Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Asiatischen Banise.
than/ welche mit güldenen Ketten an den Füssen/
und vielen köstlichen Kleinodien um den Halß be-
leget waren. Diese/ da sie dem Entseelten grosse
Ehrerbietung erwiesen hatten/ giengen sie rings
um das Grab herum/ und fochten mit bolssen Se-
beln: Gleichsam als ob sie die Teuffel vertreiben
wolten; wobey sie zugleich überlaut sprachen:
Weichet ihr Verfluchten in den Abgrund des
Rauch-Hauses/ allda ihr zu einer ewigen Straf-
fe/ ohne Auffhören sterben/ und doch nimmermehr
ersterben werdet können/ damit ihr das strenge
Gerichte des hohen HErrns bezahlen müsset.
Darauff giengen sie ab/ nachdem sie mit einem
starcken Geheule so viel zu verstehen gegeben hat-
ten/ wie daß nunmehro die Leiche von der Teuffel
Gewalt/ die vorhin von ihnen belagert gewesen/
allerdings erlöset und befreyt wäre.

Alsdenn folgten sechs und zwantzig von den
vornehmsten Taligrepos/ so alle über achtzig Jahr
alt/ und in viol-braunen Damask gekleidet wa-
ren/ denen zwölff Thürhüter mit silbernen Kolben
vortraten. Da nun diese das Grab zum vierdten
mahl mit grosser Ehrerbietung beräuchert hatten/
fielen sie alle auff ihre Angesichter zur Erden nie-
der/ und redete einer von ihnen den entleibten Ro-
lim also an: Wofern die Wolcken des Him-
mels unser Betrübniß den Thieren des Landes sa-
gen könten/ so würden diese gewißlich ihre Weide
verlassen/ und uns so wohl deinen gewaltsamen
Tod/ als auch unsere äuserste Wehmuth bewei-

nen

Der Aſiatiſchen Baniſe.
than/ welche mit guͤldenen Ketten an den Fuͤſſen/
und vielen koͤſtlichen Kleinodien um den Halß be-
leget waren. Dieſe/ da ſie dem Entſeelten groſſe
Ehrerbietung erwieſen hatten/ giengen ſie rings
um das Grab herum/ und fochten mit bolſſen Se-
beln: Gleichſam als ob ſie die Teuffel vertreiben
wolten; wobey ſie zugleich uͤberlaut ſprachen:
Weichet ihr Verfluchten in den Abgrund des
Rauch-Hauſes/ allda ihr zu einer ewigen Straf-
fe/ ohne Auffhoͤren ſterben/ und doch nimmermehr
erſterben werdet koͤnnen/ damit ihr das ſtrenge
Gerichte des hohen HErrns bezahlen muͤſſet.
Darauff giengen ſie ab/ nachdem ſie mit einem
ſtarcken Geheule ſo viel zu verſtehen gegeben hat-
ten/ wie daß nunmehro die Leiche von der Teuffel
Gewalt/ die vorhin von ihnen belagert geweſen/
allerdings erloͤſet und befreyt waͤre.

Alsdenn folgten ſechs und zwantzig von den
vornehmſten Taligrepos/ ſo alle uͤber achtzig Jahr
alt/ und in viol-braunen Damask gekleidet wa-
ren/ denen zwoͤlff Thuͤrhuͤter mit ſilbernen Kolben
vortraten. Da nun dieſe das Grab zum vierdten
mahl mit groſſer Ehrerbietung beraͤuchert hatten/
fielen ſie alle auff ihre Angeſichter zur Erden nie-
der/ und redete einer von ihnen den entleibten Ro-
lim alſo an: Wofern die Wolcken des Him-
mels unſer Betruͤbniß den Thieren des Landes ſa-
gen koͤnten/ ſo wuͤrden dieſe gewißlich ihre Weide
verlaſſen/ und uns ſo wohl deinen gewaltſamen
Tod/ als auch unſere aͤuſerſte Wehmuth bewei-

