Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Der Asiatischen Banise. maliges Beyspiel der Unvollkommenheit Mensch-licher Freude vor uns sehen. Denn als sie bereits durch einigen Unweg die verhasseten Gräntzen von Brama hinter sich geleget/ und zu Carpa ihr Lager geschlagen hatte/ von welchem Orte sie nur noch eine Tagereise biß nach Pegu zu zehlen wu- ste: Da überlegte sie mit tausend Freuden/ wie sie durch eine Verstellung das Aracanische Lager er- schrecken/ und sich hernach mit beliebter Anmuth zu erkennen geben wolte. Nach welchem Entschluß sie dem Mangostan/ ihrem erwehlten Feld-Herrn Befehl ertheilte/ wie er die Völcker etwas ausru- hen lassen solte/ weil sie erst des andern Tages bey Abend-Zeit das Lager vor Pegu erreichen wolte. Dieses alles aber war dem Bramanischen Feld- Herrn/ Soudras/ welchen Chaumigrem bereits von Siam aus nach Brama/ um mehr Volck zu pressen/ geschicket hatte/ verrätherischer Weise durch einen Mohren entdecket: Worauff er also- bald mit dreymahl hundert tausend Mann ihr auf dem Fusse nachgieng/ und sie bey Carpa in aller Sicherheit/ ohne sonderlich-bestellte Wachten an- traff. Weil ihm denn nun auch die Nacht zu stat- ten kommen wolte/ ließ er bey scheidender Tunckel- heit das schlaffende Lager mit einem erschreckli- chen Anfalle dergestalt auffwecken/ daß viel Köpf- fe verlohren giengen/ ehe sie die Augen eröffneten. Ob nun wohl alsobald durch das gantze Lager Ler- men ward/ und sich ein ieder nach Mögligkeit zur Wehre stellete/ so war es doch wegen der Unord- nung
Der Aſiatiſchen Baniſe. maliges Beyſpiel der Unvollkommenheit Menſch-licher Freude vor uns ſehen. Denn als ſie bereits durch einigen Unweg die verhaſſeten Graͤntzen von Brama hinter ſich geleget/ und zu Carpa ihr Lager geſchlagen hatte/ von welchem Orte ſie nur noch eine Tagereiſe biß nach Pegu zu zehlen wu- ſte: Da uͤberlegte ſie mit tauſend Freuden/ wie ſie durch eine Verſtellung das Aracaniſche Lager er- ſchrecken/ und ſich hernach mit beliebter Anmuth zu erkennen geben wolte. Nach welchem Entſchluß ſie dem Mangoſtan/ ihrem erwehlten Feld-Herrn Befehl ertheilte/ wie er die Voͤlcker etwas ausru- hen laſſen ſolte/ weil ſie erſt des andern Tages bey Abend-Zeit das Lager vor Pegu erreichen wolte. Dieſes alles aber war dem Bramaniſchen Feld- Herrn/ Soudras/ welchen Chaumigrem bereits von Siam aus nach Brama/ um mehr Volck zu preſſen/ geſchicket hatte/ verraͤtheriſcher Weiſe durch einen Mohren entdecket: Worauff er alſo- bald mit dreymahl hundert tauſend Mann ihr auf dem Fuſſe nachgieng/ und ſie bey Carpa in aller Sicherheit/ ohne ſonderlich-beſtellte Wachten an- traff. Weil ihm denn nun auch die Nacht zu ſtat- ten kommen wolte/ ließ er bey ſcheidender Tunckel- heit das ſchlaffende Lager mit einem erſchreckli- chen Anfalle dergeſtalt auffwecken/ daß viel Koͤpf- fe verlohren giengen/ ehe ſie die Augen eroͤffneten. Ob nun wohl alſobald durch das gantze Lager Ler- men ward/ und ſich ein ieder nach Moͤgligkeit zur Wehre ſtellete/ ſo war es doch wegen der Unord- nung
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Der Aſiatiſchen Baniſe.
maliges Beyſpiel der Unvollkommenheit Menſch-
licher Freude vor uns ſehen. Denn als ſie bereits
durch einigen Unweg die verhaſſeten Graͤntzen
von Brama hinter ſich geleget/ und zu Carpa ihr
Lager geſchlagen hatte/ von welchem Orte ſie nur
noch eine Tagereiſe biß nach Pegu zu zehlen wu-
ſte: Da uͤberlegte ſie mit tauſend Freuden/ wie ſie
durch eine Verſtellung das Aracaniſche Lager er-
ſchrecken/ und ſich hernach mit beliebter Anmuth
zu erkennen geben wolte. Nach welchem Entſchluß
ſie dem Mangoſtan/ ihrem erwehlten Feld-Herrn
Befehl ertheilte/ wie er die Voͤlcker etwas ausru-
hen laſſen ſolte/ weil ſie erſt des andern Tages bey
Abend-Zeit das Lager vor Pegu erreichen wolte.
Dieſes alles aber war dem Bramaniſchen Feld-
Herrn/ Soudras/ welchen Chaumigrem bereits
von Siam aus nach Brama/ um mehr Volck
zu preſſen/ geſchicket hatte/ verraͤtheriſcher Weiſe
durch einen Mohren entdecket: Worauff er alſo-
bald mit dreymahl hundert tauſend Mann ihr auf
dem Fuſſe nachgieng/ und ſie bey Carpa in aller
Sicherheit/ ohne ſonderlich-beſtellte Wachten an-
traff. Weil ihm denn nun auch die Nacht zu ſtat-
ten kommen wolte/ ließ er bey ſcheidender Tunckel-
heit das ſchlaffende Lager mit einem erſchreckli-
chen Anfalle dergeſtalt auffwecken/ daß viel Koͤpf-
fe verlohren giengen/ ehe ſie die Augen eroͤffneten.
Ob nun wohl alſobald durch das gantze Lager Ler-
men ward/ und ſich ein ieder nach Moͤgligkeit zur
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