Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Der Asiatischen Banise. ich sehe bereits/ werthester Herr Vater/ sein mittausend Sternen beflammtes Angesichte durch die blaue Lufft gläntzen. Jch schaue im Geist/ wie mir die liebste Frau Mutter aus der Ewigkeit zu- wincket/ und mich mit lächelndem Munde ihrer Vergnügung versichert. Ach seligste Schwester! die du auff unerhörte Art am Galgen ersticken müssen/ ich sehe gantz entzückt/ wie umb deinen Hals/ statt des verdammten Henckers-Strickes/ Diamanten/ und deine vier kleine Todes-Zeu- gen/ wie die Morgen-Sterne um dich schimmern. Ja/ liebsten Freunde! ich erblicke schon mit sterb- lichen Augen eure vergötterte Gestalt/ und wie ihr Arme und Hände ausstrecket/ mich zu euch zu zie- hen. Ach aber! was vor ein Angst-Schweiß befäl- ist
Der Aſiatiſchen Baniſe. ich ſehe bereits/ wertheſter Herr Vater/ ſein mittauſend Sternen beflammtes Angeſichte durch die blaue Lufft glaͤntzen. Jch ſchaue im Geiſt/ wie mir die liebſte Frau Mutter aus der Ewigkeit zu- wincket/ und mich mit laͤchelndem Munde ihrer Vergnuͤgung verſichert. Ach ſeligſte Schweſter! die du auff unerhoͤrte Art am Galgen erſticken muͤſſen/ ich ſehe gantz entzuͤckt/ wie umb deinen Hals/ ſtatt des verdammten Henckers-Strickes/ Diamanten/ und deine vier kleine Todes-Zeu- gen/ wie die Morgen-Sterne um dich ſchimmern. Ja/ liebſten Freunde! ich erblicke ſchon mit ſterb- lichen Augen eure vergoͤtterte Geſtalt/ und wie ihr Arme und Haͤnde ausſtrecket/ mich zu euch zu zie- hen. Ach aber! was vor ein Angſt-Schweiß befaͤl- iſt
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Der Aſiatiſchen Baniſe.
ich ſehe bereits/ wertheſter Herr Vater/ ſein mit
tauſend Sternen beflammtes Angeſichte durch die
blaue Lufft glaͤntzen. Jch ſchaue im Geiſt/ wie
mir die liebſte Frau Mutter aus der Ewigkeit zu-
wincket/ und mich mit laͤchelndem Munde ihrer
Vergnuͤgung verſichert. Ach ſeligſte Schweſter!
die du auff unerhoͤrte Art am Galgen erſticken
muͤſſen/ ich ſehe gantz entzuͤckt/ wie umb deinen
Hals/ ſtatt des verdammten Henckers-Strickes/
Diamanten/ und deine vier kleine Todes-Zeu-
gen/ wie die Morgen-Sterne um dich ſchimmern.
Ja/ liebſten Freunde! ich erblicke ſchon mit ſterb-
lichen Augen eure vergoͤtterte Geſtalt/ und wie ihr
Arme und Haͤnde ausſtrecket/ mich zu euch zu zie-
hen.
Ach aber! was vor ein Angſt-Schweiß befaͤl-
let meine bereits erkalteten Glieder/ und welche
Wehmuth heiſſet mich die letzten Thraͤnen ver-
gieſſen? Mein Hertze ſchwitzet Blut/ und ein blei-
cher Jammer beſtuͤrmet mein Gemuͤthe. Allein/
nicht mein ſterbendes Ungluͤck/ nicht der Verluſt
von. Kron und Zepter/ oder daß ich den Purpur
mit einem Sterbe-Kittel vertauſchen ſoll/ verur-
ſachet dieſe Schmertzen: ſondern das empfind-
lichſte Andencken meines liebwertheſten Printzen
Balacins/ beunruhiget meine Seele. Ach liebſter
Printz! in was vor eine Thraͤnen-See wird dein
Hertz verſchlagen werden/ wenn dieſe Trauer-
Poſt in deinen Ohren erſchallen wird: Deine
Baniſe/ dein Schatz/ ja deine verſprochene Braut
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