Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch.
das Volck aber sich nach und nach verlohr/ und
also dieser traurigen Handlung ein Ende gemacht
wurde.

Tages darauff ließ der Käyser allen Priestern
anbefehlen/ die Wahl eines neuen Rolims in ihr
Gebet zu schliessen/ zu welcher er neuntzig Gre-
pos erwehlte. Als aber diese über solcher Wahl
nicht einig werden kunten/ verminderte er solche
Zahl biß auff neune/ welche inner vier und zwan-
tzig Stunden einen achtzig jährigen Mann/ Na-
mens Mouchan/ aus der Stadt Digum/ mit ein-
helliger Stimme zum Rolim ernenneten. Chau-
migrem schiene über dieser Wahl höchst erfreuet
zu seyn/ dahero er denn so bald seinen Stieff-Bru-
der nebst dem grösten Adel nach seiner Behausung
schickte/ und ihn abholen ließ/ welchen er vor dem
Tempel des Gottes der tausend Götter entgegen
kam/ sich vor ihm neigte/ und dreymahl die Erde
küssete: Der neue Rolim aber hub ihn von der
Erden auff/ und rührte mit der Hand des Käy-
sers Haupt an/ welches er sich vor die gröste Ehre
achtete/ indem er ihm zugleich/ als er kniete/ drey-
mal auf das Haupt bließ/ da denn alles Volck zur
Erden fiel. Darauff setzte man den neuen Ro-
lim auff einen güldenen/ und mit kostbaren Per-
len besetzten Stuhl/ und trug ihn nach dem Tem-
pel zu. Rings um ihn her giengen zwölff Kinder
in gelben Atlaß gekleidet/ mit Hüten von geblüm-
ten Zeuge/ und führeten güldene Zepter in ihren
Händen. Vor und hinter ihm folgten alle an-

we-

Drittes Buch.
das Volck aber ſich nach und nach verlohr/ und
alſo dieſer traurigen Handlung ein Ende gemacht
wurde.

Tages darauff ließ der Kaͤyſer allen Prieſtern
anbefehlen/ die Wahl eines neuen Rolims in ihr
Gebet zu ſchlieſſen/ zu welcher er neuntzig Gre-
pos erwehlte. Als aber dieſe uͤber ſolcher Wahl
nicht einig werden kunten/ verminderte er ſolche
Zahl biß auff neune/ welche inner vier und zwan-
tzig Stunden einen achtzig jaͤhrigen Mann/ Na-
mens Mouchan/ aus der Stadt Digum/ mit ein-
helliger Stimme zum Rolim ernenneten. Chau-
migrem ſchiene uͤber dieſer Wahl hoͤchſt erfreuet
zu ſeyn/ dahero er denn ſo bald ſeinen Stieff-Bru-
der nebſt dem groͤſten Adel nach ſeiner Behauſung
ſchickte/ und ihn abholen ließ/ welchen er vor dem
Tempel des Gottes der tauſend Goͤtter entgegen
kam/ ſich vor ihm neigte/ und dreymahl die Erde
kuͤſſete: Der neue Rolim aber hub ihn von der
Erden auff/ und ruͤhrte mit der Hand des Kaͤy-
ſers Haupt an/ welches er ſich vor die groͤſte Ehre
achtete/ indem er ihm zugleich/ als er kniete/ drey-
mal auf das Haupt bließ/ da denn alles Volck zur
Erden fiel. Darauff ſetzte man den neuen Ro-
lim auff einen guͤldenen/ und mit koſtbaren Per-
len beſetzten Stuhl/ und trug ihn nach dem Tem-
pel zu. Rings um ihn her giengen zwoͤlff Kinder
in gelben Atlaß gekleidet/ mit Huͤten von gebluͤm-
ten Zeuge/ und fuͤhreten guͤldene Zepter in ihren
Haͤnden. Vor und hinter ihm folgten alle an-

