Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Drittes Buch. nung und der zertheilten Kräffte unmöglich/ demFeinde einigen Widerstand zu thun. Ja die er- schrockenen Avaner wusten nicht einmahl/ wer ihr Feind wäre. Higvanama selbst sprang in Schlaf- Kleidern auff ihr gewöhnliches Leib-Roß/ einen schönen Persianischen Hermelin/ und bezeigete sich bey solcher Gefahr/ aller Weiblichen Natur zu- wider/ als eine ungemeine Heldin/ indem sie etli- che tausend Mann an sich zog/ und dem nechsten Einbruch der Feinde dergestalt begegnete/ daß sie alsbald auff flüchtige Gedancken geriethen/ und die Avaner allbereit/ weil ihnen des Feindes weit überlegene Macht unbewust war/ ein Sieges-Ge- schrey erschallen liessen/ in Meynung/ als ob es nur eine starcke Parthey gewesen. Als ihnen aber Soudras mit funfftzig tausend der Best-bewehr- testen begegnete/ verkehrten sich diese Palmen in Cypressen/ und die treuen Avaner wurden/ unge- achtet ihrer unbeschreiblichen Gegenwehr/ weil sie durchaus ihre Königin nicht verlassen wolten/ der- massen niedergemetzelt/ daß Higvanama sich kaum mit dreyhundert Mann umgeben sahe/ als sie auff ihre eigene Flucht bedacht war. Allein diese Ge- dancken waren zu spät/ indem nicht allein Man- gostan mit der übrigen Armee bereits auff flüchti- gem Wege begriffen/ und das gantze Lager ver- lohren war/ sondern Soudras/ als er des Hau- ptes Gegenwart vergewissert/ stürmete dergestalt auff ihr ein/ daß er sie/ nachdem ihr der treulose Sebel/ mit welchem sie eigenhändig unterschiede- ne R r 4
Drittes Buch. nung und der zertheilten Kraͤffte unmoͤglich/ demFeinde einigen Widerſtand zu thun. Ja die er- ſchrockenen Avaner wuſten nicht einmahl/ wer ihr Feind waͤre. Higvanama ſelbſt ſprang in Schlaf- Kleidern auff ihr gewoͤhnliches Leib-Roß/ einen ſchoͤnen Perſianiſchen Hermelin/ und bezeigete ſich bey ſolcher Gefahr/ aller Weiblichen Natur zu- wider/ als eine ungemeine Heldin/ indem ſie etli- che tauſend Mann an ſich zog/ und dem nechſten Einbruch der Feinde dergeſtalt begegnete/ daß ſie alsbald auff fluͤchtige Gedancken geriethen/ und die Avaner allbereit/ weil ihnen des Feindes weit uͤberlegene Macht unbewuſt war/ ein Sieges-Ge- ſchrey erſchallen lieſſen/ in Meynung/ als ob es nur eine ſtarcke Parthey geweſen. Als ihnen aber Soudras mit funfftzig tauſend der Beſt-bewehr- teſten begegnete/ verkehrten ſich dieſe Palmen in Cypreſſen/ und die treuen Avaner wurden/ unge- achtet ihrer unbeſchreiblichen Gegenwehr/ weil ſie durchaus ihre Koͤnigin nicht verlaſſen wolten/ der- maſſen niedeꝛgemetzelt/ daß Higvanama ſich kaum mit dreyhundert Mann umgeben ſahe/ als ſie auff ihre eigene Flucht bedacht war. Allein dieſe Ge- dancken waren zu ſpaͤt/ indem nicht allein Man- goſtan mit der uͤbrigen Armee bereits auff fluͤchti- gem Wege begriffen/ und das gantze Lager ver- lohren war/ ſondern Soudras/ als er des Hau- ptes Gegenwart vergewiſſert/ ſtuͤrmete dergeſtalt auff ihr ein/ daß er ſie/ nachdem ihr der treuloſe Sebel/ mit welchem ſie eigenhaͤndig unterſchiede- ne R r 4
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Drittes Buch.
nung und der zertheilten Kraͤffte unmoͤglich/ dem
Feinde einigen Widerſtand zu thun. Ja die er-
ſchrockenen Avaner wuſten nicht einmahl/ wer ihr
Feind waͤre. Higvanama ſelbſt ſprang in Schlaf-
Kleidern auff ihr gewoͤhnliches Leib-Roß/ einen
ſchoͤnen Perſianiſchen Hermelin/ und bezeigete ſich
bey ſolcher Gefahr/ aller Weiblichen Natur zu-
wider/ als eine ungemeine Heldin/ indem ſie etli-
che tauſend Mann an ſich zog/ und dem nechſten
Einbruch der Feinde dergeſtalt begegnete/ daß ſie
alsbald auff fluͤchtige Gedancken geriethen/ und
die Avaner allbereit/ weil ihnen des Feindes weit
uͤberlegene Macht unbewuſt war/ ein Sieges-Ge-
ſchrey erſchallen lieſſen/ in Meynung/ als ob es
nur eine ſtarcke Parthey geweſen. Als ihnen aber
Soudras mit funfftzig tauſend der Beſt-bewehr-
teſten begegnete/ verkehrten ſich dieſe Palmen in
Cypreſſen/ und die treuen Avaner wurden/ unge-
achtet ihrer unbeſchreiblichen Gegenwehr/ weil ſie
durchaus ihre Koͤnigin nicht verlaſſen wolten/ der-
maſſen niedeꝛgemetzelt/ daß Higvanama ſich kaum
mit dreyhundert Mann umgeben ſahe/ als ſie auff
ihre eigene Flucht bedacht war. Allein dieſe Ge-
dancken waren zu ſpaͤt/ indem nicht allein Man-
goſtan mit der uͤbrigen Armee bereits auff fluͤchti-
gem Wege begriffen/ und das gantze Lager ver-
lohren war/ ſondern Soudras/ als er des Hau-
ptes Gegenwart vergewiſſert/ ſtuͤrmete dergeſtalt
auff ihr ein/ daß er ſie/ nachdem ihr der treuloſe
Sebel/ mit welchem ſie eigenhaͤndig unterſchiede-
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