Alsdann rufet, gleich Gottes Wettern, erhabner die Stimme Des vergossenen Bluts! Sie ruft, und steigt in den Himmel Zu des Ewigen Ohr. Der wird sie hören, und kommen, Und, im Gericht ohne Gnade, nach seinem Getödteten fragen: Juda, Juda! wo ist dein Meßias? Und, wenn er nicht da ist, Wird er vom Aufgang herauf bis hin zum Niedergang tödten, Alle Männer des Bluts, die seinen Heiligen würgten. Nikodemus trat rückwärts. Noch saß mit drohendem Auge Philo da, und erbebte vor Wut und grimmigen Zorne Jn sich selber, und zwang sich aus Stolz, den Zorn zu verbergen. Aber er zwang sich umsonst. Sein Auge ward dunkel, und Nacht lag Dicht um ihn her, und Finsterniß deckte vor ihm die Versammlung. Jtzo must er entweder ohnmächtig niedersinken: Oder sein starrendes Blut must auf einmal feuriger werden, Und ihn von neuem gewaltig beleben. Es hub sich, und wurde Feuriger, und goß sich vom hoch aufschwellenden Herzen Jn die Minen empor. Die Minen verkündigten Philo. Und er sprang auf, und trat hoch aus seiner Reih, und ergrimmte. So, wenn sich auf unerstiegnen Gebirgen ein nahes Gewitter Furchtbar gelagert hat, reißet sich eine der nächtlichsten Wolken Mit den meisten Donnern bewaffnet, im Schoß das Verderben, Einsam hervor. Wenn andre den Wipfel der Ceder nur fassen, Wird sie von einem Olympus zum andern, dichtwaldichte Berge, Oder hochthürmende Königsstädte, die meilenlang liegen, Tausendfach donnernd, entzünden und in Ruinen begraben. So riß sich Philo hervor. Jhn sahst du, Satan, und sagtest Bey dir selber: o sey mir zu deiner Rede geweihet!
Wie
H
Vierter Geſang.
Alsdann rufet, gleich Gottes Wettern, erhabner die Stimme Des vergoſſenen Bluts! Sie ruft, und ſteigt in den Himmel Zu des Ewigen Ohr. Der wird ſie hoͤren, und kommen, Und, im Gericht ohne Gnade, nach ſeinem Getoͤdteten fragen: Juda, Juda! wo iſt dein Meßias? Und, wenn er nicht da iſt, Wird er vom Aufgang herauf bis hin zum Niedergang toͤdten, Alle Maͤnner des Bluts, die ſeinen Heiligen wuͤrgten. Nikodemus trat ruͤckwaͤrts. Noch ſaß mit drohendem Auge Philo da, und erbebte vor Wut und grimmigen Zorne Jn ſich ſelber, und zwang ſich aus Stolz, den Zorn zu verbergen. Aber er zwang ſich umſonſt. Sein Auge ward dunkel, und Nacht lag Dicht um ihn her, und Finſterniß deckte vor ihm die Verſammlung. Jtzo muſt er entweder ohnmaͤchtig niederſinken: Oder ſein ſtarrendes Blut muſt auf einmal feuriger werden, Und ihn von neuem gewaltig beleben. Es hub ſich, und wurde Feuriger, und goß ſich vom hoch aufſchwellenden Herzen Jn die Minen empor. Die Minen verkuͤndigten Philo. Und er ſprang auf, und trat hoch aus ſeiner Reih, und ergrimmte. So, wenn ſich auf unerſtiegnen Gebirgen ein nahes Gewitter Furchtbar gelagert hat, reißet ſich eine der naͤchtlichſten Wolken Mit den meiſten Donnern bewaffnet, im Schoß das Verderben, Einſam hervor. Wenn andre den Wipfel der Ceder nur faſſen, Wird ſie von einem Olympus zum andern, dichtwaldichte Berge, Oder hochthuͤrmende Koͤnigsſtaͤdte, die meilenlang liegen, Tauſendfach donnernd, entzuͤnden und in Ruinen begraben. So riß ſich Philo hervor. Jhn ſahſt du, Satan, und ſagteſt Bey dir ſelber: o ſey mir zu deiner Rede geweihet!
Wie
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Vierter Geſang.
Alsdann rufet, gleich Gottes Wettern, erhabner die Stimme
Des vergoſſenen Bluts! Sie ruft, und ſteigt in den Himmel
Zu des Ewigen Ohr. Der wird ſie hoͤren, und kommen,
Und, im Gericht ohne Gnade, nach ſeinem Getoͤdteten fragen:
Juda, Juda! wo iſt dein Meßias? Und, wenn er nicht da iſt,
Wird er vom Aufgang herauf bis hin zum Niedergang toͤdten,
Alle Maͤnner des Bluts, die ſeinen Heiligen wuͤrgten.
Nikodemus trat ruͤckwaͤrts. Noch ſaß mit drohendem Auge
Philo da, und erbebte vor Wut und grimmigen Zorne
Jn ſich ſelber, und zwang ſich aus Stolz, den Zorn zu verbergen.
Aber er zwang ſich umſonſt. Sein Auge ward dunkel, und Nacht lag
Dicht um ihn her, und Finſterniß deckte vor ihm die Verſammlung.
Jtzo muſt er entweder ohnmaͤchtig niederſinken:
Oder ſein ſtarrendes Blut muſt auf einmal feuriger werden,
Und ihn von neuem gewaltig beleben. Es hub ſich, und wurde
Feuriger, und goß ſich vom hoch aufſchwellenden Herzen
Jn die Minen empor. Die Minen verkuͤndigten Philo.
Und er ſprang auf, und trat hoch aus ſeiner Reih, und ergrimmte.
So, wenn ſich auf unerſtiegnen Gebirgen ein nahes Gewitter
Furchtbar gelagert hat, reißet ſich eine der naͤchtlichſten Wolken
Mit den meiſten Donnern bewaffnet, im Schoß das Verderben,
Einſam hervor. Wenn andre den Wipfel der Ceder nur faſſen,
Wird ſie von einem Olympus zum andern, dichtwaldichte Berge,
Oder hochthuͤrmende Koͤnigsſtaͤdte, die meilenlang liegen,
Tauſendfach donnernd, entzuͤnden und in Ruinen begraben.
So riß ſich Philo hervor. Jhn ſahſt du, Satan, und ſagteſt
Bey dir ſelber: o ſey mir zu deiner Rede geweihet!
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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias01_1751/125>, abgerufen am 16.07.2024.
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