we-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0639" n="619"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch.</hi></fw><lb/>
das Volck aber &#x017F;ich nach und nach verlohr/ und<lb/>
al&#x017F;o die&#x017F;er traurigen Handlung ein Ende gemacht<lb/>
wurde.</p><lb/>
        <p>Tages darauff ließ der Ka&#x0364;y&#x017F;er allen Prie&#x017F;tern<lb/>
anbefehlen/ die Wahl eines neuen Rolims in ihr<lb/>
Gebet zu &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en/ zu welcher er neuntzig Gre-<lb/>
pos erwehlte. Als aber die&#x017F;e u&#x0364;ber &#x017F;olcher Wahl<lb/>
nicht einig werden kunten/ verminderte er &#x017F;olche<lb/>
Zahl biß auff neune/ welche inner vier und zwan-<lb/>
tzig Stunden einen achtzig ja&#x0364;hrigen Mann/ Na-<lb/>
mens Mouchan/ aus der Stadt Digum/ mit ein-<lb/>
helliger Stimme zum Rolim ernenneten. Chau-<lb/>
migrem &#x017F;chiene u&#x0364;ber die&#x017F;er Wahl ho&#x0364;ch&#x017F;t erfreuet<lb/>
zu &#x017F;eyn/ dahero er denn &#x017F;o bald &#x017F;einen Stieff-Bru-<lb/>
der neb&#x017F;t dem gro&#x0364;&#x017F;ten Adel nach &#x017F;einer Behau&#x017F;ung<lb/>
&#x017F;chickte/ und ihn abholen ließ/ welchen er vor dem<lb/>
Tempel des Gottes der tau&#x017F;end Go&#x0364;tter entgegen<lb/>
kam/ &#x017F;ich vor ihm neigte/ und dreymahl die Erde<lb/>
ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;ete: Der neue Rolim aber hub ihn von der<lb/>
Erden auff/ und ru&#x0364;hrte mit der Hand des Ka&#x0364;y-<lb/>
&#x017F;ers Haupt an/ welches er &#x017F;ich vor die gro&#x0364;&#x017F;te Ehre<lb/>
achtete/ indem er ihm zugleich/ als er kniete/ drey-<lb/>
mal auf das Haupt bließ/ da denn alles Volck zur<lb/>
Erden fiel. Darauff &#x017F;etzte man den neuen Ro-<lb/>
lim auff einen gu&#x0364;ldenen/ und mit ko&#x017F;tbaren Per-<lb/>
len be&#x017F;etzten Stuhl/ und trug ihn nach dem Tem-<lb/>
pel zu. Rings um ihn her giengen zwo&#x0364;lff Kinder<lb/>
in gelben Atlaß gekleidet/ mit Hu&#x0364;ten von geblu&#x0364;m-<lb/>
ten Zeuge/ und fu&#x0364;hreten gu&#x0364;ldene Zepter in ihren<lb/>
Ha&#x0364;nden. Vor und hinter ihm folgten alle an-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">we-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[619/0639] Drittes Buch. das Volck aber ſich nach und nach verlohr/ und alſo dieſer traurigen Handlung ein Ende gemacht wurde. Tages darauff ließ der Kaͤyſer allen Prieſtern anbefehlen/ die Wahl eines neuen Rolims in ihr Gebet zu ſchlieſſen/ zu welcher er neuntzig Gre- pos erwehlte. Als aber dieſe uͤber ſolcher Wahl nicht einig werden kunten/ verminderte er ſolche Zahl biß auff neune/ welche inner vier und zwan- tzig Stunden einen achtzig jaͤhrigen Mann/ Na- mens Mouchan/ aus der Stadt Digum/ mit ein- helliger Stimme zum Rolim ernenneten. Chau- migrem ſchiene uͤber dieſer Wahl hoͤchſt erfreuet zu ſeyn/ dahero er denn ſo bald ſeinen Stieff-Bru- der nebſt dem groͤſten Adel nach ſeiner Behauſung ſchickte/ und ihn abholen ließ/ welchen er vor dem Tempel des Gottes der tauſend Goͤtter entgegen kam/ ſich vor ihm neigte/ und dreymahl die Erde kuͤſſete: Der neue Rolim aber hub ihn von der Erden auff/ und ruͤhrte mit der Hand des Kaͤy- ſers Haupt an/ welches er ſich vor die groͤſte Ehre achtete/ indem er ihm zugleich/ als er kniete/ drey- mal auf das Haupt bließ/ da denn alles Volck zur Erden fiel. Darauff ſetzte man den neuen Ro- lim auff einen guͤldenen/ und mit koſtbaren Per- len beſetzten Stuhl/ und trug ihn nach dem Tem- pel zu. Rings um ihn her giengen zwoͤlff Kinder in gelben Atlaß gekleidet/ mit Huͤten von gebluͤm- ten Zeuge/ und fuͤhreten guͤldene Zepter in ihren Haͤnden. Vor und hinter ihm folgten alle an- we-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/639
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 619. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/639>, abgerufen am 22.11.2024.