nen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0634" n="614"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der A&#x017F;iati&#x017F;chen Bani&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
than/ welche mit gu&#x0364;ldenen Ketten an den Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
und vielen ko&#x0364;&#x017F;tlichen Kleinodien um den Halß be-<lb/>
leget waren. Die&#x017F;e/ da &#x017F;ie dem Ent&#x017F;eelten gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Ehrerbietung erwie&#x017F;en hatten/ giengen &#x017F;ie rings<lb/>
um das Grab herum/ und fochten mit bol&#x017F;&#x017F;en Se-<lb/>
beln: Gleich&#x017F;am als ob &#x017F;ie die Teuffel vertreiben<lb/>
wolten; wobey &#x017F;ie zugleich u&#x0364;berlaut &#x017F;prachen:<lb/>
Weichet ihr Verfluchten in den Abgrund des<lb/>
Rauch-Hau&#x017F;es/ allda ihr zu einer ewigen Straf-<lb/>
fe/ ohne Auffho&#x0364;ren &#x017F;terben/ und doch nimmermehr<lb/>
er&#x017F;terben werdet ko&#x0364;nnen/ damit ihr das &#x017F;trenge<lb/>
Gerichte des hohen HErrns bezahlen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et.<lb/>
Darauff giengen &#x017F;ie ab/ nachdem &#x017F;ie mit einem<lb/>
&#x017F;tarcken Geheule &#x017F;o viel zu ver&#x017F;tehen gegeben hat-<lb/>
ten/ wie daß nunmehro die Leiche von der Teuffel<lb/>
Gewalt/ die vorhin von ihnen belagert gewe&#x017F;en/<lb/>
allerdings erlo&#x0364;&#x017F;et und befreyt wa&#x0364;re.</p><lb/>
        <p>Alsdenn folgten &#x017F;echs und zwantzig von den<lb/>
vornehm&#x017F;ten Taligrepos/ &#x017F;o alle u&#x0364;ber achtzig Jahr<lb/>
alt/ und in viol-braunen Damask gekleidet wa-<lb/>
ren/ denen zwo&#x0364;lff Thu&#x0364;rhu&#x0364;ter mit &#x017F;ilbernen Kolben<lb/>
vortraten. Da nun die&#x017F;e das Grab zum vierdten<lb/>
mahl mit gro&#x017F;&#x017F;er Ehrerbietung bera&#x0364;uchert hatten/<lb/>
fielen &#x017F;ie alle auff ihre Ange&#x017F;ichter zur Erden nie-<lb/>
der/ und redete einer von ihnen den entleibten Ro-<lb/>
lim al&#x017F;o an: Wofern die Wolcken des Him-<lb/>
mels un&#x017F;er Betru&#x0364;bniß den Thieren des Landes &#x017F;a-<lb/>
gen ko&#x0364;nten/ &#x017F;o wu&#x0364;rden die&#x017F;e gewißlich ihre Weide<lb/>
verla&#x017F;&#x017F;en/ und uns &#x017F;o wohl deinen gewalt&#x017F;amen<lb/>
Tod/ als auch un&#x017F;ere a&#x0364;u&#x017F;er&#x017F;te Wehmuth bewei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[614/0634] Der Aſiatiſchen Baniſe. than/ welche mit guͤldenen Ketten an den Fuͤſſen/ und vielen koͤſtlichen Kleinodien um den Halß be- leget waren. Dieſe/ da ſie dem Entſeelten groſſe Ehrerbietung erwieſen hatten/ giengen ſie rings um das Grab herum/ und fochten mit bolſſen Se- beln: Gleichſam als ob ſie die Teuffel vertreiben wolten; wobey ſie zugleich uͤberlaut ſprachen: Weichet ihr Verfluchten in den Abgrund des Rauch-Hauſes/ allda ihr zu einer ewigen Straf- fe/ ohne Auffhoͤren ſterben/ und doch nimmermehr erſterben werdet koͤnnen/ damit ihr das ſtrenge Gerichte des hohen HErrns bezahlen muͤſſet. Darauff giengen ſie ab/ nachdem ſie mit einem ſtarcken Geheule ſo viel zu verſtehen gegeben hat- ten/ wie daß nunmehro die Leiche von der Teuffel Gewalt/ die vorhin von ihnen belagert geweſen/ allerdings erloͤſet und befreyt waͤre. Alsdenn folgten ſechs und zwantzig von den vornehmſten Taligrepos/ ſo alle uͤber achtzig Jahr alt/ und in viol-braunen Damask gekleidet wa- ren/ denen zwoͤlff Thuͤrhuͤter mit ſilbernen Kolben vortraten. Da nun dieſe das Grab zum vierdten mahl mit groſſer Ehrerbietung beraͤuchert hatten/ fielen ſie alle auff ihre Angeſichter zur Erden nie- der/ und redete einer von ihnen den entleibten Ro- lim alſo an: Wofern die Wolcken des Him- mels unſer Betruͤbniß den Thieren des Landes ſa- gen koͤnten/ ſo wuͤrden dieſe gewißlich ihre Weide verlaſſen/ und uns ſo wohl deinen gewaltſamen Tod/ als auch unſere aͤuſerſte Wehmuth bewei- nen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/634
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 614. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/634>, abgerufen am 26.06.2024.