Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite
Drittes Buch.

Als aber die Zeit biß auff drey Tage verflossen/
da die schöne Princeßin den rauhen Opffer-Stein
betreten solte/ fand man in dem Norden-Lager ei-
nen mit Papier umwundenen Pfeil/ welcher als-
bald dem Balacin eingehändiget wurde. Diesen
entwickelte er mit zitternder Hand/ weil er die
Schreib-Art des Abaxars wohl kennete/ und laß
folgendes daraus:

Allergnädigster König und Herr!

JEtzund setzet die leibreiche Princeßin einen Fuß
ins Grab/ und der Strick/ welcher ihren
Schwanen-Hals henckermäßig umschlingen sol/
ist verfertiget. Jhre stumme Gefahr aber/ und
das hertzliche Mitleiden heisset uns eilen/ und auff
mächtige Rettungs-Mittel bedacht seyn/ weil sie
aus der Hand eines mächtigen Feindes soll erret-
tet werden. Jn dreyen Tagen wird das blutige
Opffer vollzogen/ und die Lösung aller Stücken
wird alsdenn den traurigen Bericht erstatten/ wie
die tugendhaffteste Seele den schönsten Leib verlas-
sen habe. Doch trauen J. Maj. den Göttern/ und
dem getreuen Abaxar/ und versichern sich/ daß
nebst dem General Martong und Ponnedro über
siebenzig tausend Peguaner in diesem Staats-
Cörper ein gefährliches Geschwüre sind/ welches/
wo es auffbrechen solte/ dem Chaumigrem den
unfehlbahren Tod gewähren wird. J. Majest.
Gegenwart in unbekandter/ und nach des Pon-
nedro Bericht/ Portugisischer Gestalt/ würde
das Werck erwünscht befördern helffen: welche zu

er-
T t 3
Drittes Buch.

Als aber die Zeit biß auff drey Tage verfloſſen/
da die ſchoͤne Princeßin den rauhen Opffer-Stein
betreten ſolte/ fand man in dem Norden-Lager ei-
nen mit Papier umwundenen Pfeil/ welcher als-
bald dem Balacin eingehaͤndiget wurde. Dieſen
entwickelte er mit zitternder Hand/ weil er die
Schreib-Art des Abaxars wohl kennete/ und laß
folgendes daraus:

Allergnaͤdigſter Koͤnig und Herr!

JEtzund ſetzet die leibreiche Princeßin einen Fuß
ins Grab/ und der Strick/ welcher ihren
Schwanen-Hals henckermaͤßig umſchlingen ſol/
iſt verfertiget. Jhre ſtumme Gefahr aber/ und
das hertzliche Mitleiden heiſſet uns eilen/ und auff
maͤchtige Rettungs-Mittel bedacht ſeyn/ weil ſie
aus der Hand eines maͤchtigen Feindes ſoll erret-
tet werden. Jn dreyen Tagen wird das blutige
Opffer vollzogen/ und die Loͤſung aller Stuͤcken
wird alsdenn den traurigen Bericht erſtatten/ wie
die tugendhaffteſte Seele den ſchoͤnſten Leib verlaſ-
ſen habe. Doch trauen J. Maj. den Goͤttern/ und
dem getreuen Abaxar/ und verſichern ſich/ daß
nebſt dem General Martong und Ponnedro uͤber
ſiebenzig tauſend Peguaner in dieſem Staats-
Coͤrper ein gefaͤhrliches Geſchwuͤre ſind/ welches/
wo es auffbrechen ſolte/ dem Chaumigrem den
unfehlbahren Tod gewaͤhren wird. J. Majeſt.
Gegenwart in unbekandter/ und nach des Pon-
nedro Bericht/ Portugiſiſcher Geſtalt/ wuͤrde
das Werck erwuͤnſcht befoͤrdern helffen: welche zu

