[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Seraph, ich steig itzt herab, Gott den Meßias zu richten, Der sich, zwischen mich, und das Geschlecht der Menschen gestellt hat, Dasteht, und muthig mein ganzes Gericht, ein Gottmensch, erwartet. Folge mir, mein Geliebter, in deiner Schöne von fern nach. Gott sprach so, und stand hoch vom ewigen Thron auf. Der Thron klang Unter ihm hin, da er aufstand. Des Allerheiligsten Berge Zitterten, und mit ihnen das Haupt am hohen Altare Des Meßias, mit ihnen die Wolken des heiligen Dunkels. Dreymal flohn sie zurück. Zum viertenmal bebte das Antlitz Des erhabnen Gerichtstuls, und seine furchtbaren Stufen Sichtbar herror; und der Ewige stieg vom himmlischen Throne. So, wenn ein festlicher Tag durch alle Himmel gefeyrt wird, Und mit allgegenwärtigem Winke der Ewige winket, So
Seraph, ich ſteig itzt herab, Gott den Meßias zu richten, Der ſich, zwiſchen mich, und das Geſchlecht der Menſchen geſtellt hat, Daſteht, und muthig mein ganzes Gericht, ein Gottmenſch, erwartet. Folge mir, mein Geliebter, in deiner Schoͤne von fern nach. Gott ſprach ſo, und ſtand hoch vom ewigen Thron auf. Der Thron klang Unter ihm hin, da er aufſtand. Des Allerheiligſten Berge Zitterten, und mit ihnen das Haupt am hohen Altare Des Meßias, mit ihnen die Wolken des heiligen Dunkels. Dreymal flohn ſie zuruͤck. Zum viertenmal bebte das Antlitz Des erhabnen Gerichtſtuls, und ſeine furchtbaren Stufen Sichtbar herror; und der Ewige ſtieg vom himmliſchen Throne. So, wenn ein feſtlicher Tag durch alle Himmel gefeyrt wird, Und mit allgegenwaͤrtigem Winke der Ewige winket, So
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Fuͤnfter Geſang.
Sind nicht eines Sterblichen Tage, der aufbluͤht, und Staub wird.
Ewigkeiten ſind es, daß ich, Jehovah, dich ſchaute:
Aber ſo hab ich noch nie dein furchtbares Antlitz geſehen!
Du haſt dein ganzes Gericht, und alle deine Verderben,
Ewiger, angezogen! Und dieſe Herrlichkeit Gottes,
Die ſonſt Liebe nur war, iſt ganz zu Zorne geworden!
Ach, ich habe mich unterwunden, mit dir, Gott, zu reden,
Der ich eine Wolke nur bin, woraus du mich, Gott, ſchufſt,
Und aus deinem Odem ein Hauch, ein endlicher Seraph!
Zuͤrne nicht, Vater, und ſchaue mich nicht mit dem ſchrecklichen Blick an,
Mit dem du zu der Erden hinunterblickſt, daß ich nicht ſterbe;
Und dann mein Name nicht mehr im Buche der Ewigen ſtehe;
Und mein Sitz nicht mehr ſey am Allerheiligſten Gottes!
Seraph, ich ſteig itzt herab, Gott den Meßias zu richten,
Der ſich, zwiſchen mich, und das Geſchlecht der Menſchen geſtellt hat,
Daſteht, und muthig mein ganzes Gericht, ein Gottmenſch, erwartet.
Folge mir, mein Geliebter, in deiner Schoͤne von fern nach.
Gott ſprach ſo, und ſtand hoch vom ewigen Thron auf. Der Thron klang
Unter ihm hin, da er aufſtand. Des Allerheiligſten Berge
Zitterten, und mit ihnen das Haupt am hohen Altare
Des Meßias, mit ihnen die Wolken des heiligen Dunkels.
Dreymal flohn ſie zuruͤck. Zum viertenmal bebte das Antlitz
Des erhabnen Gerichtſtuls, und ſeine furchtbaren Stufen
Sichtbar herror; und der Ewige ſtieg vom himmliſchen Throne.
So, wenn ein feſtlicher Tag durch alle Himmel gefeyrt wird,
Und mit allgegenwaͤrtigem Winke der Ewige winket,
So
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