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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Drittes Buch.
war; fiel sie von dem Alter zu des Printzen Füs-
sen/ und sagte mit schwacher und beweglichster
Stimme zu ihm: Ach Englischer Balacin! lebe
ich/ oder bin ich todt: Schlaffe ich? Träumet
mir? Oder sind dieses solche Begebenheiten/ die
sich noch in der unterirrdischen Welt zutragen?
Ach ist es möglich/ daß ich durch deine Hand aus
der Gewalt des Todes gerissen worden? Bethö-
ren mich meine Augen/ daß ich den Mörder mei-
ner Eltern/ den Feind meiner Keuschheit/ und den
nach meinem Blute dürstenden Tyrannen in sei-
nem Blute vor mir liegen sehe? Wie können sich
denn die Dörner so geschwinde in Rosen/ und die
Hölle in ein Paradieß verwandeln? Jch küsse die
hülffreiche Hand/ und bin wie vor bereit/ mein
Blut vor diese Treue zu vergiessen. Ach könte ich
doch mein Hertz aus dem Leibe reissen/ und solches
als ein freudiges Danck-Opffer vor deinen Augen
verbrennen. Statt dessen aber sey dir/ werthester
Engel/ Geist/ Leib/ Hand/ Mund/ Brust und Lie-
be hievor auffgeopffert. Balacin hub sie von der
Erden/ und antwortete: Allerschönste Princeßin!
Sie erhebe nicht mein schwaches Verrichten all-
zu hoch/ weil die Stärcke von den Göttern ent-
sprossen/ und ich ohne diß dero Wohlfarth mit
meinem Blute verbunden bin. Jch erstaune selbst
über der plötz-und glücklichen Veränderung/ wor-
innen die Gottheit ihre mächtige Hand im Spiele
hat/ und mercke ich aus dem Getümmel daß auch
die Stadt bereits in unserer Hand sey.

Jn-

Drittes Buch.
war; fiel ſie von dem Alter zu des Printzen Fuͤſ-
ſen/ und ſagte mit ſchwacher und beweglichſter
Stimme zu ihm: Ach Engliſcher Balacin! lebe
ich/ oder bin ich todt: Schlaffe ich? Traͤumet
mir? Oder ſind dieſes ſolche Begebenheiten/ die
ſich noch in der unterirrdiſchen Welt zutragen?
Ach iſt es moͤglich/ daß ich durch deine Hand aus
der Gewalt des Todes geriſſen worden? Bethoͤ-
ren mich meine Augen/ daß ich den Moͤrder mei-
ner Eltern/ den Feind meiner Keuſchheit/ und den
nach meinem Blute duͤrſtenden Tyrannen in ſei-
nem Blute vor mir liegen ſehe? Wie koͤnnen ſich
denn die Doͤrner ſo geſchwinde in Roſen/ und die
Hoͤlle in ein Paradieß verwandeln? Jch kuͤſſe die
huͤlffreiche Hand/ und bin wie vor bereit/ mein
Blut vor dieſe Treue zu vergieſſen. Ach koͤnte ich
doch mein Hertz aus dem Leibe reiſſen/ und ſolches
als ein freudiges Danck-Opffer vor deinen Augen
verbrennen. Statt deſſen aber ſey dir/ wertheſter
Engel/ Geiſt/ Leib/ Hand/ Mund/ Bruſt und Lie-
be hievor auffgeopffert. Balacin hub ſie von der
Erden/ und antwortete: Allerſchoͤnſte Princeßin!
Sie erhebe nicht mein ſchwaches Verrichten all-
zu hoch/ weil die Staͤrcke von den Goͤttern ent-
ſproſſen/ und ich ohne diß dero Wohlfarth mit
meinem Blute verbunden bin. Jch erſtaune ſelbſt
uͤber der ploͤtz-und gluͤcklichen Veraͤnderung/ wor-
innen die Gottheit ihre maͤchtige Hand im Spiele
hat/ und mercke ich aus dem Getuͤmmel daß auch
die Stadt bereits in unſerer Hand ſey.

Jn-
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[687/0707] Drittes Buch. war; fiel ſie von dem Alter zu des Printzen Fuͤſ- ſen/ und ſagte mit ſchwacher und beweglichſter Stimme zu ihm: Ach Engliſcher Balacin! lebe ich/ oder bin ich todt: Schlaffe ich? Traͤumet mir? Oder ſind dieſes ſolche Begebenheiten/ die ſich noch in der unterirrdiſchen Welt zutragen? Ach iſt es moͤglich/ daß ich durch deine Hand aus der Gewalt des Todes geriſſen worden? Bethoͤ- ren mich meine Augen/ daß ich den Moͤrder mei- ner Eltern/ den Feind meiner Keuſchheit/ und den nach meinem Blute duͤrſtenden Tyrannen in ſei- nem Blute vor mir liegen ſehe? Wie koͤnnen ſich denn die Doͤrner ſo geſchwinde in Roſen/ und die Hoͤlle in ein Paradieß verwandeln? Jch kuͤſſe die huͤlffreiche Hand/ und bin wie vor bereit/ mein Blut vor dieſe Treue zu vergieſſen. Ach koͤnte ich doch mein Hertz aus dem Leibe reiſſen/ und ſolches als ein freudiges Danck-Opffer vor deinen Augen verbrennen. Statt deſſen aber ſey dir/ wertheſter Engel/ Geiſt/ Leib/ Hand/ Mund/ Bruſt und Lie- be hievor auffgeopffert. Balacin hub ſie von der Erden/ und antwortete: Allerſchoͤnſte Princeßin! Sie erhebe nicht mein ſchwaches Verrichten all- zu hoch/ weil die Staͤrcke von den Goͤttern ent- ſproſſen/ und ich ohne diß dero Wohlfarth mit meinem Blute verbunden bin. Jch erſtaune ſelbſt uͤber der ploͤtz-und gluͤcklichen Veraͤnderung/ wor- innen die Gottheit ihre maͤchtige Hand im Spiele hat/ und mercke ich aus dem Getuͤmmel daß auch die Stadt bereits in unſerer Hand ſey. Jn-

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 687. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/707>, abgerufen am 24.11.2024.