er-
T t 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0681" n="661"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Drittes Buch.</hi> </fw><lb/>
        <p>Als aber die Zeit biß auff drey Tage verflo&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
da die &#x017F;cho&#x0364;ne Princeßin den rauhen Opffer-Stein<lb/>
betreten &#x017F;olte/ fand man in dem Norden-Lager ei-<lb/>
nen mit Papier umwundenen Pfeil/ welcher als-<lb/>
bald dem Balacin eingeha&#x0364;ndiget wurde. Die&#x017F;en<lb/>
entwickelte er mit zitternder Hand/ weil er die<lb/>
Schreib-Art des Abaxars wohl kennete/ und laß<lb/>
folgendes daraus:</p><lb/>
        <floatingText>
          <body>
            <div>
              <opener>
                <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Allergna&#x0364;dig&#x017F;ter Ko&#x0364;nig und Herr!</hi> </hi> </salute>
              </opener><lb/>
              <p><hi rendition="#in">J</hi>Etzund &#x017F;etzet die leibreiche Princeßin einen Fuß<lb/>
ins Grab/ und der Strick/ welcher ihren<lb/>
Schwanen-Hals henckerma&#x0364;ßig um&#x017F;chlingen &#x017F;ol/<lb/>
i&#x017F;t verfertiget. Jhre &#x017F;tumme Gefahr aber/ und<lb/>
das hertzliche Mitleiden hei&#x017F;&#x017F;et uns eilen/ und auff<lb/>
ma&#x0364;chtige Rettungs-Mittel bedacht &#x017F;eyn/ weil &#x017F;ie<lb/>
aus der Hand eines ma&#x0364;chtigen Feindes &#x017F;oll erret-<lb/>
tet werden. Jn dreyen Tagen wird das blutige<lb/>
Opffer vollzogen/ und die Lo&#x0364;&#x017F;ung aller Stu&#x0364;cken<lb/>
wird alsdenn den traurigen Bericht er&#x017F;tatten/ wie<lb/>
die tugendhaffte&#x017F;te Seele den &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Leib verla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en habe. Doch trauen J. Maj. den Go&#x0364;ttern/ und<lb/>
dem getreuen Abaxar/ und ver&#x017F;ichern &#x017F;ich/ daß<lb/>
neb&#x017F;t dem General Martong und Ponnedro u&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;iebenzig tau&#x017F;end Peguaner in die&#x017F;em Staats-<lb/>
Co&#x0364;rper ein gefa&#x0364;hrliches Ge&#x017F;chwu&#x0364;re &#x017F;ind/ welches/<lb/>
wo es auffbrechen &#x017F;olte/ dem Chaumigrem den<lb/>
unfehlbahren Tod gewa&#x0364;hren wird. J. Maje&#x017F;t.<lb/>
Gegenwart in unbekandter/ und nach des Pon-<lb/>
nedro Bericht/ Portugi&#x017F;i&#x017F;cher Ge&#x017F;talt/ wu&#x0364;rde<lb/>
das Werck erwu&#x0364;n&#x017F;cht befo&#x0364;rdern helffen: welche zu<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T t 3</fw><fw place="bottom" type="catch">er-</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[661/0681] Drittes Buch. Als aber die Zeit biß auff drey Tage verfloſſen/ da die ſchoͤne Princeßin den rauhen Opffer-Stein betreten ſolte/ fand man in dem Norden-Lager ei- nen mit Papier umwundenen Pfeil/ welcher als- bald dem Balacin eingehaͤndiget wurde. Dieſen entwickelte er mit zitternder Hand/ weil er die Schreib-Art des Abaxars wohl kennete/ und laß folgendes daraus: Allergnaͤdigſter Koͤnig und Herr! JEtzund ſetzet die leibreiche Princeßin einen Fuß ins Grab/ und der Strick/ welcher ihren Schwanen-Hals henckermaͤßig umſchlingen ſol/ iſt verfertiget. Jhre ſtumme Gefahr aber/ und das hertzliche Mitleiden heiſſet uns eilen/ und auff maͤchtige Rettungs-Mittel bedacht ſeyn/ weil ſie aus der Hand eines maͤchtigen Feindes ſoll erret- tet werden. Jn dreyen Tagen wird das blutige Opffer vollzogen/ und die Loͤſung aller Stuͤcken wird alsdenn den traurigen Bericht erſtatten/ wie die tugendhaffteſte Seele den ſchoͤnſten Leib verlaſ- ſen habe. Doch trauen J. Maj. den Goͤttern/ und dem getreuen Abaxar/ und verſichern ſich/ daß nebſt dem General Martong und Ponnedro uͤber ſiebenzig tauſend Peguaner in dieſem Staats- Coͤrper ein gefaͤhrliches Geſchwuͤre ſind/ welches/ wo es auffbrechen ſolte/ dem Chaumigrem den unfehlbahren Tod gewaͤhren wird. J. Majeſt. Gegenwart in unbekandter/ und nach des Pon- nedro Bericht/ Portugiſiſcher Geſtalt/ wuͤrde das Werck erwuͤnſcht befoͤrdern helffen: welche zu er- T t 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/681
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 661. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/681>, abgerufen am 25.11.2024.