwache Hand/ zu Verhu&#x0364;tung alles unordentli-<lb/>
chen We&#x017F;ens/ &#x017F;o lange gefu&#x0364;hret wird/ biß mich der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 5</fw><fw place="bottom" type="catch">tapfe-</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0061] Erſtes Buch. ſem Kindliches Andencken/ zu jenem aber Schwe- ſterliche Zuneigung/ verbindet. Weil aber der vaͤterlichen Liebe von den Goͤttern anbefohlen iſt/ die Wolfarth ihrer Kinder genau zu beobachten; ſolcher Vorſorge aber/ ich Ungluͤckſelige/ mich nie von meinem Vater ruͤhmen koͤnnen: als achte ich davor/ es ſey mir von den Goͤttern wohl erlaubet/ mich mehr uͤber den nunmehro bluͤhenden Wohl- ſtand meines innigſt-geliebteſten Printzens/ als Bruders/ zu erfreuen: als jenes zu betrauren/ und alles Leid mit unſerm unartigen Vater zu ver- ſcharren. Denn wie das unerforſchliche Ver- haͤngnis/ als ein unfehlbarer Aug-Apffel der Gottheit/ nicht iederzeit ſeinen Diamantenen Schluß/ denen Menſchen durch Blitz und Sturm/ ſondern auch oͤffters durch erfreuliche Sonnen- Blicke will zu verſtehen geben; alſo hat es dem- ſelben auch vor ietzo beliebet/ auf einer Seiten den Thron von Ava in einen Sarg/ und deſſen Crone in einen Cypreſſen-Krantz zu verwandeln; ich will ſagen: J. Maj. unſern Herrn Vater durch einen ſchleunigen Todes-Fall/ vor kurtzer Zeit/ aus die- ſer Welt in die unſichtbare Hoͤhe zu erheben: An- dern Theils aber/ die Crone von Ava durch recht- maͤßige Folge auf das Haupt des Erb-Printzens zu ſetzen/ welcher denn von allen getreuen Avanern mit hoͤchſtem Verlangen erwartet/ das ſtarcke Regiments-Ruder aber immittelſt durch meine ſchwache Hand/ zu Verhuͤtung alles unordentli- chen Weſens/ ſo lange gefuͤhret wird/ biß mich der tapfe- C 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/61
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/61>, abgerufen am 21.11.2024.