Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

metschung des französischen Ausdruks: seine
verfaulten Töpfe. Kam einer zu ihm, und
wolte seine Bücher sehen; so hatte er's bald
weg, wohin er ihn führen müste. Es begab
sich selten, daß er Jemanden ins Cabinet
führte. Gewönlich ging er mit den Leuten in
den Saal, machte links und rechts die Deckel
auf, und ließ hinein riechen.

An ihn.

Den bescheidnen Tiedemann (er war vater-
ländisch gesint, und das bin ich auch) erbat
ich endlich, daß er sich vornahm, aber wie
man sich Sachen vornimt, die man thun will,
die Geschichte von den Entdeckungen und Er-
findungen
der Deutschen zu schreiben. Tie-
demann ist gestorben.

Die beyden Zepter.

Die lange Länge lang von drey Jahrhun-
derten beherschte Aristoteles die Scholastiker
mit einem eisernen Zepter; endlich war's denn
doch damit vorbey: und gleichwol hören die
Theoristen der Dichtkunst noch nicht auf sein
andres Zepter zu küssen.

Aristoteles hatte in Vielem Recht. Er
war ein grosser Mann.

Wer
K 4

metſchung des franzoͤſiſchen Ausdruks: ſeine
verfaulten Toͤpfe. Kam einer zu ihm, und
wolte ſeine Buͤcher ſehen; ſo hatte er’s bald
weg, wohin er ihn fuͤhren muͤſte. Es begab
ſich ſelten, daß er Jemanden ins Cabinet
fuͤhrte. Gewoͤnlich ging er mit den Leuten in
den Saal, machte links und rechts die Deckel
auf, und ließ hinein riechen.

An ihn.

Den beſcheidnen Tiedemann (er war vater-
laͤndiſch geſint, und das bin ich auch) erbat
ich endlich, daß er ſich vornahm, aber wie
man ſich Sachen vornimt, die man thun will,
die Geſchichte von den Entdeckungen und Er-
findungen
der Deutſchen zu ſchreiben. Tie-
demann iſt geſtorben.

Die beyden Zepter.

Die lange Laͤnge lang von drey Jahrhun-
derten beherſchte Ariſtoteles die Scholaſtiker
mit einem eiſernen Zepter; endlich war’s denn
doch damit vorbey: und gleichwol hoͤren die
Theoriſten der Dichtkunſt noch nicht auf ſein
andres Zepter zu kuͤſſen.

Ariſtoteles hatte in Vielem Recht. Er
war ein groſſer Mann.

Wer
K 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0227" n="151"/>
met&#x017F;chung des franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Ausdruks: &#x017F;eine<lb/><hi rendition="#fr">verfaulten To&#x0364;pfe.</hi> Kam einer zu ihm, und<lb/>
wolte &#x017F;eine Bu&#x0364;cher &#x017F;ehen; &#x017F;o hatte er&#x2019;s bald<lb/>
weg, wohin er ihn fu&#x0364;hren mu&#x0364;&#x017F;te. Es begab<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elten, daß er Jemanden ins Cabinet<lb/>
fu&#x0364;hrte. Gewo&#x0364;nlich ging er mit den Leuten in<lb/>
den Saal, machte links und rechts die Deckel<lb/>
auf, und ließ hinein riechen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>An ihn.</head><lb/>
            <p>Den be&#x017F;cheidnen Tiedemann (er war vater-<lb/>
la&#x0364;ndi&#x017F;ch ge&#x017F;int, und das bin ich auch) erbat<lb/>
ich endlich, daß er &#x017F;ich vornahm, aber wie<lb/>
man &#x017F;ich Sachen vornimt, die man thun will,<lb/>
die Ge&#x017F;chichte von den <hi rendition="#fr">Entdeckungen</hi> und <hi rendition="#fr">Er-<lb/>
findungen</hi> der <hi rendition="#fr">Deut&#x017F;chen</hi> zu &#x017F;chreiben. Tie-<lb/>
demann i&#x017F;t ge&#x017F;torben.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Die beyden Zepter.</head><lb/>
            <p>Die lange La&#x0364;nge lang von drey Jahrhun-<lb/>
derten beher&#x017F;chte Ari&#x017F;toteles die Schola&#x017F;tiker<lb/>
mit einem ei&#x017F;ernen Zepter; endlich war&#x2019;s denn<lb/>
doch damit vorbey: und gleichwol ho&#x0364;ren die<lb/>
Theori&#x017F;ten der Dichtkun&#x017F;t noch nicht auf &#x017F;ein<lb/>
andres Zepter zu ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <p> <hi rendition="#fr">Ari&#x017F;toteles hatte in Vielem Recht. Er<lb/>
war ein gro&#x017F;&#x017F;er Mann.</hi> </p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">K 4</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Wer</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[151/0227] metſchung des franzoͤſiſchen Ausdruks: ſeine verfaulten Toͤpfe. Kam einer zu ihm, und wolte ſeine Buͤcher ſehen; ſo hatte er’s bald weg, wohin er ihn fuͤhren muͤſte. Es begab ſich ſelten, daß er Jemanden ins Cabinet fuͤhrte. Gewoͤnlich ging er mit den Leuten in den Saal, machte links und rechts die Deckel auf, und ließ hinein riechen. An ihn. Den beſcheidnen Tiedemann (er war vater- laͤndiſch geſint, und das bin ich auch) erbat ich endlich, daß er ſich vornahm, aber wie man ſich Sachen vornimt, die man thun will, die Geſchichte von den Entdeckungen und Er- findungen der Deutſchen zu ſchreiben. Tie- demann iſt geſtorben. Die beyden Zepter. Die lange Laͤnge lang von drey Jahrhun- derten beherſchte Ariſtoteles die Scholaſtiker mit einem eiſernen Zepter; endlich war’s denn doch damit vorbey: und gleichwol hoͤren die Theoriſten der Dichtkunſt noch nicht auf ſein andres Zepter zu kuͤſſen. Ariſtoteles hatte in Vielem Recht. Er war ein groſſer Mann. Wer K 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/227
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/227>, abgerufen am 24.11.2024.