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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Drittes Buch.
er nicht anders/ denn sich mit etliche hundert tau-
send Mann im Felde herum zu schlagen/ gewoh-
net wäre. Wegen der Princeßin/ so könte er nicht
läugnen/ wenn er die Stadt eroberte/ daß er sich
dieselbe Beute/ vermöge der Kriegs-Räison/ zu-
eignen würde. Würden aber die Götter dem
Printzen von Tangu hierinnen den Vorzug gön-
nen/ so möchte er sich gleichfalls ihrer anmassen.

Ob nun zwar diese tapffermüthige Antwort
dem Zarang nicht allerdings anständig war/ so
ließ er sich doch den falschen Vorschlag belieben/
daß der jenige/ welcher die Stadt zu erst eroberte/
auch die Princeßin unter die Beute zehlen solte.

Hier wollen wir diese zwey Löwen den Tyger
bestreiten lassen/ und uns nach dem Printzen Nhe-
randi umsehen/ wo dieser in solcher Unruhe geblie-
ben sey? Erwehnter Printz war in währendem
Heraus-Zuge nach Pegu/ völlig gesund worden/
dahero ihm denn seine Gefangenschafft desto be-
schwerlicher fiel/ und/ nachdem er von der Prin-
ceßin/ seiner Schwester/ und dem treuen Hüter
Abaxar/ abgesondert war/ welche nach Pegu in
die Burg zur Verwahrung geschicket worden: so
war ihm dieses eine unerträgliche Seelen-Pein/
also gleichsam/ durch die Augen der Wächter ge-
bunden/ den Feinden seines Reiches zu folgen.
Dannenhero er sich äusserst bemühte/ einen und
andern/ dem seine Obsicht anvertrauet war/ auff
seine Seite zu bringen: Welches ihm endlich/
weil zumal bey solcher Kriegs-Verwirrung nicht

son-

Drittes Buch.
er nicht anders/ denn ſich mit etliche hundert tau-
ſend Mann im Felde herum zu ſchlagen/ gewoh-
net waͤre. Wegen der Princeßin/ ſo koͤnte er nicht
laͤugnen/ wenn er die Stadt eroberte/ daß er ſich
dieſelbe Beute/ vermoͤge der Kriegs-Raͤiſon/ zu-
eignen wuͤrde. Wuͤrden aber die Goͤtter dem
Printzen von Tangu hierinnen den Vorzug goͤn-
nen/ ſo moͤchte er ſich gleichfalls ihrer anmaſſen.

Ob nun zwar dieſe tapffermuͤthige Antwort
dem Zarang nicht allerdings anſtaͤndig war/ ſo
ließ er ſich doch den falſchen Vorſchlag belieben/
daß der jenige/ welcher die Stadt zu erſt eroberte/
auch die Princeßin unter die Beute zehlen ſolte.

Hier wollen wir dieſe zwey Loͤwen den Tyger
beſtreiten laſſen/ und uns nach dem Printzen Nhe-
randi umſehen/ wo dieſer in ſolcher Unruhe geblie-
ben ſey? Erwehnter Printz war in waͤhrendem
Heraus-Zuge nach Pegu/ voͤllig geſund worden/
dahero ihm denn ſeine Gefangenſchafft deſto be-
ſchwerlicher fiel/ und/ nachdem er von der Prin-
ceßin/ ſeiner Schweſter/ und dem treuen Huͤter
Abaxar/ abgeſondert war/ welche nach Pegu in
die Burg zur Verwahrung geſchicket worden: ſo
war ihm dieſes eine unertraͤgliche Seelen-Pein/
alſo gleichſam/ durch die Augen der Waͤchter ge-
bunden/ den Feinden ſeines Reiches zu folgen.
Dannenhero er ſich aͤuſſerſt bemuͤhte/ einen und
andern/ dem ſeine Obſicht anvertrauet war/ auff
ſeine Seite zu bringen: Welches ihm endlich/
weil zumal bey ſolcher Kriegs-Verwirrung nicht

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[603/0623] Drittes Buch. er nicht anders/ denn ſich mit etliche hundert tau- ſend Mann im Felde herum zu ſchlagen/ gewoh- net waͤre. Wegen der Princeßin/ ſo koͤnte er nicht laͤugnen/ wenn er die Stadt eroberte/ daß er ſich dieſelbe Beute/ vermoͤge der Kriegs-Raͤiſon/ zu- eignen wuͤrde. Wuͤrden aber die Goͤtter dem Printzen von Tangu hierinnen den Vorzug goͤn- nen/ ſo moͤchte er ſich gleichfalls ihrer anmaſſen. Ob nun zwar dieſe tapffermuͤthige Antwort dem Zarang nicht allerdings anſtaͤndig war/ ſo ließ er ſich doch den falſchen Vorſchlag belieben/ daß der jenige/ welcher die Stadt zu erſt eroberte/ auch die Princeßin unter die Beute zehlen ſolte. Hier wollen wir dieſe zwey Loͤwen den Tyger beſtreiten laſſen/ und uns nach dem Printzen Nhe- randi umſehen/ wo dieſer in ſolcher Unruhe geblie- ben ſey? Erwehnter Printz war in waͤhrendem Heraus-Zuge nach Pegu/ voͤllig geſund worden/ dahero ihm denn ſeine Gefangenſchafft deſto be- ſchwerlicher fiel/ und/ nachdem er von der Prin- ceßin/ ſeiner Schweſter/ und dem treuen Huͤter Abaxar/ abgeſondert war/ welche nach Pegu in die Burg zur Verwahrung geſchicket worden: ſo war ihm dieſes eine unertraͤgliche Seelen-Pein/ alſo gleichſam/ durch die Augen der Waͤchter ge- bunden/ den Feinden ſeines Reiches zu folgen. Dannenhero er ſich aͤuſſerſt bemuͤhte/ einen und andern/ dem ſeine Obſicht anvertrauet war/ auff ſeine Seite zu bringen: Welches ihm endlich/ weil zumal bey ſolcher Kriegs-Verwirrung nicht ſon-

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 603. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/623>, abgerufen am 22.11.2024.